• Richard Büchi-Brechbühl in seinem Spielwarenladen an der Huttwiler Bahnhofstrasse. · Bild: Yanick Kurth

16.01.2019
Huttwil

«Kinder haben heute weniger Zeit zum Spielen»

Puppen, Autos und Brettspiele: Im Spielzeugladen «BB Spiel & Freizeit» schlagen Kinderherzen höher. In den drei Monaten vor Weihnachten wird über 50 % des gesamten Jahresumsatzes generiert. Aber auch durchs Jahr hindurch muss der Spielwarenladen irgendwie überleben, und dies in einer Zeit, wo Kinder weniger spielen. Der «Unter-Emmentaler» hat sich mit dem Geschäftsführer Richard Büchi-Brechbühl unterhalten.

Wenn der Spielefreund die «BB Spiel & Freizeit-Filiale» an der Bahnhofstrasse in Huttwil betritt, weiss er sofort, dass er am richtigen Ort ist. Fein säuberlich geordnet stehen Brett-, Karten- und Knobelspiele auf Regalen nebeneinander. Familien suchen mit Kindern zwischen den bunt eingerichteten Regalen nach neuen Schätzen. Weiter hinten tuckert eine Eisenbahn über die Schienen. Es sind Spielsachen für Kinder und Erwachsene jeden Alters zu finden. Derzeit sind Detektiv-Spiele der absolute Renner, wie Fachmann und Geschäftsführer Richard Büchi-Brechbühl weiss. Diese sind immer wieder mal ausverkauft. Ist das Geheimnis einmal gelüftet, kann das Event-Spiel kein zweites Mal gespielt werden. Das macht den Spieleabend zu einem besonderen Highlight. Richard Büchi-Brechbühl und sein Team kennen praktisch alle Spiele aus ihrem Sortiment. Sie besuchen diverse Spielschulungen und können die Kundinnen und Kunden kompetent beraten.

Drei Geschäfte in der Region
Der 34-jährige Richard Büchi-Brechbühl hat vor acht Jahren zusammen mit seiner Frau Manuela in Hasle-Rüegsau ein eigenes Spielwarengeschäft eröffnet. Drei Jahre später öffneten sie ihre erste Filiale an der Huttwiler Bahnhofstrasse. Im Jahr 2017 kam eine weitere in Grosshöchstetten hinzu. Heute zählt ihr Unternehmen zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dass der Laden seine grosse Leidenschaft ist, merkt man dem Unternehmer schnell an. Bei der Frage, was sein Lieblingsspiel sei, muss er lachen. «Es gibt so viele Spiele. Nur eines zu nennen, ist fast unmöglich», sagt Büchi-Brechbühl. Für den jungen Unternehmer ist es wichtig, Spiele für alle Altersgruppen anbieten zu können. So etwa auch gerade für Ältere, Demenz-Erkrankte oder Menschen mit einer Anomalie.
Besonders stolz sind die Unternehmer auf die klassischen Holzspielwaren. «In der Schweiz gibt es nur noch sehr wenige Hersteller von Holzspielwaren, diese unterstützen wir aber gerne.» So sind etwa die bekannten Trauffer-Kühe, Kugelbahnen oder Nachziehtiere zu sehen. Auch die Marke «Lilliputiens» liegt Richard Büchi-Brechbühl am Herzen. Die Kleinkinder-Spielzeuge wurden von Müttern entwickelt, werden in Belgien hergestellt und sorgen mit ihren pfiffigen Farben für einen besonderen Hingucker.

Immer ein glückliches Händchen
Obwohl der Spielwarenmarkt seit Jahren in etwa konstant bleibt, haben nicht alle Geschäfte solch ein Glück wie «BB Spiel & Freizeit» und müssen schliessen. Zu gross ist die Konkurrenz der Onlinehändler, zu hart der Preiskampf mit den grossen Fachmarktketten und zu gering die Gewinnmarge. Anderseits spürt «BB Spiel & Freizeit» auch den «Lego»-Effekt: Qualitativ gutes Spielzeug werde für Nachkommen aufbewahrt und über mehrere Generationen weitergegeben. Zwar bemerkt auch Richard Büchi-Brechbühl die leichten Gewinneinbrüche, er schlägt sich aber nach eigenen Angaben immer noch wacker. «Bisher hatten wir immer ein glückliches Händchen, weil wir flexibel waren», erklärt der 34-Jährige. Ausserdem sei einer ihrer Vorteile, dass Kunden die Ware in die Hand nehmen und sich einen genauen Eindruck vom Produkt verschaffen können. «Nur von einem Bild im Internet ist das kaum möglich», so Richard Büchi-Brechbühl. Da könne die Enttäuschung dann rasch gross sein und ein langwieriger Prozess von Zurückschicken und wieder neu Bestellen beginnen. «Es wird im Zeitalter des Internet immer schwieriger. Es gelingt uns nur zu bestehen, weil wir ein Familienunternehmen sind und jeder mit anpackt. Wir haben die Hoffnung, auch in Zukunft zu bestehen, weil wir viel Wert auf die persönliche und fachliche Beratung legen. In der Spielwarenbranche erfolgreich zu sein, ist nicht einfach. Wir tun aber alles dafür, um am Ball zu bleiben.»

«Es bleibt kaum mehr Zeit zum Spielen»
Was dem Spielexperten in den letzten Jahren immer wieder aufgefallen ist, wird auch in zahlreichen Studien so beobachtet. «Die heutigen Kinder haben immer weniger Zeit zum klassischen Spielen. Sie gehen frühmorgens zur Schule, werden dort für das Fussballtraining abgeholt und müssen später noch in den Tanzunterricht», stellt Richard Büchi-Brechbühl fest. Dies sei ein gesellschaftliches Problem. Natürlich ist das Freizeitangebot in den letzten Jahren enorm gestiegen, und auch die Video-Games und das Smartphone dürften mitverantwortlich sein.
Vielfach sei dies für die Kinder interessanter als klassisches Spielen. Doch für die Kinder sei das Spielen und Entdecken ein wichtiger Faktor. Video-Games sucht man im Spielwarenladen von Richard Büchi-Brechbühl also vergeblich. Er setzt auf Altbewährtes.

Spielen vereinigt viele Facetten
«Klassische Spiele zu spielen wird in Zukunft wieder vermehrt gemacht», meint der Geschäftsführer. «Je mehr online gemacht wird, desto wichtiger ist offline», ist er sich sicher. Also eine Gegenentwicklung. «Es gibt viele Leute, auch gerade die ältere Generation, die das Spielen wieder für sich entdecken. Denn wie vieles in der heutigen Zeit sind auch Spielmechanismen komplexer geworden. Und somit interessanter. Heutzutage gibt es nicht mehr nur Eile mit Weile und Monopoly», weiss er. Tatsächlich ist es so, dass Spielen viel zu einem guten Leben beiträgt. «Es gibt wohl kaum Tätigkeiten mit so vielen Facetten wie im Spiel: Neugier, Engagement, Enthusiasmus, Kreativität, Ausdauer, Fairness, Teamwork, Hoffnung, Sinn für das Schöne und natürlich Humor – sie alle können im Spiel gleichzeitig auftreten und ihre stärkende Wirkung auf menschliche Ressourcen entfalten», sagt der Spielexperte. Die Verkaufswoche vor Weihnachten ist jeweils die umsatzstärkste im gesamten Jahr. «Der Weihnachtsverkauf rückt immer weiter nach hinten, die Menschen sind heute viel spontaner», so der Spielladenbesitzer. Der Grosseinkauf vor Weihnachten stellt ihn jeweils vor eine grosse Herausforderung. Pro Jahr gibt es 1200 Neuheiten an Spielen. Und auch sonst sind auf dem Markt Tausende von Spielen erhältlich.
«Ich versuche beim Einkauf immer unsere Philosophie zu berücksichtigen, nämlich für alle Generationen diverse Spielwaren im Sortiment zu haben.» Niemand weiss aber im Voraus genau, welche Spiele ein Renner werden und welche kaum über den Ladentisch gehen.

Nach wie vor über den Ladentisch
Allgemein wird in den Monaten von Oktober bis Dezember über die Hälfte des Jahresumsatzes generiert. Aber auch in den anderen Monaten muss sich der Spielwarenladen über Wasser halten können. So hat Richard Büchi-Brechfühl im Emmental, aber auch in Huttwil, eine Marktlücke entdeckt. In seinen Spielwarenläden sind seit kurzem «E-Book-Reader» verfügbar. Auf die elektronischen Bücher können bis zu 3000 Lektüren geladen werden. «BB Spiel & Freizeit» bietet vom Testgerät bis hin zum Kauf und der Installation einen «rund um Service» im Bereich der elektronischen Bücher an.
Weiter ist auch die Geburtstagsbox eine beliebte Dienstleistung, zudem wird auch der Onlineshop stetig ausgebaut, um weitere Kunden zu erreichen, etwa auch ausserhalb des Einzugsgebietes. Nach wie vor wird aber weiterhin das meiste direkt über den Ladentisch verkauft. «Der stationäre Handel wird nicht verschwinden. Wir setzen auch in Zukunft auf eine fachgerechte Beratung, die bei einem Online-Kauf nicht möglich ist», betont Büchi-Brechbühl.

Spielwaren haben Zukunft
Richard Büchi-Brechbühl beobachtet im Spielzeugmarkt diverse Verschiebungen unter den Marken. Während Lego und Playmobil immer starke Umsatzträger waren, haben die Klassiker heute einen schwereren Stand. Dies kann mehrere Gründe haben. Unter anderem macht die Marke «Schleich» den Klassikern das Leben schwer. «Es gibt immer wieder Verlagerungen und diese können wir nicht planen», meint Richard Büchi-Brechbühl. Zusammengebrochen ist der Spielwarenmarkt bisher nicht. Was die Zukunft der Spielzeugbranche bringen wird, das ist schwer vorherzusehen. «Spielwaren werden aber auch in Zukunft nicht verschwinden», so der Experte.

Von Yanick Kurth