• Die 66-jährige Juliane Meng-Hentschel betreut in der Huttwiler Hausarztpraxis die kleinsten Patientinnen und Patienten. · Bild: Yanick Kurth

28.12.2021
Huttwil

Kinderärztin im «Blumenstädtchen»

In Huttwil gibt es seit drei Monaten eine Fachärztin für Pädiatrie. Die 66-jährige Juliane Meng-Hentschel kümmert sich im Städtchen an der oberen Langete um die Säuglinge und Kleinkinder.

Huttwil · Im Behandlungszimmer von Juliane Meng-Hentschel sieht man sofort, dass sich die erfahrene Ärztin um die kleinsten Patientinnen und Patienten kümmert. Ein buntes Wimmelbuch mit Tieren liegt auf dem Tisch und daneben ein Panda-Plüschtier. «Ich wäre eigentlich pensioniert, doch als ich die ausgeschriebene Arbeitsstelle in der Huttwiler Hausarztpraxis sah, habe ich mich beworben», sagt Juliane Meng-Hentschel. Nicht etwa aus Langeweile, sondern weil sie ihre jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin anwenden und weitergeben möchte. Neben ihrer Tätigkeit in Huttwil arbeitet die erfahrene Medizinerin als Konsiliarärztin Pädiatrie im Spital Münsingen. «Ich kannte die Region und Huttwil vorher überhaupt nicht, doch es ist ein hübsches Örtchen», schwärmt Juliane Meng-Hentschel.

Angebot stösst auf grosses Interesse
Vor drei Monaten hat die Ärztin mit einem Pensum von 40 Prozent in der Huttwiler Hausarztpraxis begonnen. Obwohl für das neue Angebot der Fachärztin für Pädiatrie keine Werbung gemacht wurde, war das Interesse von Anfang an gross. Sicherlich nicht zuletzt, weil die nächsten Kinderärzte in Langenthal und Hasle-Rüegsau doch eher weit entfernt sind.
Die Hausarztpraxis Huttwil schliesst mit dem Angebot der neuen Kinderärztin eine Lücke in der Region. «Die Idee der Hausarztpraxis, das kinderärztliche Know-how anzubieten, ist eine gute Ergänzung zur bereits gut aufgebauten Praxis», betont Juliane Meng-Hentschel. Die Fachärztin für Pädiatrie behandelt die Kleinkinder bis zum Ende des dritten Lebensjahrs. Das Studium der Humanmedizin hat die gebürtige Deutsche in Heidelberg und Tübingen absolviert, den Facharzt für die Pädiatrie in Rochester (NY) und München. Weiter ist Juliane Meng-Hentschel Trainerin in Neugeborenen-Reanimation der SGN und Infektiologin. Vor ihrer Tätigkeit in Huttwil hat die 66-jährige Medizinerin unter anderem als leitende Ärztin (Neonatologie) an den Universitätskliniken in Berlin, Bern, Homburg und am Regionalspital Thun gearbeitet.
 
Grundbedürfnisse der Kleinsten decken
«Gerade bei Säuglingen und Kleinkindern ist es für die Eltern oft nicht einfach, auf Krankheitszeichen richtig zu reagieren und abschätzen zu können, ob nicht mehr dahintersteckt», so die Ärztin. Daher sei es wesentlich, sich für die Kinder Zeit zu nehmen. Für die Eltern stellt sich daher oft die Frage: «Wie erkenne ich den Unterschied zwischen einem leicht kranken und einem schwer kranken Kind?» Dies zu unterscheiden ist oft schwierig. Ihr Immunsystem ist noch nicht ausgereift und deshalb sind sie leichter anfällig für Infektionen. Auch werden die Säuglinge und Kleinkinder entwicklungstechnisch genau beobachtet. «Die Säuglinge und Kleinkinder sollten in einem bestimmten Alter, bestimmte Dinge entwicklungstechnisch bewältigen können, damit man sagen kann, die Entwicklung verläuft im normalen Rahmen», sagt Meng-Hentschel. Die Arbeit als Fachärztin für Pädiatrie hat sich in den letzten drei Jahrzehnten stark verändert und weiterentwickelt. «Der Respekt gegenüber dem Wissen von Ärzten hat sich mit dem Internet verringert.» Die Medizinerin erwähnt dabei das Zitat von Wilhelm Busch: Wenn einer, der mit Mühe kaum, geklettert ist auf einen Baum, schon meint, dass er ein Vöglein wär, so irrt sich der. «Um dies zu verstehen, habe ich zwölf Jahre lang studiert, eine virologische Doktorarbeit geschrieben und viele Weiterbildungen absolviert.»

Covid-Pandemie erschwert die Untersuchungen
Die anhaltende Corona-Pandemie erschwert die Untersuchungen der Säuglinge und Kleinkinder enorm. «Wegen der Maskenpflicht ist die Mimik zwischen mir und dem Kind unterbrochen», sagt Juliane Meng-Hentschel. Die Medizinerin kann mit der Maske kein Lachen provozieren und die Behandlung wird dadurch erschwert. Weiter sind bei der Behandlung vielfach beide Elternteile anwesend. Aufgrund der Pandemie ist jedoch nur eine Begleitperson zuge­-
lassen. «Ich setze mich persönlich für die Covid-Impfung für Kinder ein, die in der Schweiz vor kurzem für die Altersgruppe der 5- bis 11-Jährigen zugelassen wurde», so Juliane Meng-Hentschel weiter. Auch Kinder können schwer am Virus erkranken und unter Long-Covid leiden. Die Medizinerin kennt sich mit Infektionskrankheiten gut aus. «Die mRNA-Impfstoffe sind so gut und sicher, wie keine anderen Impfstoffe, die wir benützen», weiss Juliane Meng-Hentschel.

2022 Umzug und weitere Kinderärztin
Im nächsten Jahr steht die Hausarztpraxis vor dem nächsten grossen Schritt: Der Umzug in das ehemalige Coop-Gebäude an der Huttwiler Bahnhofstrasse steht bevor. «Der Umbau am neuen Standort beginnt anfangs Jahr und der Umzug ist für Herbst 2022 geplant», so Damian Meli, Leiter der Huttwiler Hausarztpraxis. Die Praxis werde aber auch am neuen Standort persönlich und familiär bleiben. Wie Damian Meli gegenüber dem «Unter-Emmentaler» sagt, wird im kommenden Frühling eine weitere Kinderärztin bei der Hausarztpraxis in Huttwil ihre Arbeit aufnehmen. «Ich werde mit meinem grossen Fachwissen die jüngere Kollegin gut unterstützen und begleiten», erzählt Juliane Meng-Hentschel. Davon werden in erster Linie die kleinsten Patientinnen und Patienten in der Region profitieren.

Von Yanick Kurth