Kulturförderungsgeld wird zum Zankapfel
Die Kulturförderung im Oberaargau wird zum grossen Zankapfel zwischen den Gemeinden. Herzogenbuchsee und Huttwil fordern eine Neuverteilung der Fördermittel (der «Unter-Emmentaler» berichtete). An der Hauptversammlung des Gemeindeverbandes Kulturförderung Region Oberaargau wurde allerdings noch nicht über den Antrag abgestimmt, sondern nur debattiert. Die Abstimmung erfolgt dann am 24. September anlässlich einer ausserordentlichen Versammlung des Verbandsparlaments.
Oberaargau · Die Gemeinden Herzogenbuchsee und Huttwil sind unzufrieden mit der Kulturförderung im Oberaargau, weil sämtliche Fördermittel an Langenthaler Kulturinstitutionen fliessen. Sie haben deshalb im Vorfeld der Hauptversammlung des Gemeindeverbandes Kulturförderung Oberaargau verlauten lassen, dass man mittels eines Antrages an der Verbandsparlamentsversammlung eine Neuverteilung der Fördermittel anstrebe. So sollen gemäss den Initianten künftig nicht bloss die fünf bekannten Kulturinstitutionen in Langenthal, die vom Kanton Bern als Kulturinstitutionen von «regionaler Bedeutung» anerkannt sind (Stadttheater, Regionalbibliothek, Kunsthaus, Museum und Chrämerhuus) finanziell unterstützt werden, sondern neu auch die beiden Bibliotheken in Huttwil und Herzogenbuchsee sowie die Huttwiler Themenmärkte und die Kreuz-Keller-Bühne in Herzogenbuchsee (der «Unter-Emmentaler» berichtete).
Bislang wurden lediglich die fünf genannten Langenthaler Kulturinstitutionen von der Standortgemeinde Langenthal, vom Kanton sowie von den übrigen, im Gemeindeverband Kulturförderung zusammengeschlossenen Gemeinden gemäss den gesetzlichen Vorgaben der kantonalen Kulturförderung unterstützt. Herzogenbuchsee und Huttwil streben, dass künftig von den zur Verfügung stehenden Fördergeldern rund 80 000 Franken an die Kulturinstitutionen in Herzogenbuchsee und Huttwil verteilt werden. Das entspreche lediglich rund neun Prozent der gesamten Fördermittel, betonen die beiden Gemeinden. Mit weiterhin rund 870 000 Franken an die Langenthaler Kulturinstitutionen werde der Zentrumsfunktion von Langenthal auch in Zukunft ausreichend Rechnung getragen.
Immer wieder vertröstet worden
Um vom Kanton als Kulturinstitution von «regionaler Bedeutung» anerkannt zu werden, gibt es happige Vorgaben zu erfüllen. So muss beispielsweise die Standortgemeinde vorangehen und die jeweilige Institution mit beträchtlichen finanziellen Mitteln unterstützen. Auch eine gewisse Professionalisierung wird vorausgesetzt und nicht zuletzt muss die Kulturinstitution über eine entsprechende Grösse verfügen. Dennoch sind vor allem Herzogenbuchsee und Huttwil seit Jahren unzufrieden, in erster Linie mit der fehlenden finanziellen Unterstützung ihrer Bibliotheken, aber auch darüber, dass ihrer Meinung nach diesem Problem vom Gemeindeverband wie auch von Seiten des Kantons wenig bis gar keine Beachtung geschenkt wird und man gemäss Markus Loosli, Gemeindepräsident von Herzogenbuchsee, immer wieder vertröstet wurde. Deshalb gelange man nun mit einem entsprechenden Antrag an das Verbandsparlament.
Doch Markus Loosli und Walter Rohrbach (Gemeindepräsident Huttwil) wurden von Verbandsparlamentspräsident Kurt Bläuenstein (Gemeindepräsident von Aarwangen) ein weiteres Mal vertröstet, der zu verstehen gab, dass aufgrund von Formfehlern und nicht eingehaltenen Fristen, nicht über die Verabschiedung der Leistungsverträge 2021 bis 2024 mit den fünf bisherigen Kulturinstitutionen sowie über den Antrag von Huttwil/Herzogenbuchsee abgestimmt werden könne, sondern lediglich zu diesem Thema informiert werde. An einer ausserordentlichen Parlamentsversammlung am 24. September soll dann über das Traktandum befunden werden. In der Zwischenzeit hätten die Gemeinden Gelegenheit, sich eine Meinung zu diesem Thema zu bilden. Gleichzeitig könnten sie sich auch Gedanken über einen zweiten Antrag machen, der von Ueli Werren (Gemeindepräsident von Madiswil) eingereicht wurde und der vorsieht, die bestehenden Leistungsverträge mit den fünf Langenthaler Kulturinstitutionen um ein Jahr zu verlängern, was der Kanton als mögliche Option vorsieht. Anschliessend hätte man genügend Zeit, eine saubere Auslegeordnung vorzunehmen und eine für alle Beteiligten annehmbare Lösung zu erarbeiten, gab Werren den Gemeindevertretern mit auf den Weg.
«Der Kanton befiehlt, was der Gemeindeverband zu tun hat.»
Markus Loosli nahm die Gelegenheit wahr, noch einmal die Sicht der Gemeinden Herzogenbuchsee und Huttwil darzulegen. Er gab zu bedenken, dass man hier in einem Zwangsverband tätig sei, der nicht auf freiwilliger Basis, sondern auf Druck des Kantons entstanden sei. «Die Realität ist deshalb, dass der Kanton befiehlt, was dieser Verband zu tun hat.» Es störe ihn gewaltig, dass man als Verbandsparlament quasi nichts zu sagen habe und alles vorbestimmt sei. «Bei dieser Ausgangslage braucht es gar kein Parlament. Doch wir nehmen unsere Rolle ernst, ein Parlament muss die Möglichkeit haben, Korrekturen und Anpassungen vornehmen zu können», betonte er. Loosli wies diesbezüglich darauf hin, dass gewisse Vorgaben für die Kulturförderung in den Regionen in keinem Gesetz und keiner Verordnung stehen würden, «diese seien vom Amt für Kultur des Kantons Bern definiert worden. Dies entspreche nicht dem Willen des Gesetzgebers, der explizit festgehalten habe, dass die Kultur sowohl in der Stadt wie auf dem Land zu fördern sei. Bei ihrem Antrag gehe es nicht darum, dass man die Region Langenthal mit ihren Institutionen nicht wichtig finde, es gehe vielmehr darum, dass künftig auch Institutionen von Huttwil und Herzogenbuchsee bei der Verteilung von Fördermitteln berücksichtigt würden.
Der Langenthaler Gemeinderat ist konsterniert und gekränkt
Langenthals Stadtpräsident Reto Müller, sah sich genötigt, einen Appell an die beiden Antragssteller und die übrigen Gemeindevertreter zu richten. Man habe das Vorgehen von Herzogenbuchsee und Huttwil im Gemeinderat mit grosser Konsternation zur Kenntnis genommen. Denn die geäusserte Kritik lasse Langenthal schlecht aussehen, obwohl die Gemeinde nichts falsch gemacht habe. «Jemand gibt bei der Kulturförderung den Weg vor und den kann jeder begehen, wenn er die Bedingungen dazu erfüllt», sagte Müller. Er wies darauf hin, dass er Markus Loosli schon einige Male darauf angesprochen habe, ob Herzogenbuchsee denn auch bereit wäre, beispielsweise die Kreuz-Keller-Bühne mit einem beträchtlichen finanziellen Beitrag zu unterstützen, wie das vorgesehen sei, wenn die Kreuz-Keller-Bühne als eine Institution von «regionaler Bedeutung» anerkannt werden soll. In diesem Zusammenhang erwähnte Reto Müller, dass sich Langenthal die städtische Kultur jährlich rund zwei Millionen Franken kosten lasse. «Wir zahlen zwei Millionen Franken, damit wir eine erhalten», sagte Müller.
Geld statt Kulturförderung im Visier
Der Langenthaler «Stapi» sprach weiter davon, dass man gekränkt sei, nicht zuletzt auch deshalb, weil der Gemeinderat von Langenthal das Vorgehen der beiden Gemeinden Herzogenbuchsee und Huttwil aus den Medien erfahren habe. «Dass ich das gar nicht gut finde, habe ich den beiden Gemeindepräsidenten mitgeteilt, aber bis heute keine Antwort darauf erhalten.» Für Müller ist klar, wenn das von Huttwil und Herzogenbuchsee gewählte Vorgehen Schule machen werde, dürfte das künftig weitere Begehrlichkeiten wecken. «Dann könnten noch weitere Kultur-Institutionen Forderungen anmelden und von denen hätten auch wir noch einige, wie die Fasnacht, die Gartenoper, die Kammermusikkonzerte, die Jazztage oder das Stadtorchester.» Müller glaubt, dass man mit diesem Vorgehen Gefahr laufe, dass man im Oberaargau letztendlich weniger Kultur haben werde.
Für Urs Zumstein, Gemeindepräsident von Bettenhausen, hat bei dieser Problematik die Politik komplett versagt. Er wies darauf hin, dass bereits vor Jahren signalisiert worden sei, dass man mit der Kulturförderung im Oberaargau unzufrieden sei. Doch geschehen sei nichts. Dagegen wehrten sich Charlotte Ruf (Präsidentin Region Oberaargau) und Stefan Costa (Geschäftsführer Region Oberaargau), die beide darauf hinwiesen, dass die Region versucht habe zu vermitteln und einen Vorschlag unterbreitet habe, der jedoch von den Gemeinden Herzogenbuchsee und Huttwil abgelehnt worden sei. Costa wies zudem noch darauf hin, dass eine Ablehnung der bestehenden Leistungsverträge mit den fünf bisherigen Kulturinstitutionen dazu führen werde, dass künftig deutlich weniger finanzielle Fördermittel in die Region fliessen würden.
Stefan Herrmann, Gemeindepräsident von Rütschelen kritisierte die beiden Gemeinden Herzogenbuchsee und Huttwil. Er bezeichnete ihr Vorgehen als unfair. Er hielt ihnen auch vor Augen, um was für einen Betrag es bei der geplanten Umverteilung überhaupt gehe. «Dieser Betrag wurde praktisch schon durch die Vorarbeiten des Antrags und den damit zusammenhängenden Sitzungen und dem daraus resultierenden Palaver sowie der Dokumentenherstellung verpulvert», ereiferte er sich. Überhaupt habe er dem Antrag lediglich entnommen, dass die beiden Gemeinden Geld wollten, einen konstruktiven Vorschlag zur künftigen Kulturförderung im Oberaargau enthalte er jedenfalls nicht.
Renate Jost neu im Verbandsrat
Walter Rohrbach, Gemeindepräsident von Huttwil, wehrte sich gegen die Vorwürfe. Man sei vier Jahre hingehalten worden und habe keinen anderen Weg mehr gesehen. Das Vorgehen der beiden Gemeinden bezeichnete er als gelebte Demokratie. Er wies auch darauf hin, dass es der ausdrückliche Wunsch des Gesetzgebers sei, dass die Kultur auch in den ländlichen Regionen stattfinde und gefördert werde. «Diesem Wunsch wollen wir mit unserem Antrag gerecht werden», hielt Rohrbach fest. Entschieden wird an der nächsten Verbandsparlamentsversammlung am 24. September.
Abgestimmt haben die Gemeindevertreter aber doch noch. So genehmigten sie die Jahresrechnung 2019, die einen Gewinn von 6781 Franken aufweist. Das Eigenkapital des Gemeindeverbandes Kulturförderung Region Oberaargau beläuft sich per Ende 2019 auf 18 092 Franken. Neu in den Verbandsrat Kulturförderung gewählt wurde Renate Jost, Gemeinderätin von Rütschelen. Sie ersetzt die austretende Marianne Teuscher aus Roggwil.
Von Walter Ryser