• Dario Kummer zeigt wo es langgehen soll: Auf dem Meisterbalkon des SC Langenthal würde wie damals 2012 die Meisterfeier stattfinden. · Bild: Leroy Ryser

15.02.2017
Sport

Kummer will den Pokal mit seiner Liebe gewinnen

NLB, Playoff-Viertelfinal: SC Langenthal – Hockey Thurgau: Der SC Langenthal startet morgen Abend mit dem ersten Spiel gegen Hockey Thurgau in die Eishockeyplayoffs der Nationalliga B. Erstmals seit dem Rücktritt von Noël Guyaz im Jahr 2014 hat der SCL wieder einen Langenthaler als Hoffnungsträger. Dario Kummer hat gleich doppelten Grund, den NLB-Titel zu gewinnen.

Eishockey · Dario Kummer ist ein Langenthaler. Durch und durch. Mit dem Wort Langenthal verbindet er Heimatgefühle, «Das ist der Ort», wo ich mich wohl fühle. Mein Daheim.» Er selbst versteht den Liedtext vom Song «Lange-thau» von «Wäbi und Band» bestens. Darin werden die kleinen Attraktionen von Langenthal aufgezählt und schliesslich heisst es: «das si Gründ, werum mir gäng wieder hei wei». Und später: «üses Härz lit für immer und ewig in Langethau». Für Kummer ist klar: «So geht es mir auch ein bisschen.» Erhalte er ein NLA-Angebot, würde er die Oberaargauer Stadt zwar verlassen, aber «irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich immer wieder zurückkehren werde.» Genau so war es bereits in den letzten beiden Jahren, als er in Ajoie spielte. Egal ob es das Besuchen der Verwandten war oder das Spielen gegen den SCL im Schoren – es war jedes Mal ein kleines Nachhausekommen. Die Beziehung zwischen ihm und dem SC Langenthal in Worte zu fassen, fällt dem 22-Jährigen derweil eher schwer. «Liebe ist das falsche Wort. Oder vielleicht doch. Ein bisschen», sagt er. Auch wenn der SC Langenthal wahrscheinlich nicht die letzte Station in der Eishockeykarriere von Dario Kummer ist, so wird sie bis zum Schluss zu den für ihn am wichtigsten gehören.

Einer der überall heraussticht
Dario Kummer wurde bereits früh im Laufe der letzten Saison verpflichtet. Neben ihm kamen weitere Spieler dazu, die sich bereits als Glücksgriff erwiesen. Mike Völlmin hat als junger Verteidiger zweifellos eingeschlagen, Aurélien Marti spielt sehr konstant und überzeugend. Philipp Rytz stabilisiert als Routinier die Verteidigung und stärkt das Powerplay, und Pierrick Pivron erwies sich nach dem Abgang von Joël Fröhlicher als starke Ergänzung. Den Titel für den besten Transfer dürfte momentan aber dennoch Kummer erhalten.

Tolle Werte
Mit erst 22 Jahren fällt er schon jetzt in sämtlichen Statistiken auf, welche der Schweizerische Eishockeyverband online veröffentlicht. Er steht mit 13 Toren und 10 Assists in den Top-Ten der SCL-Skorer, hat gemessen an seiner Spielzeit am wenigsten Strafminuten (6) kassiert, ist ausgenommen von der alles überragenden ersten Linie neben Jeffrey Füglister der beste Torschütze und weist hinter dem Trio-Infernale auch noch die beste Plus-Minus-Statistik (+15) unter den Stürmern auf. Zudem agiert er als cleverer Spielmacher, der das Spiel lesen kann und defensiv meist am richtigen Ort steht. «Ich habe mir die Statistiken noch nie angeschaut. Sieht aber schon ganz gut aus», sagt Kummer und lächelt etwas verlegen.
Noch vor zehn Jahren war der 173 Zentimeter grosse Stürmer ein Dauergast auf der Fantribüne im Langenthaler Schoren. Hätte ihm damals jemand gesagt, dass er es so weit bringen würde, so wäre das ein Grund gewesen, um sich überschwänglich zu freuen. Damals hätte Kummer alles gegeben, um es ins Kader der ersten SCL-Mannschaft zu schaffen. Bewundert habe er Spieler wie Marco Gruber oder Sean Berens. Beide kleingewachsen und gerade Berens war ein gewitzter amerikanischer Center, der Spielintelligenz, Bullystärke und Technik in einem vereinte. Mittlerweile steht Dario Kummer auf derselben Position und vereint diese Fähigkeiten ebenso auf sich wie früher der drei Zentimeter grössere Sean Berens oder der drei Zentimeter kleinere Marco Gruber.

Gegen die Grossen viel gelernt
Für Dario Kummer ist es nicht zuletzt jene Zeit, die ihn zu dem gemacht hat, was er mittlerweile ist. Früher, da habe er nur Eishockey im Kopf gehabt. Am liebsten mit seinem Bruder, rund um die Uhr. «Wir hatten zu Hause einen Eishockey-Keller. Da haben wir Rollschuhe angezogen und drauflos gespielt.» Auch auf der Eisbahn durfte er bei den Kollegen seines Bruders mitspielen. Da traf er auf heute grosse Namen wie Sven Bärtschi (Vancouver Canucks, NHL) oder Yannick Blaser (SCL Tigers, NLA), die neben ihren technischen Fähigkeiten auch noch bis zu fünf Jahre älter, grösser und schneller waren. «Da musste ich immer aufpassen, was ich mache. Überlegt spielen und nicht zu hastig. Das ist mir vielleicht geblieben», sagt Kummer heute. So spielt er auch jetzt eher selten Direktpässe, behält den Puck lieber am Stock, bis er sich seines Weges sicher ist. Ein typischer Spielmacher, der in Scheibenbesitz die besten Ideen kreiert.

Schwester als Mentaltrainer
Zu viel denken will er auf dem Eis aber nicht, wie er sagt. Daneben ist das schon etwas anders. Mit Ajoie hatte er im letzten Jahr während zwei Spielen die Möglichkeit, den Meistertitel zu gewinnen. Auswärts in Rapperswil im fünften Spiel waren die Pruntruter bereits nahe dran, erst im Spiel sechs sollte es gelingen. Gerade nach dem fünften Spiel sei es für ihn mental schwierig gewesen. Er habe viel nachgedacht, sich gefragt, wieso nicht alles geklappt hat. Geholfen haben ihm seine Geschwister. «In solchen Momenten lande ich meist bei meiner Schwester», gibt «Chümi» zu. Seine Schwester habe ihm Bilder von ihm mit speziellen Sprüchen ausgedruckt, die ihm den mentalen Kick gegeben haben. Und mit seinem Bruder ging er damals mehrfach nach draussen, lief umher und diskutierte. «Meiner Familie kann ich alles anvertrauen, sie sind immer für mich da», sagt Dario Kummer, der Jüngste der drei Geschwister. Auch zu Beginn der laufenden Saison habe er sich auf seine Schwester verlassen können, als er mit seiner Leistung haderte und unzufrieden war. «Irgendwie ging es dann plötzlich von selber», sagt Kummer rückblickend. Er habe auch schon überlegt, einen Mentaltrainer zu kontaktieren, seine Schwester besetzt diesen Posten offenbar aber auch ganz gut.

Der zweite nach Noël Guyaz?
Ihr nächster Einsatz könnte theoretisch schon bald folgen, denn das Ziel des SC Langenthal in diesem Jahr ist klar: So weit nach oben, wie es nur geht. Nach dem Ausscheiden im Viertelfinale in der letzten Saison und dem diesjährigen Qualifikationstitel muss der Pokal ein Thema sein. Und für Dario Kummer ist er es sowieso. Er wäre der einzige Akteur, der bei einem SCL-Sieg den Titel verteidigen könnte und erst der zweite Langenthaler nach Noël Guyaz, der beim SCL in einer Hauptrolle Meister wird. «Den Erfolg will man immer wieder. Ich habe es in der NLB einmal erlebt und das will ich unbedingt wieder erfahren», sagt Dario Kummer vorausblickend. Die Chancen sind intakt. Auch weil die Akteure des SC Langenthal vom Ausscheiden in der letzten Saison gelernt haben sollten. Und damit es nicht erneut so weit kommt, will auch Dario Kummer seinen Beitrag leisten. «Ein guter Check, ein guter Schuss – helfen kann man auf fast jede Art», sagt er. Vielleicht wäre gerade ein guter Schuss Gold wert. Denn mit 13,64 Prozent Erfolgsquote (beste Quote mit Ausnahme der ersten Linie) müsste ihn Dario Kummer, der in dieser Saison nur 88 Mal aufs Tor schoss, vielleicht häufiger einsetzen.

Von Leroy Ryser