• Da der Strom im Nachkauf günstiger zu haben war als im Jahr davor, kann Huttwil den Strompreis für 2024 senken. · Bild: pexels

05.09.2023
Huttwil

Langenthal erhöht die Strompreise, Huttwil senkt sie

Aufgrund des Ukraine-Krieges wird öfter über Strom diskutiert. Da sich die Situation rund um Russland nicht entspannt hat, werfen die Medienmitteilung der Industriellen Betriebe aus Huttwil und Langenthal Fragen auf. Während Langenthal die Strompreise erwartungsgemäss um 13 Prozent erhöht, dürfen sich die Huttwiler auf eine Senkung von rund 6,5 Prozent freuen.

Die Medienmitteilung der Industriellen Betriebe Langenthal (IBL) überrascht nicht. Die Strompreise müssen auch fürs kommende Jahr erhöht werden. Die gute Meldung: dank einem warmen Winter und einer allgemeinen Erholung auf dem Strommarkt haben sich die Preise für den Bezug von Strom auf einem tieferen Level einpendeln können, schreibt die IBL. Die geplante Erhöhung zeigt aber, dass die Preise immer noch über jenen vor dem Kriegsausbruch liegen. «Nach wie vor herrschen grosse Unsicherheit und Nervosität an den Märkten», schreibt die Langenthaler Firma in ihrer Mitteilung, dank der langfristigen Beschaffungsstrategie konnte die IBL den Preisanstieg für die Energie aber abfedern. Letztlich soll ein durchschnittlicher Preisanstieg von etwa 13 Prozent resultieren, heisst es weiter.
Da überrascht es doch ein wenig, dass Huttwil fast zeitgleich die Strompreise fürs nächste Jahr kommuniziert und in der eigenen Mitteilung stolz von einer Preissenkung von 6,5 Prozent für ein durchschnittliches Einfamilienhaus spricht.

Den falschen Moment erwischt
Manfred Eymann, Verwaltungsratspräsident der Industriellen Betriebe Huttwil, kann die überraschende Preissenkung begründen: «Wir konnten den Strom günstiger nachkaufen  als ein Jahr zuvor. Das war entscheidend.» Das bedarf jedoch genaueren Erklärungen: Huttwil konnte vor drei bis vier Jahren, als der Preis noch niedrig war, eine gewisse Menge an Strom vorbeziehen. Davon profitierten die Huttwiler eigentlich auch im letzten Jahr, ein letztes Mal profitieren sie von diesem Vorbezug nun im Jahr 2024. Dieser Vorbezug deckt aber nicht den kompletten Strombedarf ab, weshalb es üblich ist, Strom hinzuzukaufen. «Und als wir den Strom für das Jahr 2023 nachkaufen mussten, haben wir ein bisschen zu lange zugewartet. Man kann sagen, wir haben den falschen Moment erwischt.» Während andere Strombezüger früher Strom kauften und da noch von günstigeren Preisen profitierten, wurde für Huttwil der Ukraine-Krieg zum Verhängnis. «Normalerweise sinkt der Strompreis zum Januar. Als dann aber der Krieg ausbrach, kannte der Strompreis nur noch eine Richtung», so Eymann weiter. Die Folge: Huttwil musste damals die Preise auch für den Endkonsument drastisch erhöhen.
Weil sich die Bezugspreise nun auf einem wesentlich tieferen Niveau wiederum einpendeln konnten, war der Nachbezug von Strom für das Jahr 2024 günstiger möglich. Weil ausserdem noch Strom vom Vorbezug vorhanden ist, können die Preise gesenkt werden. «Bei der Preisgestaltung müssen wir strengen Regeln folgen. Es ist also nicht so, dass wir im letzten Jahr, quasi zur Sicherheit, mehr Marge beigerechnet haben.» Die einzigen Preisunterschiede, auch im Vergleich zu anderen Gemeinden, entstehen insbesondere durch den Bezugsmoment.

Swissgrid und BKW verlangen mehr
In Langenthal wird die Preiserhöhung derweil wie folgt begründet: «Die Langenthaler Strompreise 2024 müssen vor allem aufgrund der stark steigenden Netznutzungskosten der Swissgrid (+63 %) und BKW (+12 %) sowie der neuen Bundesabgabe für die Stromreserve erhöht werden.» Letzteres, diese Abgabe für die «Stromreserve», beträgt 1,20 Rappen pro Kilowattstunde und trägt zur Versorgungssicherheit bei. Während die Kundinnen und Kunden in Langenthal dadurch im Schnitt rund 13 % mehr für den Strom im Jahr 2024 bezahlen müssen, steigt auch die Rückliefervergütung für erneuerbare Energie aus Eigenerzeugungsanlagen um 13 %.
Ein direkter Vergleich der beiden Angebote scheint indes schwierig, weil Bezugsmengen und Bezugskategorien die Preise beeinflussen und einen Vergleich erschweren. Die online aufgeschalteten Datenblätter weisen aber darauf hin, dass bei Privathaushalten mit einem Bezug von bis zu 50 000 Kilowattstunden nun ein ähnliches Bild herrscht. Im Hochtarif verlangt die IB Langenthal 37.22 Franken, die IB Huttwil 38.38 Franken. Während in Huttwil die Abgaben höher sind, sind die Netznutzung und Energiekosten in Langenthal höher. Ein genauer Vergleich wird indes auf der Internetseite strompreise.elcom.admin.ch angeboten, dort müssen aber zuerst die neu publizierten Daten erfasst werden, ehe die Vergleiche abrufbereit sind.

Von Leroy Ryser