Legenden begeistern beim SCL-Jubiläum
Was für ein Jubiläumsanlass, was für ein Glück: Einen Tag bevor im Kanton Bern wieder verschärfte Corona-Regeln galten, konnte der SC Langenthal nach zwei Verschiebungen doch noch sein 75-Jahr-Jubiläum feiern. Und fast 3000 Personen kamen.
75 Jahre Schlittschuhclub Langenthal · Aufatmen beim SC Langenthal: Nachdem das Fest zum 75. Geburtstag des Oberaargauer Eishockeyklubs bereits zweimal verschoben werden musste, konnte dieses am letzten Sonntag nun doch noch durchgeführt werden, just einen Tag bevor im Kanton Bern wieder verschärfte Corona-Regeln galten. Und das Jubiläum löste beim SC Langenthal Freude und Stolz aus: Denn Fans, Zuschauer und Gäste kamen in Scharen ins Hotel Meilenstein und in den Schoren, wo auf die Besucher ein jubiläumswürdiges Programm wartete.
Nationaltrainer gibt sich volksnah
Eingeläutet wurde der Jubiläumsanlass mit einem Marsch der SCL-Fans vom Stadtzentrum zur Eishalle in Schoren. Mit lauten Sprechchören und reichlich Pyro-Technik zog die stattliche Anhängerschaft Richtung Eishalle, wo ein Fan-Village für die Jubiläums-Gäste installiert worden war. Hier stimmte die Langenthaler Rockband «Bleifrei» die Anwesenden auf den Jubiläumstag ein. Bandleader René Wenk stand mit einem SCL-Leibchen aus den 1970er-Jahren und der Rückennummer 25 auf der Bühne. Dieses trug er vor über 40 Jahren, als er im damaligen NLB-Team des SC Langenthal hinter Stammgoalie Jean-Claude Chéhab Backup-Keeper war. Das SCL-Jubiläum startete gleich mit einem absoluten Höhepunkt, trat doch als erster Überraschungs-Gast Eishockey-Nationaltrainer Patrick Fischer auf die Bühne und stellte sich den Fragen des Moderators Leroy Ryser. Der ehemalige NHL-Spieler machte klar, dass ihm die Eishalle Schoren nicht fremd ist, habe er doch mit der Nationalmannschaft hier bereits WM-Vorbereitungsspiele bestritten. Fischer liess die Anwesenden aber auch wissen, dass er sich ungemein auf die bevorstehenden Olympischen Spiele im Februar freue. «Olympische Spiele sind immer ein absolutes Highlight für jeden Teilnehmer. Natürlich wollen wir nicht bloss dabei sein, sondern versuchen, eine bleibende Erinnerung für das Schweizer Eishockey zu schaffen», betonte Fischer unter dem Applaus des Publikums, das den Nationaltrainer anschliessend in Beschlag nahm. Patrick Fischer zeigte sich dabei als überaus nahbarer Nati-Coach, signierte Shirts, Bücher und stand für Selfies zur Verfügung.
Ted Snell überragte alle
Natürlich standen am späteren Nachmittag ehemalige SCL-Grössen in Mittelpunkt. Ueli Schwarz, Trainer in den 1990er-Jahren beim SC Langenthal, erinnerte sich ebenso an die damalige Zeit, wie der spätere SCL-Trainer Ernst Bruderer, der 2002 mit dem SCL den Wiederaufstieg in die damalige NLB schaffte. March Eichmann, ehemaliger SCL-Goalie und heutiger Tigers-Sportchef, sowie Jeff Campbell, der neun Jahre als Ausländer beim SCL spielte und nun Chefcoach des Swiss-League-Teams ist, blickten auf die drei Schweizermeistertitel 2012, 2017 und 2019 in der zweithöchsten Schweizer Spielklasse zurück und entzückten die vielen SCL-Fans mit ihren Erinnerungen.
Sie alle standen aber ganz klar im Schatten eines Mannes, der beim SCL absoluten Kultstatus geniesst: Der Kanadier Ted Snell reiste für das Jubiläum extra aus Kanada an. Verteidiger Snell spielte von 1977 bis 1983 sieben Saisons für den SCL. Seine überragenden Leistungen auf dem Eis, aber auch seine aussergewöhnlichen Charaktereigenschaften machten ihn zum beliebtesten SCL-Ausländer aller Zeiten. Das wurde vorab den jüngeren Besuchern bewusst, als der mittlerweile 75-jährige Kanadier die Bühne betrat. Tosender Applaus und «Tedy-Tedy-Rufe» begleiteten ihn und machten klar, dass hier eine wahre SCL-Legende die Bühne betrat. Und der Kanadier wusste die Fans auch als Redner zu begeistern, als er erzählte, wie er damals aus der NHL nach Langenthal kam, aus grosszügigen, komfortablen Stadien und dann direkt mit dem SCL zum ersten Auswärtsspiel nach Villars reiste. «Da mussten wir uns unten im Keller auf Kartoffelsäcken umziehen», machte er klar, dass er einen richtigen Kulturschock zu verdauen hatte. Doch für «Ted» war das kein Problem, wie er betonte: «Nein, das störte uns nicht gross, denn nach Spielschluss haben wir dafür die im Keller gelagerten Würste mitgenommen.» Eine weitere Anekdote zeigte, wie beliebt der Kanadier in Langenthal war. In seiner dritten Saison in Langenthal war er ohne Familie angereist. Der SCL gewährte ihm dafür über Weihnachten ein paar Tage Ferien, so dass Snell zu seiner Familie nach Kanada reisen konnte. Als die Meldung in der Zeitung stand, klopfte es vor seinem Abflug nach Kanada immer wieder an seiner Türe. «Laufend kamen Leute vorbei und brachten mir Weihnachtsgeschenke für meine Familie. Als ich am 19. Dezember nach Kanada flog, hatte ich über 30 Weihnachtsgeschenke im Gepäck, was beim Zoll zu erheblichen Problemen führte», sagte der Kanadier, der die sieben Jahre in Langenthal als die beste Zeit seines Lebens bezeichnete. Nach diesem emotionalen Auftritt wurde unter den Anwesenden der Ruf laut, dass sich der SCL überlegen müsste, die Nummer 7, die Ted Snell während seiner Zeit beim SC Langenthal trug, zurückzuziehen und unter dem Hallendach bei den anderen drei SCL-Legenden Marc Eichmann, Brent Kelly und Jeff Campbell zu platzieren. Und als hätte ein thriller-erprobter Hollywood-Regisseur das Drehbuch dieses Jubiläums geschrieben, wurde der Anlass mit einem hochdramatischen Jubiläumssieg gegen den EHC Kloten abgeschlossen. Was folgte, waren viele überschwängliche, freudige und anerkennende Lobes- und Gratulationsworte von Fans, Sponsoren und Besuchern an das OK und die SCL-Organisation zum gelungenen Jubiläumsfest.
Von Walter Ryser