• Die Langete-Treppe am Wuhrplatz ist aktuell die einzige Stelle direkt im Stadtzentrum, wo die Bevölkerung einen unmittelbaren Zugang zum Gewässer hat. Ein politischer Vorstoss fordert deshalb nun, dass Erholungssuchende in Langenthal in Zukunft noch weitere lauschige Orte vorfinden, die einen Kontakt mit den Stadtbächen ermöglichen. · Bilder: Patrick Jordi

  • Zugebaut und abgesperrt: Die Langete in der Oberen Marktgasse.

  • Ebenfalls nicht zugänglich: Die Langete beim Kulturstall.

20.07.2023
Langenthal

«Mehr Langete» für die Bevölkerung

Versperrte Zugänge, wenig einladende Uferpromenaden, hindernisreiche Flussabschnitte: Langenthal nutze bei den stadteigenen Gewässern sein Potenzial nicht aus, wird in einem Vorstoss der SP/GL-Fraktion moniert. Gefordert wird, dass Langenthals Markenzeichen – die Bäche – für die Bevölkerung sichtbarer und zugänglicher gemacht werden.

«Die Langete ist unser Markenzeichen, doch nutzen können wir sie kaum.» Es sind lapidare Worte, mit denen die SP/GL-Fraktion ihren Vorstoss begründet. Eingereicht wurde die Motion an der letzten Stadtratssitzung im Juni. Was die Motionärinnen und Motionäre fordern, ist schlicht und ergreifend: «Mehr Langete». Sie wollen den Gemeinderat dazu motivieren, Massnahmen und Pläne zu entwickeln und umzusetzen, «wie die Langete, das Schulbächli und der Sagibach sichtbarer, zugänglicher und verstärkter in das Bewusstsein der Bevölkerung gerückt werden können.» Die Rede ist von den drei Gewässern, die nicht nur in idyllischer Weise durch Langenthals Zentrum mäandern, sondern darüber hinaus auch das gelb-blaue Wappen der Stadt zieren.

Spass, Abkühlung, Pause, …
Langenthal habe glücklicherweise eigene Gewässer, gerade im Stadtzentrum seien diese jedoch kaum sicht- und wahrnehmbar, heisst es im Vorstoss. Hingewiesen wird auf die brachliegenden Vorteile, welche die Stadtbäche mit sich bringen: «Ein Gewässer bietet Jung und Alt Raum für Spiel und Spass, Abkühlung, Pause, Bezug zur Natur und Rückzugsraum. Die steigenden Temperaturen fordern Möglichkeiten nach Abkühlung. Mehr Gewässer, in Kombination mit Grünflächen, sorgen für ein gesundes Mikroklima.» Kurzum: «Ein Potenzial, das genutzt werden muss!», so die Motionärinnen und Motionäre.
Nur der Wuhrplatz lasse im Zentrum einen direkten Zugang an die Langete zu. Viele Menschen und Hunde fänden sich hier oft ein und die Zugangstreppe werde stark genutzt. Leider habe es allerdings keinen Schatten und die Steine heizten sich an Sommertagen sehr stark auf, was gemütliches Sitzen wieder verunmögliche, wird im Motionstext ausgeführt. Dabei gäbe es zahlreiche weitere Stellen im Zentrum, die einen Zugang erlauben würden, so beispielsweise beim Coop Tell, am Dästerplatz, in der Oberen Marktgasse, im Sagibachpärkli, im Rumipark oder beim Kulturstall.
«Alle diese Stellen sind eingezäunt. Würde man die Zäune entfernen, Treppen, Leitern, Abhänge oder andere Zugangsmöglichkeiten errichten, würde der öffentliche Raum mehr Zugang zur Natur erlauben und die Treppe zur Langete am Wuhrplatz wäre nicht überbelastet», so die Begründung weiter. In Langenthal fehle ein Stadtpark – die Langete und der Sagibach könnten dies kompensieren, sind sich die Unterzeichnenden sicher. Erstunterzeichnende der Motion ist SP-Stadträtin Saima Linnea Sägesser. Gemeinsam mit ihren Fraktionskolleginnen und -kollegen fordert sie den Gemeinderat weiter dazu auf, bei aktuellen, anstehenden und zukünftigen Arealentwicklungen, Umbauten und Richtplänen stets den Einbezug des Gewässers und die Gewährleistung eines Zugangs für die Bevölkerung zu berücksichtigen. Aktuell eingezäunte Stellen seien zu überprüfen und sollten wenn möglich zugänglich gemacht werden.

Hürdenfreie Zugänge kaum möglich
Ein weiterer Abschnitt der Langete, der im Vorstoss nicht thematisiert wird, ist das Teilstück zwischen der Alten Mühle und der Brücke «Waldhofstrasse». Hier verlaufen beidseits der Langete Fussgänger- und Velowege. Schattenspendende Bäume und das kühle Nass laden grundsätzlich auch auf diesem Abschnitt zum Verweilen am Gewässer ein. Doch die eher behelfsmässig ins Gebüsch geschlagenen Pfade sowie die inoffiziellen «Strandplätzchen» deuten auch hier – wie andernorts entlang der Langete – darauf hin, dass ein Zugang zum Gewässer nicht wirklich hürdenfrei möglich ist. Im Gegenteil: Man könnte sogar eher davon abgeschreckt werden, den Zugang zur Langete zu suchen.
Ob das Anliegen der SP/GL-Fraktion beim Gemeinderat sowie allenfalls auch bei den übrigen Stadtratsfraktionen verfängt, wird sich in Bälde zeigen: Nach einer Stellungnahme durch den Gemeinderat wird der Stadtrat an einer seiner nächsten Sitzungen darüber entscheiden, ob die Motion erheblich erklärt wird oder nicht.

Was ist mit dem Hochwasserschutz?
Es ist indessen nicht das erste Mal, dass in Langenthal eine stärkere Thematisierung der identitätsstiftenden Gewässer gefordert wird. Solche Forderungen – insbesondere jene, die einen besseren Zugang zur Langete zum Ziel haben – ergeben aus gegenwärtiger, neuzeitlicher Perspektive durchaus Sinn. Früher jedoch, in Zeiten, als der Hochwasserentlastungsstollen noch nicht realisiert war, suchte man in Langenthal den Kontakt zum Gewässer wohl nur bedingt. Die Langete, die damals wiederholt zerstörerische Wassermassen mit sich führen konnte, musste durch bauliche Massnahmen bestmöglich im Zaum gehalten werden. Es hat also unter anderem auch historische Gründe, weshalb die Gewässerzugänge in Langenthals Ortskern heute teilweise nach wie vor versperrt sind. Und ob die baulichen Gegebenheiten wirklich allesamt veränderbar sind, ist fraglich. Grössere Hochwasser sind in Langenthals Zentrum zwar grundsätzlich nicht mehr zu erwarten, können aber trotzdem nicht restlos ausgeschlossen werden.

Von Patrick Jordi