«Mein Name ist oft ein Türöffner»
Nach verschiedenen Praktika bei der Neuen Luzerner Zeitung und der Mittelland-Zeitung (heute AZ) arbeitete Bähram Alagheband rund vier Jahre lang als Stadtredaktor Langenthal bei der Mittelland-Zeitung. Von hier aus kehrte er den Printmedien den Rücken, zog ins Studio von Radio 32 und wirkt heute als TV-Korrespondent für Aargau Solothurn bei SRF. Vom Fernsehpublikum wird er vor allem als Reporter von Gerichtsverhandlungen wahrgenommen. Doch hinter seiner Arbeit steckt ein viel grösseres Tätigkeitsgebiet. Und Bähram Alagheband ist ein Allrounder in Bild, Ton und Technik geworden. Im «Monatsinterview» mit dem «Unter-Emmentaler» erzählt er aus seinem spannenden Tätigkeitsfeld.
Liselotte Jost-Zürcher im Gespräch mit
Bähram Alagheband, TV-Korrespondent
Aargau Solothurn bei SRF
Was waren Ihre Ambitionen, die Berufsrichtung in die Medienwelt zu wählen?
Ich wollte Journalist werden, schon als 13-, 14-Jähriger. Dies, nachdem ich in einer Projektwoche von einem Journalisten des Regionaljournals Aargau Solothurn von Radio SRF interviewt wurde. Ich fand das spannend und wollte es ihm gleichtun. Heute arbeiten wir manchmal im selben Büro.
Sie haben zuerst die Kaufmännische Berufsrichtung eingeschlagen.
Ja, ich absolvierte die KV-Lehre mit BMS in einer Druckerei in Münsingen. Vorher «schnupperte» ich unter anderem beim damaligen «Berner Landbote». Das war meine erste journalistische Erfahrung. Zudem begann ich Ende der Volksschulzeit für das Konolfinger Dorfblatt (heute «Chonufinger») Geschichten zu schreiben.
Nach der Lehre weilten Sie ein Jahr in Barcelona.
Sprachen haben mir immer Freude bereitet. Spanisch wollte ich unbedingt gut lernen und machte deshalb in Barcelona einen Sprachaufenthalt mit Arbeitspraktikum. Dafür bin ich heute noch froh. Das Spanisch nützt mir in vielen Situationen, vor allem auf Reisen rund um die Welt.
Sie waren auch einige Zeit in Island für ein Reisebüro tätig.
(Lacht) Ja, aber das war nur ein kürzerer Aufenthalt, und isländisch habe ich nie gelernt. Höchstens «grüessech» könnte ich einigermassen sagen. Nebst Deutsch sind Französisch, Englisch und eben Spanisch die Sprachen, die ich spreche.
Journalismus stand aber immer noch zuoberst auf Ihrem «Programm».
Ja. Nach den Aufenthalten im Ausland und dem Absolvieren der RS und UO stieg ich definitiv in die Medienwelt ein. Nach einem zweimonatigen Praktikum bei der Mittelland-Zeitung, der heutigen AZ, arbeitete ich dort vier Jahre als Stadtredaktor Langenthal. In der Oberaargauer Metropole fühlte ich mich sehr wohl. In dieser Zeit absolvierte ich auch ein Praktikum als Fotograf. Bilder waren mir immer sehr wichtig. Die Fotografie, unter anderem im Dschungel und in den Urwald-Regionen, ist mein grosses Hobby geblieben.
Sie verliessen 2004 die Print-Medienwelt und waren dann knapp sieben Jahre bei Radio 32 zu hören.
Radio 32 suchte damals jemanden, der Langenthal kennt. Da ich als Stadtredaktor tätig war, war ich mit Land und Leuten und ebenso mit der Politik der Stadt vertraut. Es war aber auch der Anfang, mich langsam vom Oberaargau zu entfernen und mich in Richtung Solothurn Aargau zu bewegen, wo Radio 32 auch redaktionell tätig ist.
Deshalb folgten Sie später dem Ruf von Tele M1?
Das ist so. Einige Zeit behielt ich noch Kontakte im Oberaargau, denn, wie gesagt, ich fühlte mich in Langenthal ja sehr wohl. Fussballclub, Arzt, Zahnarzt ... aber irgendwann wurde es einfach zu umständlich. Seit längerem wohne ich in Solothurn in der Altstadt. Es ist wunderschön. Hier fühlen sich meine Frau und ich längstens zuhause.
Obwohl Sie in der Zwischenzeit ja auch im Aargau tätig sind?
Mein geografischer Bogen hat sich kontinuierlich weitergezogen. Vom Emmental in den Oberaargau und von hier aus in die Region Solothurn, nach und nach dann in den Aargau.
Heute arbeiten Sie bei SRF für eben diese beiden Regionen. Ihr gemütliches Berndeutsch ist aber immer noch unverkennbar.
«I bi nä Mischig vo aune zäme.» Das Berndeutsch ist nicht mehr rein. Aber ebenso wenig der Solothurner Dialekt und schon gar nicht der Aargauer. Aber die Menschen in dieser Region sind sehr tolerant, akzeptieren diese Mischung. Vielleicht sind sie hier ja auch von allen drei Kantonen ein bisschen geprägt, diese sind hier sehr ineinander verzweigt.
Nicht selten öffnet mir zudem mein Name die Türen, man kommt ins Gespräch. Er wird falsch ausgesprochen oder falsch geschrieben, das finde ich lustig und bin da sehr unkompliziert. Seit ich einst von einem Car-Unternehmen ein Ticket auf den Namen «Klagebard» zugestellt erhielt, ist dies meine Twitter-Adresse. Mein Name ist oft ein Türöffner, weil man so ins Gespräch kommt.
Was ist der Grund, dass Sie am Fernsehen vor allem über Gerichtsfälle berichten?
Es mag den Eindruck erwecken, dass ich das «vor allem» tue. Doch das ist überhaupt nicht so. Vielmehr werden meine Kollegin Natascha Schwyn und ich – wir betreuen für das Fernsehen SRF Aargau und Solothurn gemeinsam – dann jeweils eingeblendet, der Fernsehzuschauer sieht unser Gesicht. Zudem folgten sich in kurzer Zeit mehrere schwere Verbrechen, mit dem Vierfachmord in Rupperswil eines der Schlimmsten überhaupt. Aber die Gerichtsverhandlungen sind nur ein eher kleiner Teil unseres Arbeitsgebiets. Einerseits erhalten wir vom Fernsehen Themen, die wir zu recherchieren haben. Oder Menschen, die etwas bewegt oder erfahren haben, etwas tun oder präsentieren möchten, wenden sich direkt an uns. Anderseits brauchen wir eine feine Antenne, um zu spüren, wo es etwas Interessantes für das Fernsehpublikum gibt. Wir hören, schauen, spüren und recherchieren für News-Sendungen wie 10vor10, Schweiz aktuell oder für die Tagesschau. Wir haben damit auch viele Freiheiten, über was wir berichten möchten. Das letzte Wort hat allerdings die Sendungsleitung.
Wie gehen Sie dabei vor?
Es war und ist mir immer sehr wichtig, neutral und objektiv zu bleiben und fair auf die Menschen zuzugehen. Die Berichterstattung soll ausgewogen sein. Beide oder alle Seiten sollen angehört werden und die gleichen Chancen haben, man darf sich nicht auf eine Seite stellen. Das ist manchmal nicht einfach. So denke ich beispielsweise an eine Reportage aus dem Rotlichtmilieu. Man blickte mich komisch an, als ich mit der Kamera dort aufkreuzte. Ich fühlte mich teils unwohl, aber gleichwohl war es spannend und eben auch angebracht, Prostituierte und Betreiber zu Wort kommen zu lassen.
Sie waren mit der Kamera dort? Nehmen Sie denn kein Filmteam von SRF mit?
Nicht immer. Und gerade im Rotlichtmilieu hätte ich nicht noch einen Kameramann mitnehmen können, die Stimmung war so schon etwas angespannt. Es gibt Situationen, die ein Kamerateam erfordern. Wenn möglich aber machen wir Korrespondenten alles selbst, nicht zuletzt natürlich auch aus Kostengründen.
Das wären dann eben die Fälle, wo man Bähram Alagheband nicht sieht, weil er hinter der Kamera steht ...
Genau. Das hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist sicher, dass die Inter-viewpartner zu mir schauen und nicht von Kameraleuten abgelenkt sind.
Wie verarbeiten Sie Reportagen, die unter die Haut gehen, wie etwa der Vierfachmord in Rupperswil?
Ich glaube, man lernt das. Persönlich kann ich Geschäft und Privat gut trennen. Was geschäftlich ist, lasse ich dort. Abgesehen davon konzentrieren wir uns darauf, unsere Arbeit möglichst gut zu machen. Wir dürfen nicht Partei ergreifen, müssen neutral «häreluege». Schwierig wird es manchmal, wenn wir über ein Thema berichtet haben und andere Menschen mit ihren Projekten dann auch «kommen», weil sie finden, ebenfalls einen Fernsehauftritt verdient zu haben. Ich sage nie, «das ist kein Thema» oder «kein Thema mehr», sondern dass wir dies im Team besprechen würden. Erhalten die Anfrager einen abschlägigen Bescheid, begründen wir diesen.
Zuerst Zeitung, dann Radio und jetzt Fernsehen ... haben Sie so Ihren Erfahrungsrucksack zielbewusst gepackt, um immer weiterzukommen?
Natürlich sind alle meine Erfahrungen sehr wertvoll. Ich möchte aber die Arbeit der drei Medien nicht «klassieren». Sie ist überall anspruchsvoll. Eine Geschichte in einer Zeitung den Lesern hinüber zu bringen, so dass sie gerne gelesen wird, ist anspruchsvoll. Etwas am Radio spannend zu beschreiben, das die Zuhörer nicht sehen können, ebenso, und Fernsehen, wo Bild und Ton gemeinsam ausschlaggebend sind, natürlich auch. Meinerseits ist es so, dass ich schon als Kind und Jugendlicher viel geredet habe. «I bi ä Schnuri gsi, d Lehrer hei mer gäng gseit, muesch meh lifere statt lafere.» Und mit der Zeit ist die Freude am Reden noch grösser geworden. Ich erzähle gerne Geschichten.
Es ist offensichtlich – Sie lieben Ihre Arbeit?
Oh ja, sehr. Ich liebe die Region, den Kontakt zu den Menschen, die Menschen selbst, die Freiheit, Themen zu wählen. Es ist spannend, denn die Themen sind unerschöpflich und unsere Region ist sehr, sehr schön.