• Nach 40 Jahren Unterrichten an den Schulen Huttwil wird es um Christine Bernhard aber noch immer nicht ruhiger. · Bild: Barbara Heiniger

  • Hauswirtschaftslehrerin Christine Bernhard (links) und Beatrice Berger in der damals neuen Küche des Oberstufenzentrums Kleindietwil. Archivbild: Thomas Peter

  • Mit dem Berner-Kochbuch (rechts im Bild) ist Christine Bernhard gestartet, es wurde 1974 herausgegeben, mit dem neusten Tiptopf-Kochbuch, Ausgabe 2023, hat sie nun aufgehört.

03.09.2024
Huttwil

«Meine Berufskarriere begann mit Gartenbau»

Nach 40 Jahren beendet Christine Bernhard ihre Arbeit an den Schulen Huttwil. Als eine kompetente, engagierte Lehrperson unterrichtete sie vor allem im Fach Wirtschaft Arbeit Haushalt (WAH) an der Primar- und Sekundarstufe der Schulen Huttwil. Mit den Themen Ernährung und Bewegung setzte sie an vielen Orten sichtbare Zeichen. Die Pensionierung von Christine Bernhard bedeutet für sie nun aber nicht Ruhestand und ruhige Zeiten. Viele konkrete Projekte, Ideen und Pläne will die aktive Fachfrau in Zukunft noch verwirklichen.

 

«Wenn ich den Kindergarten dazu rechne, bin ich insgesamt 50 Jahre in den Schulen von Huttwil umhergewandert», stellt Christine Bernhard mit einem feinen Lächeln fest. Für sie hat sich der Kreis in diesem Sommer dort auf eine besondere Art geschlossen. Im «alten Kindergarten» wurde sie als Kind eingeschult und genau an diesem Ort veranstalteten die Lehrpersonen, welche die Schule nun verlassen haben, ein Abschluss-Apéro. 

Die Begeisterung vorleben
Christine Bernhard ist eine «echte Huttwilerin», auf einem Bauernhof in der Schlüecht ist sie aufgewachsen und wohnt in Schwarzenbach. Nach ihrer Schulzeit in Huttwil folgte ein bäuerliches Haushaltlehrjahr in der Nähe von Lausanne. Die französische Sprache hatte damals noch einen hohen Stellenwert. Nach einem Handelsschuljahr in Langenthal absolvierte Christine Bernhard das Seminar in Chur mit dem Schwerpunkt Hauswirtschaft und Sport. Aus der lehrreichen Zeit im Bündnerland bestehen bis in die heutige Zeit wertvolle Freundschaften. Für Christine Bernhard war ihre Berufswahl schon früh klar. Auf dem elterlichen Bauernhof bildete die Mutter mit viel Engagement bäuerlich-hauswirtschaftliche Lehrtöchter aus. «Meine Mutter hat hervorragend gekocht und sie in allen Bereichen der Hauswirtschaft angelernt. Diese Lehrtöchter haben vom tollen Unterricht in der Berufsfachschule erzählt. Ich wollte diese Begeisterung auch vorleben und mit Geduld junge Menschen die Geheimnisse des Haushalts lehren», sagt Christine Bernhard mit leuchtenden Augen. In Huttwil machte sie während der Seminarausbildung ihr Praktikum und blieb dann mit einer Stellvertretung «hängen». 

Unterricht mit allen Sinnen gelebt
Mit einem Blick zurück erkennt Christine Bernhard, dass es in den Jahren als Lehrperson unsäglich viele Erlebnisse gegeben hat, sehr schöne, aber manchmal auch schwierige. «Meine Berufskarriere hat mit Gartenbau angefangen. Dank den Erfahrungen von daheim auf dem Bauernhof mit der Selbstversorgung bin ich damals gut gestartet», weiss Christine Bernhard. Das Fach Gartenbau wurde dann im Unterricht gestrichen und ist nun aktuell wieder im Angebot der Schule. Der Unterricht in der Schulküche brachte für die Lehrpersonen oftmals Herausforderungen, war diese doch nicht im Schulhaus, sondern im Kirchgemeindehaus oder aus Platzgründen sogar in einer der umliegenden Gemeinden untergebracht. «Als die Schulküche umgebaut wurde, war es für mich und meine langjährige Kollegin Elisabeth Wisler ein besonderes Erlebnis. Wir wurden schon früh in den Umbau involviert und durften unsere Erfahrungen einbringen», hält Christine Bernhard fest. Die Schülerinnen und Schüler kamen grossmehrheitlich gerne in den Unterricht vom Fachbereich WAH. Dort etwas Handfestes zu lernen, gab immer einen wunderbaren Ausgleich zu den eher theoretischen Fächern. Ernährungspraxis war für viele ein Highlight, denn praktische Themenarbeiten haben viele Schülerinnen und Schüler erfreut. Zudem war in der Schule Huttwil bekannt, dass im Unterricht von Christine Bernhard ein lebhaftes, fröhliches Treiben herrschte und das Lachen gehörte dazu. «Ich habe die Kontakte zu den Kindern sehr geschätzt und hörte oft, wie es ihnen geht, oder manchmal auch, wo der Schuh drückte. Das Miteinander im Fachbereich WAH war genial und der Unterricht wurde mit allen Sinnen gelebt», erinnert sich Christine Bernhard. Besonders bereichernd war für die aktive, engagierte Lehrperson der Zusammenhalt unter den «WAH-Frauen». «Wir besuchten regelmässig Weiterbildungen und haben dank der guten Unterrichtsplanung nichts dem Zufall überlassen», so Christine Bernhard.

Von Elternabenden bis zur Schoggicreme
Viel hat sich in all den Jahren, während der Zeit als Lehrperson im Unterricht und auch daneben, für Christine Bernhard geändert. Früher gab es zum Fach Hauswirtschaft sogar Elternabende. Da war die junge Lehrperson gefordert, genauso wie an jenem Tag, als der Sportunterricht grosszügig verschlafen wurde. Schülerfinger im Rührgerät und schön angerichtete Teller verkehrt auf dem Boden waren kleine und grosse Herausforderungen, die es im Unterricht immer wieder zu meistern galt. Bei modebewussten «weiten Herren-Hosen» musste etwa mit Packschnur ausgeholfen werden, und einen geeigneten Stuhl brauchte es, wenn die Grösse der Schülerin nicht bis zum Herd reichte. «Schön waren immer wieder die Rückmeldungen der Eltern, und die kamen oft. Gelang die selber gemachte Schoggicreme daheim, war das für alle ein sehr positives Erlebnis», erkennt Christine Bernhard. Ein spezieller Meilenstein war ab 2018 auch der Lehrplan 21. «Für mich stellte sich die Frage, was gibt es für Umsetzungsmöglichkeiten und was mache ich mit all diesen Veränderungen in meinem Alter. Ich gab mich da voll hinein und das war genau das Richtige», sagt Christine Bernhard. Mit ihrer Schwester hat sie damals im Bereich WAH eine projektorientierte intensive Weiterbildung an der PH Bern besucht (der «Unter Emmentaler» berichtete).

Alltagskompetenzen und noch mehr
Christine Bernhard ist vielseitig interessiert und besonders die Themen Ernährung, Bewegung und Entspannung liegen ihr am Herzen. So war in den vergangenen 40 Jahren nicht nur die Huttwiler Schulküche ihr Wirkungsfeld. Mit ihrer Ausbildung im Tastaturschreiben erwachte der Wunsch, dieses auch in der Schule anzubieten. Diesem wurde damals entsprochen und so konnte in der 9. Klasse mit dem sehr beliebten Wahlfach gestartet werden. «Es gehört zu unseren Alltagskompetenzen und heute wird Tastaturschreiben in der 5. Klasse angeboten», weiss Christine Bernhard. Mit dem neuen Lehrplan 21 kam sie im Unterricht auch in die Schulzimmer, war dadurch auch näher beim ganzen Team der Lehrpersonen und hat dieses gute Miteinander sehr geschätzt. In vielen Bereichen werden heute im Unterricht Grundlagen für die Alltagskompetenzen geschaffen. «Es ist schön zu sehen, wenn in der 9. Klasse diese alle zusammenkommen, wenn die Schülerinnen und Schüler profitieren können», sagt Christine Bernhard. So werden dann auch Themen behandelt, wie mache ich ein Budget oder wie wirkt sich unser Konsum im Blick auf die Weltlage aus.

Schülerball und Lagerköchin
Immer wieder hat sich Christine Bernhard auch bei besonderen Anlässen oder Events in den Schulen Huttwil engagiert. Mit dem Fachkollegium hat sie während einigen Jahren am Schülerball ein Galadinner organisiert und zubereitet. Am 150-Jahr-Jubiläum der Schule Hofmatt war sie verantwortlich für die Planung und Organisation der gesamten Verpflegung, dies war eine echte Herausforderung. «Ich bin auch eine begeisterte Lagerköchin. In vielen Skilagern und Landschulwochen kochte ich für die ganze Schar, was viel Freude gemacht hat, auch wenn es manchmal streng war. Die Kontakte zu meinen Schülerinnen und Schülern wurden aber dadurch sehr positiv
beeinflusst», erinnert sich Christine Bernhard mit einem Strahlen im
Gesicht. 

«Alltagsstark – ein schönes Wort»
Als der Schulleiter beim Klassenabschluss in der Pausenhalle fragte, wer alles bei Christine Bernhard kochen gelernt habe, hat ein gutes Drittel der 200 Anwesenden die Hand gehoben. «Früher gab es den Begriff «alltagsstark» im hauswirtschaftlichen Unterricht, dies ist ein schönes Wort. Ich durfte in all den Jahren unzählige Menschen im Bereich der Alltagskompetenzen stärken», erkennt Christine Bernhard dankbar. Dabei hat sie auch festgestellt, dass durch ihre vielseitige Tätigkeit ganze Familien bei ihr in irgendeiner Form waren. Die Kinder im Unterricht, der Vater im Männer kochen, die Mutter im Sportkurs und mit der Grossmutter war sie selber in der Schule. «Eine lange und schöne Zeit war es», sagt Christine Bernhard.

Ernährung, Bewegung, Entspannung
Immer wieder neu anpassen und immer aktuell bleiben, war und ist das Motto, welches Christine Bernhard lebt. Damit hat sie sich ihre Zufriedenheit und positive Lebenseinstellung im Alltag erhalten. Berufsbegleitend hat sie in einer dreijährigen Lehrzeit die Ausbildung zur Atem- und Bewegungs-Pädagogin gemacht. Ebenfalls ist sie auch Pilates Trainerin. «Die Ernährung war tägliches Handwerk, die Bewegung bildete in meinem Leben schon früh einen Mittelpunkt, aber die Entspannung musste ich lernen», weiss Christine Bernhard. So hat sie nun schon seit vielen Jahren und wird auch in Zukunft Kurse für Erwachsene anbieten, welche etwas für ihre Gesundheit und Beweglichkeit tun wollen. «Ich will im Gesundheitsbereich tätig sein und werde im Herbst wieder eine Weiterbildung machen. Diese kann ich nun ohne Schulalltag voll geniessen», weiss Christine Bernhard. Mit allen Sinnen dabei zu sein und es schön zu haben, ist ihre Devise für die kommende Zeit. Christine Bernhard freut sich, vermehrt Kontakte pflegen zu können oder kleine Dinge zu entdecken. Aber auch Rezepte anzupassen, neue zu kreieren und die Gastfreundschaft zu pflegen. Ganz sicher ist aber, auch nach der Schule Huttwil wird es nicht ruhig um Christine Bernhard. Es gibt ja auch noch das geliebte Berner Oberland, wo Ruhe und Erholung, aber auch Wandern und Walken am Thunersee einfach herrlich sind. 

Von Barbara Heiniger