«Miis Vermöge isch miis Örgeli»
Sie möchte vor allem «örgele», weil’s riesigen Spass macht und um Menschen Freude zu bereiten. Doch am 25. Februar hat die 16-jährige Simona Spichiger aus Rohrbach einen Auftritt im für sie völlig ungewohnten Umfeld: Sie spielt zusammen mit Oliver Marti und Beat Mader in Nicolas Senns Sendung «Potzmusig» auf SRF 1.
Rohrbach · «Nie in meinem Leben zuvor war ich so nervös wie vor der Aufzeichnung der Sendung», sagt Simona Spichiger im Gespräch mit dem «Unter-Emmentaler». Sie, die sich sonst auch vor viel Publikum nicht scheut, frisch fröhlich mit ihrem Schwyzerörgeli zu musizieren, schwitzte im Gossauer Fernsehstudio plötzlich Bäche. «Ich dachte nur, ‹hoffentlich treffe ich bis zum Schluss alle Töne.›» Ja, natürlich, unbeschwert lächeln sollte sie auch noch. Aufatmend meint sie: «S’isch ömu guet gange.»
Der jungen Frau wurde das «Schwyzerörgele» in die Wiege gelegt. Ihre Urgrossmutter war sehr talentiert, spielte und jodelte auch im Radio; die Grossmutter übernahm das «Erbe», und auch Simonas Mutter Béatrice Spichiger spielte bis zur Gründung ihrer Familie.
Früh übt sich ...
Simona konnte kaum richtig gehen, als Mutters Örgeli schon eine riesige Faszination auf sie ausübte. Als sie etwa vierjährig war, erhielt sie ein Plastik-Örgeli; dieses bearbeitete sie bis es keinen Ton mehr von sich gab. In der ersten Klasse begann das «Stürme»: Simona wollte jetzt um jeden Preis richtig spielen lernen.
Ein Jahr noch gelang es der Lehrerin und der Mutter, sie davon zu überzeugen, dass die Finger noch zu kurz waren. In der zweiten Klasse liess sich das Mädchen aber nicht mehr vertrösten und durfte nun endlich, endlich in die Musikschule gehen und auf Mutters Schwyzerörgeli spielen.
Noch war sie zu klein, um das Örgeli sitzend auf einem Stuhl zu halten; man behalf sich auf dem Ruhebett. Mit ihren kleinen Fingerchen und der Begeisterung drückte sie die Knöpfe manchmal so tief hinein, dass sie steckenblieben. Da war dann Vater Fritz Spichiger gefragt, der das Örgeli zerlegte und den Knopf wieder löste – bis zum nächsten Mal. Weil Simona noch zu klein war, um von oben auf die Knöpfe zu blicken, tat sie dies verdreht von der Seite ... was Mutter und Grossmutter allerdings bekannt vorkam: Ähnliche Bilder, wie dasjenige von Simona sitzend auf dem Kanapee, gibt es auch in Mutters Fotoalbum aus deren Kinderzeit.
Grosses Vorbild, gleiches Örgeli
Die Freude am Örgele wuchs parallel zu ihr. Sowohl die Einzellektionen als diejenigen im Ensemble in der Musikschule Sumiswald besuchte sie mit viel Begeisterung.
Auftritte mit dem Ensemble, unter anderem am Schwingfest 2016 in Sumiswald und an einem Jodleranlass in Obergoldbach, bereiteten ihr besonderen Spass.
Und natürlich diejenigen an den «Jungmusikanten-Stubete» einmal monatlich in der «Säge» in Rinderbach oder im Restaurant Wiler, Spiezwiler. An diesen Stubeten kann kommen wer will, das Programm ist nicht definiert, gespielt wird einfach nach Lust und Laune und in der Zusammensetzung, die sich eben ergibt. «Das ist immer so toll, man kann gar nicht beschreiben wie toll», schwärmt Simona Spichiger.
Ihr grosses Vorbild ist seit Jahren der Schwyzerörgeler Christian Wyss (Mitglied der Formation «Schabernack»). So gross, dass sie am Ende der Schulzeit ihr ganzes Erspartes und das «Konf-Geld» zusammenkratzte und sich bei Wisler-Reist Örgelibau in Sumiswald ein genau gleiches Schwyzerörgeli wie Christian Wyss bauen liess. An einem Auftritt der Formation Schabernack durfte sie freudestrahlend ihr neues Örgeli einweihen. Und ebenso freudestrahlend sagt sie gegenüber dem «UE»: «Miis Vermöge isch miis Örgeli!»
Durch die Empfehlung von Christian Wyss wurde sie von SRF 1 denn auch angefragt, ob sie an einer «Potzmusig»-Sendung von Nicolas Senn teilnehmen möchte. Und ob sie das wollte! Doch die Formation «Bärnermeitschi», in welcher sie eine Weile gespielt hat, hatte sich neu zusammengesetzt.
Im Jungtalent Oliver Marti aus Spiez, der 2016 in Huttwil beim Wettbewerb Schweizer Folklorenachwuchs im Handelorgelduo Marti-Odermatt den 1. Platz in der Kategorie «Instrumental» erreicht hatte, fand sie einen begeisterten Kameraden. Für die Sendung gesellte sich auch noch der versierte Bassgeigen-Spieler Beat Mader aus Thun zu ihnen.
Weiterhin zusammen musizieren
Das Trio beschloss, auch künftig zusammen zu musizieren. Während Simona Spichiger und Oliver Marti so oft wie möglich zusammen üben – was wegen der örtlichen Distanz und den Lehrverhältnissen der beiden nicht immer einfach ist –, stösst Beat Mader jeweils erst kurz vor einem Auftritt zu ihnen. Der Name der Formation «Bärnermeitschi» ist geblieben, obwohl sich die «Meitschi» – respektive das «Meitschi» – mit der Minderheit zufrieden geben muss.
Die Aufzeichnung der Fernsehsendung war für alle drei ein grosses Erlebnis, vor allem für Simona Spichiger, die das erste Mal in einem Fernsehstudio sass. Ihre Eltern hatten einen Bus organisiert, um alle zusammen nach Gossau zu begleiten. Damit und zuweilen auch mit weiteren Fahrten helfen Béatrice und Fritz Spichiger mit, die gemeinsamen Auftritte des Trios zu ermöglichen.
«Die Aufzeichnung der Sendung war zwar anstrengend, weil ich so nervös war», blickt Simona zurück. Insgesamt sei die Atmosphäre im Studio jedoch sehr locker und vergnügt gewesen. «Aber es hat mich verunsichert, so viele Kameras vor mir zu haben. Dabei habe ich gespürt, dass das Schönste am Musizieren ist, wenn man andern Menschen damit Freude bereiten kann», stellt sie gegenüber dem «UE» fest. So möchten sie und Oliver Marti in der nächsten Zeit in einem Altersheim spielen gehen. Einfach so, für die Bewohnerinnen und Bewohner, meint Simona Spichiger.
Aber auch Wettbewerbe bleiben nicht aus; so bereitet sich das Trio gegenwärtig auf den Auftritt am 13. Eidgenössischen Jungmusikantentreffen am 11. März in Baar ZG vor.
Mit ihrer Lehre als Köchin im Inselspital Bern und ihrem aufwändigen Hobby sind die Tage der jungen Frau mehr als nur ausgefüllt, «aber guet, äs fägt», meint sie strahlend.
Gut zu wissen
«Bärnermeitschi» mit Simona Spichiger, Oliver Marti und Beat Mader in der Sendung «Potzmusig» vom Samstagabend, 25. Februar 2017, Fernsehen SRF 1. Kontakt: baernermeitschi.musik(at)gmail.com
Von Liselotte Jost-Zürcher