Mit dem Hund im Diensteinsatz
Alexandra Jost aus Rohrbach hat die Rekrutenschule als Hundeführerin Schutzhund absolviert, den Wachtmeister abverdient und bereits den ersten Wiederholungskurs auf dem Bürgenstock hinter sich gebracht. Eine Ausbildung, die sich ausgezahlt hat, denn an der diesjährigen Schweizermeisterschaft für Militär- und Diensthundeführer erreichte sie und ihr Hund Aaron mit dem dritten Rang einen Podestplatz.
Rohrbach · Seit der heute dreieinhalbjährige Malinois Rüde Aaron anfangs 2023 in das Leben von Alexandra Jost trat, sind die beiden unzertrennlich. Mit ihm zusammen hat die 22-Jährige die anspruchsvolle Ausbildung zur Militärhundeführerin Schutzhund absolviert. Obwohl sie zuvor noch nie einen eigenen Hund hatte, hatte sie durch ihren Beruf als Tierpflegerin bereits viel Erfahrung. Heute kann sie sich ein Leben ohne eigenen Hund nicht mehr vorstellen. Als sich Alexandra Jost vor etwas mehr als zwei Jahren für den freiwilligen Militärdienst entschied, kam dieser für sie nur als Hundeführerin in Frage. Bei der Rekrutierung war es aber alles andere als sicher, ob sie ihr Ziel auch erreichen konnte. «Ich musste zuerst einen Eignungstest bestehen», erzählt die junge Frau. Da es nicht von vornherein klar war, dass sie diesen Test bestehen würde, musste sie auch eine Erstfunktion angeben. «Hier habe ich Veterinär eingetragen, Hundeführer wurde als meine Zweitfunktion aufgeführt. Wenn man den Eignungstest besteht, wird die Erstfunktion gestrichen», erklärt sie den Vorgang. Der Test, der aus einer Theorieprüfung, einer sportlichen Prüfung, einer Prüfung mit einem vom Militär zur Verfügung stehenden Hund und einem Einzelgespräch mit ihren zukünftigen Vorgesetzten bestand, hatte sie jedoch mit Bravour bestanden. Danach galt es in der Rekrutenschule (RS) die ersten fünf Wochen zu überstehen. «Nach diesen fünf Wochen haben nur neun von den gesamthaft 15 Rekruten einen Hund erhalten», erinnert sich Alexandra Jost. Ihr wurde Aaron, der damals knapp zweijährige Malinois Rüde zugeteilt. «Die Hunde waren es gewohnt, dass immer wieder verschiedene Leute mit ihnen arbeiteten, man hat aber auch gemerkt, dass sie eine Bezugsperson brauchen. Dadurch habe ich zu Aaron sehr schnell eine gute Verbindung aufbauen können.» Aaron stammt aus dem ersten Wurf aus dem Zwinger von der Schweizer Armee, er kam im Wallis auf die Welt und wurde bei einer Patenfamilie ausgebildet, den letzten Schliff, damit er bereit für die Rekrutenschule war, erhielt er von Fachleuten aus dem Kompetenzzentrum Veterinärdienst und Armeetiere auf dem Waffenplatz Sand in Schönbühl.
Eine strenge Zeit
Nach der 18-wöchigen Rekrutenschule, welche Alexandra Jost im Januar 2023 startete, folgten vier Wochen Unteroffiziersschule und 19 Wochen Abverdienen des Wachtmeisters. Zwischenzeitlich konnte sie Aaron käuflich erwerben. «Ich wollte nach der RS eigentlich gar nicht weitermachen, aber ich hatte keine Wahl. Man sagte mir, wenn ich nicht unterschreibe, dann würde es jemand anderes für mich tun», erinnert sie sich. Bereut hat sie es aus heutiger Sicht dann aber doch nicht. «Es war eine lange und strenge Zeit, aber beim Abverdienen hatte ich noch sehr viel dazugelernt, man bekam Tipps zum Umgang mit den Hunden und lernte die ersten Schritte der Personalführung, die auch im zivilen Leben nützlich sein werden. Bei der Mithilfe der Rekrutenausbildung hatte ich noch sehr viele Aha-Momente.» Auch den ersten Wiederholungskurs (WK) haben die beiden schon hinter sich. «Wir waren im Juni auf dem Bürgenstock während der Ukraine-Friedenskonferenz in der Einsatzzentrale im Dorf eingeteilt und haben die Zutrittskontrollen und Patrouillen durch das Dorf gemacht.» Obwohl zum Glück nichts passiert sei, habe man den Kopf immer bei der Sache haben müssen, erwähnt Alexandra Jost. Nach einer Woche ohne Action legte sich die Trieblage von Aaron und der WK war für ihn gegen Schluss eher ein Spaziergang. Der Malinois Rüde kann aber Arbeit und Freizeit gut unterscheiden. «Ich wechsle jeweils das Halsband und die Leine, damit er genau weiss, ob wir nur spazieren gehen oder ob wir arbeiten müssen.» Zwei Mal in der Woche gehen die beiden ins Training. Am Dienstag beim Kynologischen Verein in Huttwil, am Donnerstag mit der Regionalgruppe Mittelland nach Wolfwil ins SMF-Training (Verein Schweizerischer Militärhundeführer). Ansonsten geht sie drei Mal täglich spazieren und macht regelmässig Kooperationstraining (das Kooperationstraining hilft den Hunden in Stresssituationen, entspannt zu bleiben). «Man kann aber nicht immer nur trainieren, der Hund braucht auch mal Ruhe, danach hat er wieder mehr Motivation, etwas zu machen. Vor der Schweizermeisterschaft habe ich täglich mit ihm trainiert, seither wieder zwei Mal die Woche», verrät die junge Militärhundeführerin. Aber nicht nur Aaron muss in Form bleiben, sondern auch Alexandra Jost. «Aaron wiegt 38 Kilogramm, da muss ich schon fit sein, um ihn führen zu können.»
Podestplatz an der Schweizermeisterschaft
An der diesjährigen Schweizermeisterschaft für Militär- und Diensthundeführer, die Ende September in Othmarsingen (AG) stattfand, hat für Alexandra Jost und ihren Aaron dann alles gepasst. «Wir waren als Team sehr gut, Aaron hatte eine hohe Trieblage und eine gute Führung und das Wetter war ideal.» Dabei erreichten die beiden den ausgezeichneten dritten Platz. Der Wettkampf bestand aus vier anspruchsvollen Teilprüfungen. Hervorragend schloss der Malinois-Rüde den Patrouillendienst ab. Hierbei musste er zwei – für Hund und Hundeführerin nicht sichtbar – versteckte Scheintäter mit Schutzanzug in einem 15 000 Quadratmeter grossen Gelände aufspüren. Alexandra Jost schickte ihren Hund im vorgegebenen Areal mal nach links, mal nach rechts. Sobald der erste Scheintäter gefunden war, zeigte es Aaron mit Verbellen an und vereitelte anschliessend durch Zufassen dessen Flucht. Danach machten sich die zwei auf die Suche nach dem zweiten Scheintäter. «Bei dieser Teilprüfung hat Aaron hervorragend abgeschlossen und 98 von 100 möglichen Punkten erreicht», erzählt die junge Hundeführerin stolz. Beim Horchposten ging es darum, den Hund eine Minute warten zu lassen. Nach dieser Wartezeit flüchtete plötzlich ein Scheintäter, der sich zuvor versteckt hatte. «Aaron sah zwar, in welche Richtung er flüchtete, aber nicht genau wohin», erklärt Alexandra Jost. Auch hier galt es, die Spur zielstrebig aufzunehmen, den Scheintäter zu finden, zu verbellen und die Flucht zu vereiteln. Zudem wurde die Überwachungsphase nach dem Vereiteln bewertet und wie gut der Hund abrufbar ist. Einen zweiten Täter mit einem Abwehrgegenstand bewaffnet musste Aaron angreifen, sich von dem Abwehrgegenstand nicht ablenken lassen und die Flucht sofort verhindern. Auch bei der Gebäudedurchsuchung hatte sich ein Scheintäter versteckt, den Aaron finden und verbellen musste. Einen etwas höheren Punkteabzug mussten die beiden bei der Unterordnung hinnehmen. Bei dieser Prüfung wurde unter anderem die Schussgleichgültigkeit des Hundes getestet, das Fuss laufen, das automatische Absitzen, wenn die Hundeführerin stehen bleibt, das Durchgehen einer Personengruppe oder das Tragen des Hundes über ein Hindernis. «Bei der Unterordnung haben wir 85 von 100 Punkten erreicht, da Aaron in der Grundstellung nicht abgesessen ist und bei der Schussabgabe noch ein wenig nach vorne robbte, obwohl er hätte still liegen bleiben müssen.» Woran der Fehler genau lag, kann Alexandra Jost nur vermuten. «Es kann sein, dass Aaron meine Anspannung gespürt hat, oder ich, ohne es zu merken, etwas mehr Druck auf den Hund ausgeübt habe oder vielleicht habe ich das automatische Absitzen des Hundes, wenn ich stehen bleibe, einfach zu wenig trainiert.» Möglicherweise war für Aaron aber auch nur das Gelände schwierig, weil er in einem ähnlichen zuvor den Schutzdienst absolviert hatte und danach bei der Unterordnung weder beissen konnte noch belohnt werden durfte. Noch liegen einige spannende WKs und Wettkämpfe vor dem gut eingespielten Team. Und natürlich rechnet Alexandra Jost damit, die vorgeschriebenen Diensttage zusammen mit ihrem Hund abschliessen zu können. «Wenn Aaron gegen Schluss körperlich nicht mehr mithalten kann, werde ich den Militärdienst halt ohne ihn abschliessen müssen», merkt Alexandra Jost mit einer grosse Portion Hoffnung an, dass dieser Fall nicht eintreffen wird.
Von Marion Heiniger