• Im dritten Anlauf geschafft: Der 22-jährige Madiswiler Noah Siegenthaler (Nummer 8, rechts aussen jubelnd) ist erstmals Schweizer Meister bei der Elite. · Bilder: zvg

  • Noah Siegenthaler mit dem Meisterkübel. · Bild: Christian Staehli

  • Noah Siegenthaler gibt – wie auf dem Bild im Superfinal gegen Floorball Köniz – immer vollen Einsatz.

09.05.2023
Sport

«Mit dem Titel die gute Saison gekrönt»

Der 88-fache NLA-Spieler Noah Siegenthaler aus Madiswil hat mit Wiler-Ersigen seinen ersten Meistertitel in der NLA gewonnen. Der 22-jährige Center, der neun Jahre beim UHC Black Creek Schwarzenbach gespielt hatte, erzählt im Interview über seinen bisher wichtigsten Triumph und seine Chancen betreffend der Aufnahme in die A-Nationalmannschaft.

Unihockey · Interview: Stefan Leuenberger im Gespräch mit Noah Siegenthaler, Unihockeyspieler aus Madiswil

Sie haben Ihren ersten Schweizer Meistertitel bei der Elite geschafft. Welche Bedeutung hat er in Ihrer bisherigen Laufbahn?
Ich konnte mit Wiler-Ersigen bereits in der U16, in der U18 und auch in der U21 Meistertitel feiern. Diese drei Titelgewinne beim Nachwuchs sind aber nicht zu vergleichen. Die Beachtung bei der Elite ist ein Vielfaches grösser. Gerade in den Playoffs mit der TV-Präsenz und enorm vielen Fans.

Sie stehen seit drei Saisons im NLA-Team von Rekordmeister Wiler-Ersigen. Es war zugleich Ihr dritter Superfinal um den Schweizer Meistertitel bei den Männern in Serie. Im April 2021 ging die Meisterschaft 2:3 gegen Floorball Köniz und im April 2022 1:2 gegen GC verloren. Nun, im April 2023, reichte es im Einzelspiel um die Krone gegen Floorball Köniz mit einem 3:2-Sieg nach Penaltyschiessen zum Titelgewinn.
Ich habe wirklich einen schönen Aufstieg erlebt im NLA-Team von Wiler. In der Saison 2019/20 konnte ich meine ersten drei Partien im Eliteteam bestreiten. Die erste Saison 2020/21 war eine Art Lernsaison. Ich kam nicht bei sehr vielen Spielen zum Einsatz, absolvierte meine Meisterschaftseinsätze vor allem noch im U21-Team. Meine Rolle im NLA-Team war noch sehr gering. Darum hatte mein erster Superfinal gegen Köniz auch nicht die gleiche Bedeutung wie die beiden folgenden. Die Saison 2021/22 war meine aufstrebende Spielzeit. Ich kam mehr zum Einsatz und konnte mich stetig steigern. In den Playoffs konnte ich noch einmal zulegen. Weil ich viel mehr im Team verankert war, als noch ein Jahr zuvor, schmerzte die bittere Superfinal-Niederlage gegen GC umso mehr. In der abgelaufenen Spielzeit durfte ich mehr Verantwortung übernehmen und mich als Stammspieler platzieren. In den Playoffs – gerade gegen GC – lief es mir ausgezeichnet. Meine bisher beste Saison mit dem Meistertitel zu krönen, ist natürlich genial.

Wie haben Sie das finale Spiel gegen Köniz erlebt?
Ich konnte die gesamte Woche vor dem Superfinal nicht trainieren. Mein Knie hat mir etwas Probleme bereitet. Doch gerade, weil ich den Fokus voll auf mein Knie legen musste, konnte ich die Nervosität im Hinblick auf das wichtigste Spiel der Saison etwas unterdrücken. Auf dem Spielfeld war ich dann voller Adrenalin und gewillt, den Titel zu holen. Um den Druck etwas zu senken, redete ich mir immer wieder ein, dass es sich um ein ganz normales Meisterschaftsspiel handelt.

Schwierig vor so vielen Fans. Wie nahmen Sie die Kulisse wahr? Wegen Corona fand der Superfinal 2021 vor 50 Zuschauern statt. 2022 waren 5893 Zuschauer anwesend. Nun waren es in der Stimo Arena in Kloten 7329 Fans.
Es war tatsächlich noch einmal eine Stufe lauter als beim Superfinal 2022. Ich versuchte, die Unterstützung und Energie unserer Wiler-Fanwand auf das Spielfeld zu übertragen. Schön war, dass meine Eltern und meine zwei Brüder im Publikum waren. Meine Freundin und meine Schwester waren leider verhindert.

Was ging Ihnen durch den Kopf, als nach der torlosen Verlängerung Ihr Teamkollege Tatu Väänänen im alles entscheidenden Penaltyschiessen den ersten Wiler-Versuch verschoss?
Ganz ehrlich: Ich hatte schon vor dem Penaltyschiessen ein mulmiges Gefühl. Oft hatten wir zuletzt in solchen Entscheidungen nicht das nötige Glück auf unserer Seite. Als dann Tatu den ersten Versuch nicht machte, war mein Gefühl nicht besser.

Warum sind Sie nicht zum Penaltyschiessen angetreten?
Ich bin nicht der Penaltyschütze im Team. Da hat es Spezialisten, welche dann auch angetreten sind.

Welche Funktion übernahmen Sie während dem Penaltyschiessen?
Ich konnte kaum hinschauen. Die Fingernägel waren nach dem Penaltyschiessen weg.

Die obligate Frage: Wo hängt die SM-Goldmedaille?
Momentan ist sie in meinem Nachttisch. Sie wird aber einen Ehrenplatz an unserer Medaillenwand, die wir im Elternhaus haben, erhalten.

Sind Sie der Team-Motivator bei Wiler-Ersigen?
Ich bin eher ein ruhender Pol. Ich mache meinen Job auf dem Spielfeld mit voller Energie. Neben dem Spielfeld sorge ich eher für Ruhe – oder ich mache einen Witz, der die Stimmung auflockert.

Sie sind unter Kult-Trainer Thomas Berger zum Stammspieler gewachsen. Wie schlimm war es für Sie, als er kurz vor Weihnachten 2022 wegen Unstimmigkeiten entlassen wurde?
Wir waren zum Zeitpunkt des Wechsels sportlich in unserer besten Phase. Aber teamintern hat es gebröckelt. Während den Ernstkämpfen klappte es noch. Doch in den Trainings und hinter den Kulissen hatte es einfach nicht mehr gepasst. Unter Thomas Berger bin ich zum NLA-Spieler aufgestiegen. Er hat immer auf mich gesetzt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Ich muss aber auch sagen, dass der Wechsel schliesslich absolut nachvollziehbar war.

Der langjährige Grünenmatt-Spieler und tschechische Nationalspieler Radek Sikora war seit Neujahr bis zum Superfinal für das NLA-Team zuständig. Wie kamen Sie mit ihm klar?
Ich kenne ihn bereits seit der U16. Ich hatte immer einen guten Draht zu ihm. Die Zusammenarbeit mit ihm war toll. Und wird ja auch noch anhalten, da er uns als Assistent des NLA-Teams erhalten bleibt. Dies finde ich sehr wichtig.

Nun wird Lukas Schüepp – nach vier Saisons an der Bande der NLA-Frauenequipe Skorpion Emmental – Ihr neuer Chef. Gut für Sie?
Ich hatte Lukas Schüepp bereits als Trainer in der U21-Equipe. Dort erlebte ich ihn als sehr kompetenten und kommunikativen Trainer, der einem genau sagt, was zu tun und was zu verbessern ist.

Sie gelten als Mentalitätsspieler. Was verstehen Sie selber darunter?
Es funktioniert bei mir gut, dass ich in entscheidenden Spielen meine Leistung abrufen oder sogar noch einen Gang raufschalten kann. Ich kann dadurch mein Team mitreissen und gleichzeitig den Gegner einschüchtern. Nie aufgeben, lautet meine Devise.

24 Punkte haben Sie in der Saison 2022/23 als Center erzielt. Sind Sie zufrieden damit.
Obwohl mir noch einige Punkte «geklaut», sprich anderen Spielern gutgeschrieben wurden, bin ich mit meiner Ausbeute zufrieden. Es ist noch einmal eine Steigerung zur letzten Saison. Ich bin nicht der ganz grosse Skorer. Für die Rolle, welche ich im Team inne habe, passen die Zahlen.

Bei Wiler-Ersigen haben sie sich Ihren Platz auf höchster Ebene erkämpft. Nun dürfte die A-Nationalmannschaft das grosse Ziel sein. Wie stehen aktuell Ihre Aktien?
Acht Jahre war David Jansson Trainer der A-Nati. Unter ihm hatten es junge Spieler sehr schwer, da sie kaum berücksichtigt wurden. Ich erhoffe mir natürlich, dass es unter dem neuen Trainer Johan Schönbeck, der von 2013 bis 2015 Trainer bei Wiler-Ersigen war, eine Änderung gibt. Ich probiere mich in der U23-Nati – dem wichtigsten Schaufenster – bestmöglich zu empfehlen. Dies ist aber nicht ganz so einfach, weil es in der U23-Nati keine Titelkämpfe gibt. Ich muss umso mehr schauen, dass ich bei Testspielen – wie zuletzt den zwei gut gelungenen Länderspielen gegen die A-Nati von Tschechien – glänze. Die nächsten Möglichkeiten dazu bieten sich beim Zusammenzug im Juli und den nächsten Länderspielen im September. Aber bereits im Juni wird es eine erste Selektion für die A-Nati unter Schönbeck geben. Ich bin gespannt.

Wenn Sie nicht gerade mit Unihockey beschäftigt sind – was tun Sie?
Ich werde noch einige Jahre für mein Studium an der Hochschule Pädagogische Hochschule Bern aufwenden. Zusammen mit dem Unihockey füllt es die meiste Zeit aus. Die Zeit mit meiner Freundin geniesse ich enorm. Gerne mache ich in der Band «Erratum» Musik mit meinem Wiler-Teamkollegen Michael Dudovic, mit dem ich letztes Jahr das Album «Sleepless Thoughts» herausgegeben habe. Da habe ich Cajón gespielt. Musik zu machen, ist mir sehr wichtig. Momentan basteln wir an einem Metal-Song, bei dem ich Schlagzeug spiele. Mit meinem Cou-Cousin mache ich ebenfalls regelmässig Musik. Dann habe ich zusammen mit drei Schulkollegen auch noch die Band «Lazy Buzzards». Wenn ich mit meinen Kollegen unterwegs bin, basiert dies meistens auf sportlicher Basis. Sehr gerne spiele ich mit ihnen Fussball oder Tennis. Da ich noch mit meinen Eltern und meinen Geschwistern im Elternhaus in Madiswil wohne, geniesse ich natürlich auch das Familienleben.