• Die beiden Rettungshundeführer von REDOG: links Sandra Büchel mit ihrem Viszla «Capper», rechts Adrian Blaser mit dem Flat Coated Retriver «Chasper». · Bilder: Liselotte Jost-Zürcher

03.12.2018
Oberaargau

Mit der Gewissheit, etwas Sinnvolles zu tun

An einem Vortragsabend des Samaritervereins Huttwil und Umgebung in der Mehrzweckhalle Eriswil stellte sich die Schweizerische Vereinigung REDOG vor. Adrian Blaser aus Bern und Sandra Büchel aus Worb gaben einen eindrücklichen Einblick in die Freiwilligenarbeit bei der Suche nach Vermissten oder Verschütteten.

Eriswil · Ungefähr gleich lange, nämlich seit sechs Jahren, arbeiten der Berner Gymnasiallehrer Adrian Blaser und die Sozialpädagogin Sandra Büchel für die Organisation REDOG. Sie sind zwei von schweizweit rund 650 Mitgliedern, die jährlich insgesamt rund 130 000 Freiwilligenstunden leisten und notabene ihre Ausbildung, die ihres Hundes und die Ausrüstung selbst bezahlen. Der Lohn sei, so beantwortete Sandra Büchel die Frage einer Vortragsteilnehmerin, «Freude, ein cooler Hund und die Gewissheit, etwas Sinnvolles zu tun.» Für die Ausbildung und den Einsatz von Rettungshunden eignen sich Hunde von mittlerer Grösse.
Sandra Büchel besitzt einen Viszla, Adrian Blaser einen Flat Coated Retriver, beides beliebte Rassen bei REDOG. Grundsätzlich aber sind alle Hunde fähig, die Arbeit zu erlernen: «Hundenasen sind bis heute das Beste, um Menschen zu finden», so Sandra Büchel.

Intensive Ausbildung
Die Ausbildung eines REDOG-Geländesuchhundes dauert ungefähr drei Jahre. Die Hunde werden darauf trainiert, dass sie dem Führer alles anzeigen, was mit menschlicher Witterung behaftet ist, also auch Gegenstände oder eben Personen, die sich im Gebiet aufhalten. Hat der Hund einen Gegenstand oder eine Person gefunden, zeigt er dies in der Regel mit dem «Bringsel» an. Das heisst, der Hund trägt am Halsband ein sogenanntes «Bringsel» (z. B. rundes Nylongeflecht), welches er beim Auffinden in den Fang nimmt und damit zum Führer zurückkehrt. Anschliessend zeigt der Hund seinem Führer den Weg zum Fundort. Bei allen Sucharbeiten trägt der Hund eine Kenndecke (Schabracke) in auffallender Farbe, damit er von Passanten und Jägern als Rettungshund erkannt wird. Gleichzeitig ist das Tragen der Schabracke für ihn das Zeichen, dass er nun arbeiten muss, respektive darf, denn Hunde tun dies in der Regel sehr gerne.
Die Ausbildung erfolgt in einer der zwölf Regionalgruppen unter der Leitung interner Übungsleiter und unterliegt gesamtschweizerisch denselben Ausbildungskriterien. Bevor das Hundeteam (Führer und Hund) für Einsätze aufgeboten werden kann, muss es einen Einsatztest absolvieren, der auf nationaler Ebene einmal pro Jahr durchgeführt wird.

Grosse Ansprüche an Charakter und Gesundheit
Während rund acht Stunden wird das Team im Gelände geprüft. Die Messlatten liegen hoch. Suchen im Gelände, suchen im Gebirge, der Umgang mit sehr schwierigen und teils psychisch belastenden Situationen verlangen vom Führer und vom Hund psychische und physische Stabilität, einen ausgeprägten Arbeitswillen, gute Führigkeit, Aufgeschlossenheit gegenüber Menschen und ein gutes Sozialverhalten mit Hunden. Gesundheit und gute Kondition sind Voraussetzung. Und – er darf nicht ängstlich sein. So kann es gut vorkommen, dass er sich per Helikopter mittragen lassen muss – im Heli drinnen oder draussen am Seil. Die Hundeführer/innen müssen eine hohe Einsatzbereitschaft in Bezug auf Zeitaufwand und Freiwilligeneinsätze mitbringen sowie Teamfähigkeit, Beobachtungsgabe, Durchhaltewillen, das Knowhow in Erster Hilfe und die Offenheit, sich auf neue Ausbildungsmethoden einzulassen. In der Vermisstensuche ist eine sehr gute Kondition wichtig, denn zum Gehen, Klettern und Laufen in teils unwegsamem Gelände lastet zusätzlich ein bis 17 kg schwerer Rucksack mit Wasser für den Hund (nur feuchte Nasen können gut riechen), Rettungsseilen, Helm und weiteren notwendigen Geräten auf dem Rücken der Hundeführer. Nur ein kleinerer Teil der Absolventen besteht jeweils die Prüfung.
Die Fähigkeiten aktiver Hundeteams müssen alle drei Jahre bestätigt werden, wenn der Hund neun Jahre alt ist, jährlich. Ausserdem sind die einsatzfähigen Hundeteams verpflichtet, jährlich eine offizielle Leistungskontrolle, den Eignungstest, zu absolvieren. Geländesuchhunde werden eingesetzt, um vermisste Personen – in den meisten Fällen Menschen mit Demenz, Jugendliche, die fortgelaufen sind, oder suizidgefährdete Menschen – in teils schwer zugänglichem, unübersichtlichem Gelände wie Wald, Uferzonen und voralpinem Gebiet zu suchen. Sehr dichter Bewuchs oder steiles Gelände stellen dabei kein Hindernis dar. Der Hund arbeitet weitgehend selbständig in grösserer Distanz und meist auch ausser Sicht des Hundeführers oder der Hundeführerin. So ist es möglich, grosse Gebiete in verhältnismässig kurzer Zeit abzusuchen, und dies erwiesenermassen mit fast lückenloser Zuverlässigkeit.
Speziell ausgebildete Katastrophenhunde sind dazu ausgebildet, unter Trümmern oder Geröll verschüttete Personen zu lokalisieren und dem Hundeführer oder der Hundeführerin durch Bellen und Verharren anzuzeigen. Sie arbeiten selbständig und sehr ausdauernd und lassen sich weder durch vielfältige Gerüche noch durch Lärm, Menschen oder Esswaren in ihrer Arbeit ablenken. Die Alarmierung ist rund um die Uhr über die REDOG-Notrufnummer 0844 441 144 sichergestellt. Einsatzfähige Teams sind innerhalb von zwei bis vier Stunden vor Ort. REDOG arbeitet eng mit der Polizei zusammen, wird in vielen Fällen von ihr aufgeboten. Auch Privatpersonen können REDOG alarmieren. Die Suche nach Privatpersonen ist für die Angehörigen kostenlos.
Der eindrückliche Vortrag von Adrian Blaser und Sandra Büchel wurde auf der Schulwiese mit praktischen Vorführungen verstärkt. Dabei wurde deutlich, dass Hundeführer von REDOG nicht nur sehr fit, sondern auch noch wetterhart sein müssen – auf der nassen Wiese wurde es empfindlich kalt, und dies nach nur einer knappen halben Stunde.
Bei einem Apéro konnten sich die Teilnehmenden anschliessend wieder aufwärmen. Durch den Abend führte Mirjam Wiederkehr, im Vorstand des Samaritervereins und Umgebung die Verantwortliche für Firmenkurse.

Von Liselotte Jost-Zürcher