• Spazieren im schönen Garten ist beliebt: Heidi Anliker begleitet Bewohnende.Bild: ljw

09.08.2019
Huttwil

Mit gleichem Herzblut wie am ersten Tag

Seit zehn Jahren arbeitet Heidi Anliker aus Huttwil als freiwillige Helferin im Seniorenpark Sonnegg. Hier hat sie als Koordinatorin und fleissigste aller Helferinnen die Freiwilligenarbeit aufgebaut und massgebend geprägt. Auch für sie selber ist diese Tätigkeit eine grosse Bereicherung: «Ich tue es gleich gerne wie am ersten Tag», sagt sie gegenüber dem «UE».

 

«Mir würde viel fehlen, wenn ich mein Engagement im Seniorenpark nicht hätte.» Jedesmal komme sie erfüllt nach Hause, sei einfach nur glücklich. Vor zehn Jahren fragte die Huttwilerin im damaligen Altersheim Sonnegg an, ob sie hier jemanden Freiwilligen brauchen könnten. 

Über 20 Jahre lang hatte sie zuvor ihre Eltern betreut. Nun hatte sie Kapazität, die sie zur Verfügung stellen wollte und es seither auch tut. Mit ihrer Anfrage kam sie «wie bestellt». Kurz zuvor hatten die neue Heimleiterin, Iris Schenker, und auch die damalige Leiterin Pflege und Betreuung, Judith Holzer, ihre Arbeit aufgenommen. Inzwischen ist Claudia Modugno an Judith Holzers Stelle getreten.

Schweigepflicht gilt auch für Freiwilligenarbeit

Aber – Freiwilligenarbeit ist auch eine Arbeit, nur eben eine unbezahlte. Heidi Anliker stellte sich bei Judith Holzer vor. Das war 2010. Als Freiwillige sei man nahe an den Bewohnerinnen und Bewohnern, sehe, höre und erfahre viel. Darüber sprechen aber dürfe man ausserhalb des Hauses nicht; auch für Freiwillige gelte die Schweigepflicht betreffend persönlichen Dingen. Daran dachte sie später oft. Nicht selten wird sie im Städtli angesprochen, wie es dieser oder jener Person denn gehe. «Dann sage ich jeweils: ‹Göht se go bsueche, si hätte Fröid›.» Aber leider werde daraus oftmals nichts.

Zwischen der Leitung des Seniorenparks und den beiden Frauen Holzer und Anliker entwickelte sich eine schöne, fruchtbare Zusammenarbeit. «Es waren wunderbare zehn Jahre», blickt Heidi Anliker, die im Seniorenpark oft als «unser Sonnenschein» bezeichnet wird, zurück. Viel wurde in dieser Zeit gemeinsam aufgebaut. Freiwilligen Besuche gab es damals schon, und auch die «Kafi-Stube» wurde von Freiwilligen geführt, meistens von Frauen aus dem Frauenverein. Mit der tatkräftigen Hilfe von Heidi Anliker kamen diverse Ausflüge dazu. Unter anderem jährlich auf einen Bauernhof in Wyssachen mit Zvieri und Besichtigung der Pferde, an den Huttwiler Jahrmarkt, an den Wiehnachtsmärit, in den Zirkus, wenn er in Huttwil gastiert, an die Alpabfahrt in Sumiswald und natürlich der traditionelle jährliche Tagesausflug ... 

Man muss wissen, dass dies nebst dem Organisieren der Reise oder des Ausflugs jedes Mal eine überaus komplexe Sache ist, damit alle Teilnehmenden sicher hin- und wieder zurückkommen, dass ihnen nichts fehlt, dass sie nicht überfordert werden, vor allem aber, dass sie sehr, sehr glücklich wieder ins Heim zurückkehren. «Sie sollen noch lange vom Erlebten zehren können», ist Heidi Anlikers Anspruch. 

Nebst vorlesen, spazieren, gemeinsamen Spielnachmittagen und dem Jassnachmittag kommt ihre «Bewegungs-Stunde» dazu, die sie aus eigenem Antrieb aufgezogen hat. Und die überaus beliebt ist. Gegen 20 Bewohnerinnen und Bewohner kommen regel-

mässig, warten schon die ganze Woche darauf, kommen lieber 20 Minuten zu früh als eine zu spät. Da setzt man sich in den Kreis («wir sitzen immer, damit niemand stürzt»), singt zuerst gemeinsam, bewegt sich, «tschuttet» sich gegenseitig einen Ball zu. 

Das macht allen Teilnehmenden gros-sen Spass. Wenn die Glieder von den ungewohnten Bewegungen müde werden, gibt es eine Geschichte, dann nochmals ein gemeinsames Lied. «Viel zu schnell geht diese Stunde jeweils um», strahlt Heidi Anliker. 

Für die Freiwilligenarbeit hat sie sich längst ihr eigenes «Rezeptbuch» zusammengestellt. Jede Zutat ist gleich wichtig wie die andere; keine darf fehlen: «Entweder man ist mit dem Herzen dabei, oder man befindet sich am falschen Ort», ist das oberste Credo. 

«Wir könnten noch viel mehr Freiwillige brauchen»

Und weiter: «Man muss alte Leute gerne haben; man muss Zeit haben; man muss zuhören – und die Verschwiegenheit wahren – können; man muss wissen, wie weit man kompetent ist und wo das Pflegepersonal übernimmt; man darf niemals widersprechen, sondern hat Verständnis zu zeigen und zuzureden, und man muss wissen, wie mit an Demenz erkrankten Menschen umzugehen ist. Und schlussendlich darf man keine Bezahlung erwarten, denn es ist keine bezahlte Anstellung.» Viele Menschen würden über alle diese «Zutaten» verfügen. «Aber wir könnten noch viel mehr Freiwillige brauchen», so Heidi Anliker gegenüber dem «UE». Sie sei dankbar, dass sie oft auch von ihrem Mann Ueli unterstützt werde. Insbesondere bei Transporten sei es zuweilen nötig, «das ä Maa aapackt». 

Sie kennt alle Bewohnenden persönlich. Diese kennen auch sie, warten auf ihr Kommen. «Sicher einmal pro Woche, manchmal fast jeden Tag.» Und immer nehme sie viel mit nach Hause. «Ich komme jedes Mal genau gleich gerne wie am ersten Tag.»

Gut zu wissen: Informationen für Personen, die sich für die Freiwilligenarbeit im Seniorenpark Sonnegg interessieren: Claudia Modugno, Leiterin Pflege und Betreuung, Tel. 062 962 27 44; Heidi Anliker, Tel. 079 370 23 57.

Von Liselotte Jost-Zürcher