Mit Velo neue kirchliche Wege befahren
Mit der 40 km langen Rundfahrt «Tour de Plaisir» wird die Velowegkirche Langenthal offiziell eingeweiht. Mit diesem Projekt will die Reformierte Kirche Langenthal buchstäblich per Velo neue Kirchenwege befahren und den Kontakt zur Bevölkerung intensivieren. «Die Kirche ist heute in vielen Bereichen oft weg vom Fenster, deshalb wagen wir nun den Schritt hinaus aus der Kirche zur Bevölkerung», begründet Diakon Uwe Weinhold das Projekt Velowegkirche Langenthal.
Am 23. August 2015 wurden offiziell 15 Kirchgemeinden der Reformierten Kirche Bern-Jura-Solothurn mit dem Label «Velowegkirche» ausgezeichnet. Es handelt sich dabei um gastfreundliche Kirchen, welche gewisse Kriterien erfüllen: Sie müssen an der sogenannten Herzroute liegen, tagsüber offen sein und Velotouristen etwas Besonderes bieten, wie beispielsweise einen Rastplatz vor der Kirche, trockene Räume in Kirchgemeindehäusern, Zugang zu Wasser und einem WC, aber auch Flickzeug, Pumpe und Hinweise auf Velomechaniker im Ort, die Möglichkeit, in der Stille eine Kerze anzuzünden, und, und ...
Kirche ist weg vom Fenster
In diesen Tagen ist nun auch die reformierte Kirchgemeinde Langenthal in den Kreis der noch wenigen Schweizer Velowegkirchen aufgenommen worden, notabene als erste Velowegkirche ausserhalb der Herzroute. Der Start zu diesem Projekt erfolgt noch diesen Sommer. «Dabei werden wir immer wieder mit speziellen Anlässen und Angeboten das Velofahren feiern und bewegend erfahren», erwähnt der Initiant der Langenthaler Velowegkirche, Diakon Uwe Weinhold. Den Auftakt macht am Samstag, 1. Juli, die 40 km lange Rundfahrt «Tour de Plaisir» via Herzogenbuchsee, Subingen, Deitingen, Wangen a. A., Aarwangen und zurück nach Langenthal (Start 10 Uhr, Forum Geissberg, Langenthal, keine Anmeldung nötig).
Dass sich die Reformierte Kirche Langenthal um die Aufnahme in den Kreis der Velowegkirchen bemühte, ist kein Zufall. «Velofahren ist meine Leidenschaft, seit ich denken kann», berichtet Uwe Weinhold, der seit letzten Herbst als Diakon bei der Reformierten Kirche Langenthal tätig ist. Zusammen mit seiner Frau macht er regelmässig Veloferien, zudem hat er auch schon diverse Velo-Lager für Schüler durchgeführt. Weinhold weist darauf hin, dass er mit dem klaren Auftrag angestellt worden sei, mit der Reformierten Kirche Langenthal neue Wege zu beschreiten und Neues zu versuchen.
Uwe Weinhold weiss, dass er sich auf steiniges Terrain begibt, «denn wir sind uns bewusst, dass die Kirche heute in vielen Bereichen weg vom Fenster ist», hat er erkannt. Doch man wolle künftig wieder vermehrt aus der Kirche hinaustreten und auf die Leute zugehen. Ein heikler Akt, wie Weinhold bestätigt, denn das werde nicht nur Begeisterung auslösen. «Für viele dürfte das etwas befremdend wirken und zudem bestehen bei vielen Leuten Berührungsängste, wenn sich die Kirche im öffentlichen Raum bewegt.»
Weitere Aktionen sind geplant
Doch Uwe Weinhold will das Feld nicht andern Glaubensgemeinschaften überlassen, gleichzeitig versichert er, dass man nicht das Ziel habe, zu missionieren. Vielmehr wolle man sich mit andern vernetzen, «zäme velofahre», «zäme brätle und ässe», «zäme öppis erläbe» und «neui Lüüt kennelerne».
Weinhold ist sich aber auch bewusst, dass es dazu Leute braucht, die bereit sind, sich darauf einzulassen und die Offenheit der Kirche annehmen wollen. Deshalb sei er gespannt, wie viele Personen sich am Samstag zur Rundfahrt «Tour de Plaisir» einfinden werden. Aber selbst wenn er alleine da stehen sollte, will er den eingeschlagenen Weg weitergehen. «Wir wollen uns mit dem Ist-Zustand nicht zufrieden geben, sondern aufbrechen in ein neues Kirchenzeitalter.» Er sei sich bewusst, dass er vorerst Aufbauarbeit leisten müsse. Deshalb sind zahlreiche weitere Aktionen im Rahmen des Projekts Velowegkirche geplant, darunter mehrere Velo-Träffs (6. Juli, 17. August,
19. Oktober), eine weitere Velo-Tour (13. August) sowie Velo-Film-Abende (19. September und 14. November).
Das Angebot soll zudem durch weitere Angebote ergänzt werden, beispielsweise für junge Leute und Randgruppen. Im Aufbau befindet sich auch eine Facebook-Seite, mit vielen Infos, aber auch Bildern und Erlebnisberichten der diversen Aktivitäten.
«Ideen sind sehr viele vorhanden», betont der 56-jährige Diakon Weinhold, der Aufbruchstimmung verbreitet und hofft, dass viele Leute die Angebote nutzen und auch eigene Ideen einbringen werden. «Gerade in unserem Alter ist es wichtig, mit andern Leuten etwas zu unternehmen. Dabei entsteht oft eine positive Dynamik, von der alle profitieren können.»
Von Walter Ryser