Musikschule feiert: 50 Jahre voller Klang
Die Musikschule Sumiswald wird 50 Jahre alt. Das wird gross gefeiert mit einer offiziellen Jubiläumsfeier und viel Musik. Die Besuchenden erwartet ein spannendes Jahr mit verzaubernden Musikvorträgen, musikalischen Gottesdiensten, einem Kinderjodlerchörli und einem finalen Adventsfenster mit Tanzshow.
Sumiswald · Gemeinsam musizieren, das macht man an der Musikschule Sumiswald schon seit 50 Jahren. Für Schulleiterin Renate Ritter ist es ein besonderes Jahr, dass mit vielen schönen Erinnerungen behaftet ist. «Ich bin ein Kind der ersten Stunde», verrät Renate Ritter. «Seit über 40 Jahren erlebe ich die Musikschule Sumiswald, zuerst als Schülerin, dann als Klavierlehrerin und heute als Schulleiterin.» Mit sechs Jahren nahm sie an der musikalischen Früherziehung teil und besuchte den Blockflötenunterricht. Mit acht Jahren begann sie mit dem Klavierspielen – bis heute. Darauf angesprochen, was das Jubiläumsjahr für sie bedeute, antwortet sie mit einem Zitat des amerikanischen Humoristen und Schriftstellers Sidney Joseph Perelman: «Ein Jubiläum ist eine Zeit, um die Freuden von heute, die Erinnerungen von gestern und die Hoffnung von morgen zu feiern.» Dass dabei all die grosse Arbeit der zahlreichen Lehrpersonen in den vergangenen Jahren nicht in Vergessenheit gerät, liegt ihr besonders am Herzen. Sie freut sich deshalb sehr über die Festschrift, in welcher der Dorfchronist Dieter Sigrist die Geschichte der Musikschule aufgearbeitet hat.
Grosses Programm
Neben dem gewohnten, abwechslungsreichen Jahresprogramm der Musikschule Sumiswald sind im Jubiläumsjahr zusätzlich Tage für Blas-, Streich- und Tasteninstrumente eingeplant. Etwas grösser gefeiert wird der Tag der Musik am 21. Juni, und eine gemeinsame musikalische Feier mit der Musikgesellschaft Sumiswald, welche heuer ihr 175-Jahr-Jubiläum feiert, findet am 21. September statt. Das grosse Finale bildet eine Tanzshow am 14. Dezember. Das Herzstück des Jubiläumsprogramms ist jedoch der offizielle Festakt am 4. April. Denn genau an diesem Datum wurde vor 50 Jahren die Musikschule Sumiswald gegründet. Kurzreden von namhaften Personen werden mit Musik und Gesang durch die Lehrpersonen und Tanzeinlagen der Schülerinnen und Schüler der Musikschule umrahmt. Neben den geladenen Gästen ist auch die Bevölkerung eingeladen, am offiziellen Jubiläumsfestakt teilzunehmen.
Doch bis dahin gibt es noch viel zu tun. «Die Organisation ist zwar Sache der Schulleitung, ich kann aber auf ein motiviertes Team zurückgreifen, das mich tatkräftig unterstützt», freut sich Renate Ritter. Am meisten freut sie sich aber, dass die Hauptakteure, die Lehrpersonen und ihre Schülerinnen und Schüler, mit Freuden mitziehen und ein reich ausgefülltes Jubiläumsjahr gestaltet haben.
Bewegte Geschichte
Die Geschichte der Musikschule Sumiswald begann eigentlich einiges früher als vor 50 Jahren. Bereits 1966 wurden Pläne zur Gründung einer «Vereinigung zur Förderung musikpädagogischer Bestrebungen in den Schulkreisen Sumiswald, Wasen und Umgebung» geschmiedet. Diese sperrige Bezeichnung für eine gute Idee wurde schon im Jahr darauf durch den wesentlich anschaulicheren Namen «Pro Musica» ersetzt. Die treibende Kraft in Sachen musikalischer Aus- und Weiterbildung war Erna Siegenthaler. Die diplomierte Musikpädagogin engagierte sich mit ihren Grundkursen stark in der musikalischen Früherziehung und erteilte schon in den 1950er-Jahren Klavier- und Blockflötenunterricht. Anfangs März 1967 fand eine erste öffentliche Orientierungsversammlung zur geplanten Vereinigung «Pro Musica» statt. Das Terrain für eine erfolgsversprechende Gründung wurde vom Initiativkomitee sorgfältig vorbereitet. Es wurden Statuten und Reglemente entworfen, welche im Herbst des gleichen Jahres mit den Schulen und Kirchgemeinden besprochen wurden. Bemerkenswert ist, dass schon damals ein Stipendienfonds vorgesehen war. Schliesslich war die Initiantin Erna Siegenthaler mit ihrem Team so weit: Im Mai 1968 fand eine zweite Orientierungsversammlung statt und am 6. Juli schritt man zur offiziellen Gründung von «Pro Musica, Vereinigung zur Förderung der Musikpflege». Als erster Präsident wurde Pfarrer Besmer gewählt.
Schülerzahlen steigen
In den ersten vier Jahren stieg die Zahl der Mitglieder von 19 auf 130. Im Zentrum stand die Unterrichtstätigkeit, daneben organisierte Erna Siegenthaler, die inzwischen offiziell zur Betriebsleiterin gewählt worden war, aber auch regelmässig Konzerte. Im Jahr 1972 kam es zum Zerwürfnis zwischen Betriebsleiterin und Andreas Imhof, der ein Jahr zuvor das Vereinspräsidium übernommen hatte. Die Disharmonie war nicht zu beheben, weshalb im Frühling 1973 das Präsidentenamt vorübergehend von Peter Hirsbrunner übernommen wurde. Der Sumiswalder Instrumentenbauer machte gleich Nägel mit Köpfen und schlug noch im selben Jahr die Umstrukturierung des Vereins in eine Musikschule vor. Seine Idee stiess auf offene Ohren, nicht zuletzt der Finanzen wegen. Die Zahl der «Pro Musica»-Schülerinnen und -Schüler war inzwischen auf 200 angewachsen, der Kanton richtete jedoch nur an einheitliche Musikschulen Beiträge aus. Während als Beispiel die Musikschule Burgdorf mit 250 Musikschülerinnen und -schülern 16 000 Franken jährlich erhielt, wurde «Pro Musica» lediglich mit einem «freiwilligen» Beitrag von 1000 Franken berücksichtigt. Der offizielle Schritt wurde an der Mitgliederversammlung vor 50 Jahren am 4. April 1974 gemacht. Die Schule, an der zu jener Zeit neun Lehrpersonen 199 Schüler und Schülerinnen unterrichteten, hiess von nun an «Musikschule Sumiswald-Wasen und Umgebung» und Erna Siegenthaler wurde als Vorsteherin der neu gegründeten Musikschule gewählt. Die Institution entwickelte sich erfreulich, stand aber finanziell dauernd unter Druck.
Arge Finanzlage
Im Frühling 1979 übernahm Eric Cavin das Vereinspräsidium. In seinem ersten Jahresbericht schrieb er über die «arge Finanzlage» und dass zwischenzeitlich sogar die Löhne der Lehrkräfte nicht mehr bezahlt werden konnten. Er durfte aber zum anderen festhalten, dass die Gemeinden und Kirchgemeinden reagiert hätten und der Kanton nun auch nicht mehr knausere. Eric Cavin führte 1982 (nur ein Jahr nach der Markteinführung des allerersten IBM Personal Computers) an der Musikschule die elektronische Datenverarbeitung ein. Da die Schule nicht über eigene Geräte verfügte, sprang die Paul Müller AG (heute Temmentec) ein und erledigte die Fakturierung. Erst 1988 wurde der erste Computer für die Buchhaltung angeschafft – zu einem Preis von zwölftausend Franken. Im Sommersemester 1983 zählte die Musikschule beinahe 300 Schülerinnen und Schüler und 24 Lehrpersonen.
Gegen Ende des 1980er-Jahre begann es im Gebälk der Musikschule zu knistern. Neue Besoldungsrichtlinien des Kantons, welche auch die Reisespesen der Lehrerschaft regelte, brachten die Schulen in die Bredouille: In Sumiswald zu unterrichten hiess für Lehrpersonen aus Bern, zwei unbezahlte Reisestunden in Kauf zu nehmen. Beim damals herrschenden Mangel an Lehrpersonen war das fatal. Offene Stellen zu besetzen, kosteten Erna Siegenthaler grösste Mühe. Unterdessen stand es um die Gesundheit der Schulleiterin, die sich bis zur Selbstaufgabe für die musikalische Bildung der Kinder einsetzte, nicht mehr zum Besten. Während eines Kuraufenthaltes im Sommer 1989 schrieb die unterdessen fast Siebzigjährige in einem Brief, dass sie unter anderem durch die dauernde Belastung und Sorgen geschwächt sei. Im Frühling 1990 zeichnete sich das Ende der Ära Siegenthaler ab. Die Schulleiterin erlitt einen Zusammenbruch und war fortan nicht mehr arbeitsfähig. Ende November kündigte sie ihr Amt als Schulleiterin der Musikschule Sumiswald. Fünf Jahre später verstarb sie. Im Andenken an Erna Siegenthaler kaufte die Musikschule deren Steinway-Flügel: Ein Instrument als Wertanlage – und ebenso sehr eines mit ideellem Wert für die Institution.
Per 1. August 1991 wurde der 30-jährige Christian Wili zum neuen Schulleiter gewählt. Der junge und innovative Cellolehrer lenkte die Geschicke der Musikschule für die nächsten 24 Jahre. Er war bestrebt, die Schule zu öffnen und vom reinen Unterrichtsort zu einer vielfältigen kulturellen Institution zu entwickeln. Der Ensemble-Unterricht wurden gefördert, Musizierstunden eingeführt. Schon im ersten Jahr führte Christian Wili die Musikschule aufs «internationale Parkett»: Im Juni 1992 waren während dreier Tage Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen der österreichischen Musikschule Walgau aus Nenzing in Sumiswald zu Gast. Im Jahr darauf folgte ein Gegenbesuch.
Neue Vereinspräsidentin
Im Vereinsvorstand diskutierte man über die Vor- und Nachteile eines Gemeindeverbandes als Trägerschaft der Musikschule. Der Sumiswalder Gemeinderat wollte zu diesem Zeitpunkt aber, dass Sumiswald alleinige Trägergemeinde bleibt. 70 Prozent der Schülerinnen und Schüler waren aus Sumiswald, man wollte fremden Einfluss vermeiden. 1994, anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Musikschule, wurde die Revision der Statuten in Angriff genommen. Dabei wurde die Gehaltsordnung der Berner Musikschulen dem kantonalen Lehreranstellungsgesetzt angepasst. Zu jener Zeit unterrichteten 25 Lehrpersonen 275 Schülerinnen und Schüler. Anne Marie Roesti wurde zur neuen Vereinspräsidentin gewählt. Sie leitete den Vorstand über zwanzig Jahre lang. Im Jahr 2015 verliess Schulleiter Christian Wili die Musikschule Sumiswald. Als sein Nachfolger wurde der Musikpädagoge und Klarinettist Christoph Schnyder angestellt. Bald darauf demissionierte auch Vereinspräsidentin Anne Marie Roesti. An ihre Stelle trat 2016 Christian Ritter, der bis heute dem Verein vorsteht. Christoph Schnyder hingegen zog es nach dreieinhalb Jahren bereits weiter. An seine Stelle wurde 2019 die heutige Schulleiterin Renate Ritter gewählt.
Modern und innovativ
In den vergangenen 50 Jahren hat die Musikschule Sumiswald eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen und ist heute eine moderne, innovative und kantonal anerkannte Musikschule mit einem breiten musikalischen Bildungsangebot. Über 300 Kinder, Jugendliche und Erwachsene werden zurzeit in 36 Fächern von 23 qualifizierten Lehrpersonen unterrichtet. Nach einem halben Jahrhundert ist die Musikschule Sumiswald eine Institution, die aus dem hiesigen kulturellen Geschehen nicht mehr wegzudenken ist. Sie ist durch ihre Schülerinnen und Schüler und zahlreiche Auftritte und Konzerte in allen fünf Trägergemeinden – Affoltern, Lützelflüh, Rüegsau, Sumiswald und Trachselwald – ins Ortsgeschehen eingebunden.
Von Marion Heiniger