Mystisch klingender Nordlichtzauber
In der reformierten Kirche in Herzogenbuchsee zelebrierte die Oberaargauer Brass Band (OBB) unter der musikalischen Leitung von Christoph Luchsinger eine festliche Konzertgala. Niemand ahnte, dass nur ganz wenige Tage später eine Katastrophe die Kirche heimsuchen würde.
Herzogenbuchsee · Gerade an Weihnachten durchleben Menschen unterschiedliche Stimmungsbilder, welche von der OBB in schillernden Klangfarben aufgezeigt wurden. Mit magischem Sternenglanz von Stars, einem Werk des zeitgenössischen lettischen Komponisten Eriks Esenvalds, wurde das Brass Band Weihnachtskonzert eröffnet. Ein sorgfältig zusammengestelltes Programm von Chefdirigent Christoph Luchsinger mit Impressionen aus skandinavischen Ländern versetzte die Zuhörer in weihnächtliche Stimmung, erinnerte an verschneite Landschaften und zauberhafte Farben im Norden.
Ein virtuoses Cornet-Solo eröffnete die Hymne «Vitae Lux» des norwegischen Komponisten Frode Alnaes. Lyrische Soli für Posaune und Trompete wechselten mit wohlklingenden Tutti-Passagen. Nicht fehlen duften die swingenden Klassiker im Big-Band-Sound: «Winter Wonderland» aus dem Jahr 1934 und die märchenhafte Filmmusik von «Rudolf the Red-Nosed Reindeer». Rhythmisch hervorragend getragen von den Perkussionisten, bewies die Band ihre Vielseitigkeit und stilistische Breite.
Die sinfonische Dichtung Finlandia
op. 26, gehört zu den meistgespielten Werken von Jean Sibelius und beeindruckt mit Durchschlagskraft und emotionaler Aussage. 1899 komponiert, protestiert sie gegen die Zensurverschärfungen der damaligen russischen Regierung und galt zeitweise als Finnlands Nationalhymne. Die Band interpretierte das Werk mit hoher Professionalität und Musikalität, absolut klangrein, ausdrucksstark und temporeich. Die Wechsel zwischen Solisten und Ensemble wurden mitreissend gestaltet.
Organisator Jürg Häusler hatte sich vergangenes Jahr entschieden, die Erfolgsreihe der Oberaargauer Weihnachtskonzerte unter dem Namen «Brass Band Weihnachtskonzerte» weiterzuführen. Mit der OBB konzertiert ein Klangkörper, der sich als einziges Blasorchester des Mittellands in der Höchstklasse etabliert hat und seit der Gründung 1981 als musikalische Visitenkarte der Region bezeichnet wird. Feinfühlig, kompetent und humorvoll führte Moderator Ernst Herzig durch das festliche Programm und meinte schalkhaft, dass der in Weinfelden wohnende Christoph Luchsinger die Thurgauer gut mit der Oberaar-gauer Mentalität verbinde. Der 44-jährige Chefdirigent überträgt Dynamik und Elan auf das Orchester und versteht es, die hohe Spielkultur der OBB weiterzuentwickeln.
Junger Posaunist als Gastsolist
Brillant und mit klanglicher Subtilität setzte Tobias Lang strahlende Glanzlichter auf der Posaune. Der vielfach ausgezeichnete Musiker ist seit vier Jahren stellvertretender Soloposaunist im Orchester der Oper Zürich. Seinen bisher grössten internationalen Erfolg feierte er mit dem ersten Preis am ITA Competition in Valencia.
Er spielte zwei solistische Darbietungen aus dem berühmten Concertino für Posaune op. 45 no. 7, komponiert von Lars-Erik Larsson.
Selbst anspruchsvollste Passagen meisterte Tobias Lang auf der Tenorposaune mit Souplesse und Präzision, die das Publikum mit langanhaltendem Beifall belohnte. Schlicht und einfach, gerade deshalb so berührend interpretierte der 28-Jährige «A Christian Song», diesmal auf der Altposaune, gefolgt von einer Cellosonate von Bach als Zugabe, die Tobias Lang ohne Orchesterbegleitung spielte. Ein Hörgenuss sondergleichen.
Von der Empore eröffneten warme Euphoniumklänge und die weltbekannte Dudelsackmelodie «Highland Cathe-dral» erfüllte den Raum. Ein feierlicher Moment, wenn am Ende des Weihnachtskonzertes im Kerzenschein Stille Nacht erklingt und den Weg durch die längste Nacht des Jahres erhellt.
... und dann die Katastrophe
Umsoweniger mochte jemand ahnen, dass schon bald eine Katastrophe die Kirche heimsuchen würde. An Heiligabend, nur drei Tage später, brannte der Kirchturm aus. Herunterstürzende Teile durchschlugen das Dach und beschädigten auch das Kirchenschiff (der «Unter-Emmentaler» berichtete). Niemand weiss, wann hier wieder einmal ein Konzert stattfinden wird. Noch scheinen nach dem Drama die Töne der OBB nachzuhallen ...
Von Brigitte Meier/ljw