Nach Chlouse-Obe von Insieme – wie weiter?
Der traditionelle Chlouse-Obe von Insieme Oberaargau bot rassige Musik, den Besuch des Samichlauses und ein feines Dreigang-Nachtessen. Der fehlenden Unterstützung wegen kämpft die Behinderten-Organisation aber ums Überleben.
Der Chlouse-Obe 2019 von Insieme Oberaargau im katholischen Kirchgemeindehaus in Langenthal ist geprägt von viel guter Laune. Die 122 Anwesenden – geistig Behinderte, Betreuerinnen und Betreuer – geniessen die Klänge der Vollmond-Stimmungsmusik. Als das Duo das Lied «Die Hände zum Himmel, komm lass uns fröhlich sein» singt, sind viele im Saal nicht mehr zu bremsen. Sie tanzen zum Rhythmus der Musik und singen mit. Welch wohltuender Anblick. Hans Ulrich Jau (Heimenhausen), Präsident von Insieme Oberaargau, bittet sechs Betreuerinnen nach vorne und übergibt diesen guten Feen je ein Geschenk.
Jau bremst die allgemeine Euphorie der gut gelaunten Anwesenden, indem er auf die keineswegs rosige Situation des Vereins hinweist. Insieme Oberaargau sei zum Überleben auf finanzielle Unterstützungen angewiesen und habe deshalb 117 potenzielle Geldgeber angeschrieben. 37 von ihnen hätten schriftlich geantwortet. «Wir sind nicht in der Lage, euch zu helfen» und «unsere Möglichkeiten, ihnen zu helfen, sind nicht gegeben», liest er aus Antwortschreiben vor.
Verein umbauen, nicht auflösen
«Wir vom Vorstand versuchen, Insieme Oberaargau umzubauen, unsere Vorstandsarbeiten aufzuteilen und einen tragbaren Weg zu finden», sagt Insieme-Oberaargau-Präsident Hans Ulrich Jau. «Unser Verein wird sicher nicht von heute auf morgen aufgelöst», beruhigt er die zum Chlouse-Obe Erschienenen. «Über eine allfällige Auflösung müsste ohnehin die Hauptversammlung entscheiden – nicht der Vorstand», ergänzte Hans Ulrich Jau und zeigte sich kämpferisch: «Wir wollen weiterhin eine Zukunft haben.» Für dieses Statement gibt es einen zünftigen Applaus. Jetzt betritt der rot gekleidete Samichlous den Saal – gefolgt von seinem Helfer, dem Schmutzli, der im für ihn üblichen schwarzen Gewand auftritt. Den Esel namens Guschti habe man draus-sen gelassen, weil er sich dort wohler fühle als hier drinnen im Saal. Der gutmütige Samichlous trägt ein riesiges Tagebuch mit sich. Darin seien die guten und die weniger guten Taten der Anwesenden registriert.
Mit der gelungenen musikalischen Einlage einer mutigen jungen Frau wird der Samichlous zusätzlich milde gestimmt. Als dieser fragt, ob ihm jemand ein Versli vortragen würde, melden sich gleich zwei Couragierte. Für deren Versli gibts den verdienten Applaus. Nun verteilt der Samichlous allen Anwesenden ein Chlouse-Säckli.
Wöschhafe-Chuchi im Einsatz
Für den kulinarischen Höhepunkt sorgt die von Andreas Leuenberger präsidierte Wöschhafe-Chuchi Obersteckholz, die aktuell aus zwölf Mitgliedern besteht. Die Hälfte von ihnen steht an diesem Abend für Insieme Oberaargau im Einsatz. Die versierten Hobby-Köche bekochen an diesem Traditionsanlass die Menschen mit Behinderung seit vielen Jahren. Ein Sprichwort besagt, dass viele Köche den Brei verderben würden. Dies ist bei der 1970 gegründeten Wöschhafe-Chuchi Obersteckholz nicht der Fall, denn hier profitiert man gegenseitig voneinander – und zudem wird nicht Brei zubereitet, sondern ein feines Dreigang-Menü mit einem gemischten Blattsalat, Riz Casimir mit frischen Früchten und einer feinen Schoggi-Creme zum Dessert.
Kochende Männer gesucht
Nachdem die Gäste verköstigt sind, spielt zum Abschluss des Abends erneut die Vollmond-Stimmungsmusik auf, die das Publikum mit Erfolg zum «Singen, Lachen und Lustigsein» auffordert. Gleichzeitig erledigt die Wöschhafe-Chuchi in der Küche den Abwasch. Präsident Andreas Leuenberger zieht eine positives Fazit: «Viele der Gäste kennen wir seit Jahren. Entsprechend herzlich fällt jeweils die Begrüssung aus.» Zudem würden sich die Gäste stets über den Besuch des Samichlouses freuen. Leuenberger: «Bei seinem Anblick leuchten jeweils die Augen der anwesenden Kinder und Erwachsenen. Wir freuen uns, in einem Jahr wieder für Insieme kochen zu dürfen und fordern kochende Männer auf, bei uns mitzumachen.» Den Schlusspunkt hinter den gefreut verlaufenen Chlouse-Obe setzt die Vollmond-Stimmungsmusik, die mit Genugtuung feststellt, dass ihre populäre Musik bestens ankommt.
Von Hans Mathys