Neues Asyl-Wohnheim für Minderjährige
Per 1. März 2022 werden in Rohrbach bis zu 20 unbegleitete Minderjährige ein Zuhause finden, die in der Schweiz um Asyl ersuchten. Das Wohnheim soll von Synergien mit dem Ankunftszentrum in Huttwil profitieren und vor allem einen drohenden Engpass in Punkto Wohnplätzen verhindern. Im Verlauf des Jahres könnten weitere 20 Plätze dazukommen.
Rohrbach · Im kantonalen Ankunftszentrum für unbegleitete, Minderjährige in Huttwil wird es langsam eng. Das hat einerseits damit zu tun, dass die Zahlen der vom Bund zugewiesenen Flüchtlinge seit Wochen tendenziell steigen, andererseits verbietet die derzeitige Coronasituation, dass die Kapazitäten vollständig ausgeschöpft werden. Gemeinsam führt das dazu, dass die Verantwortlichen zuletzt nach geeigneten Liegenschaften suchten, um mehr Plätze anbieten zu können.
Fündig wurde der Kanton nun in Rohrbach. Per 1. März soll dort an der Hauptstrasse ein Gebäude umfunktioniert und als Asyl-Wohnheim genutzt werden. Dies verkündete die Staatskanzlei des Kantons in einer gemeinsamen Medienmitteilung mit der Gemeinde Rohrbach in dieser Woche. Die Gemeinde selbst hatte dazu aber nicht viel zu sagen, denn, so verrät Gemeindeschreiberin Nicole Schär, die Liegenschaft gehöre nicht der Gemeinde selbst. Als Rohrbach zuletzt vom Regierungsstatthalteramt angefragt wurde, ob es entsprechende Liegenschaften anbieten könnte, musste die Nachbargemeinde Huttwils denn auch verneinen. «Natürlich stehen wir dem offen gegenüber, grundsätzlich haben wir als Gemeinde jedoch nichts dazu beigetragen, dass in Rohrbach ein solches Wohnheim öffnen kann. Die Liegenschaft gehört einer Privatperson.» Entsprechend musste der Kanton auch nicht etwa das Einverständnis Rohrbachs vor diesem Entscheid einholen.
Idealer Standort
Für die Betreiberin des Ankunftszentrums in Huttwil sowie des neuen Wohnheims in Rohrbach ist die Lage jedoch ideal. Die Nähe zu Huttwil ermöglicht es, Synergien zu nutzen, erzählt Lukas Zürcher, Co-Geschäftsleiter von der Stiftung «Zugang B». Selbstverständlich sei ein weiterer Standort ein Zusatzaufwand, zugleich biete die Nähe aber Vorteile. «Das Wohnheim wird dem Ankunftszentrum angegliedert. Das heisst, dass die Bewohner die Infrastruktur vom Ankunftszentrum nützen können. Das gilt beispielsweise für das Schulangebot, den Sportunterricht oder Freizeitangebote während Wochenenden.»
Geplant ist, dass in Rohrbach Jugendliche untergebracht werden, welche bereits länger in der Schweiz leben und sich mit dem eigenständigen Wohnen oder etwa dem Benützen des öffentlichen Verkehrs auskennen. Diese werden aber dennoch ständig betreut. «Wie in Huttwil wird auch in Rohrbach eine 24-Stunden-Betreuung sichergestellt. Wir gehen aber davon aus, dass die Jugendlichen beispielsweise den Tag hindurch in Huttwil sein werden, sodass zu dieser Zeit das Gebäude selbst nicht von unseren Angestellten ‹betreut› werden muss.» Die exakten Strukturen würden aber erst noch erarbeitet, dafür hat die Stiftung «Zugang B» noch Zeit bis im März. Dann soll das erste Gebäude an der Hauptstrasse in Rohrbach mit bis zu 20 Plätzen bezogen werden, im Verlauf des Jahres kommt ein ähnlich grosses Gebäude im Gebiet Sagiloch mit ebenfalls bis zu 20 Plätzen hinzu, sollte der Bedarf an Plätzen weiter steigen.
Betriebsdauer ist unklar
Wie lange das Wohnheim in Rohrbach betrieben wird, ist indes unklar. Im Asylbereich sei die Planung schon immer schwierig gewesen, da die Zuweisungszahlen sehr volatil seien. Corona habe die benötigte Flexibilität in der Planung nun noch vergrössert. «Es wäre an den Haaren herbeigezogen, wenn ich eine Zeitdauer nennen würde, wie lange das Wohnheim betrieben wird. Fakt ist, dass wir aktuell darauf angewiesen sind und dementsprechend am 1. März die Liegenschaft von uns benutzt und mit Bewohnern befüllt wird», erklärt Lukas Zürcher weiter. Klar sei aber auch, dass im Falle von rückläufigen Zuweisungszahlen und einer Besserung der Coronasituation eine Aufhebung der Wohnheime in Rohrbach denkbar sei.
Keine Sicherheitsgarantie
Sowieso geht die Gemeinde Rohrbach einer unbekannten, neuen Situation entgegen, sagt auch Nicole Schär. Auf die Sicherheit der Einwohner angesprochen zeigt sich die Gemeindeschreiberin zuversichtlich und realistisch zugleich. «Wir wissen noch nicht, wie präsent diese zugewiesenen Minderjährigen in unserem Dorf sein werden und wir können auch nicht einschätzen, wie sich das äussern wird. Wir gehen aber davon aus, dass diese Jugendlichen begleitet werden und hoffen entsprechend, dass es keine Probleme geben wird.»
Auf dasselbe angesprochen reagiert auch Lukas Zürcher ähnlich. Einerseits betont er, dass die Stiftung «Zugang B» und deren Mitarbeiter seit mehreren Jahren Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit unbegleiteten, Minderjährigen gesammelt hat, «deshalb wissen wir, was zu tun ist.» Eine pauschale Sicherheitsgarantie könne aber auch er nicht aussprechen. «Letztlich sind das Teenager in einer schwierigen Lebenssituation. Und in diesem Alter kann auch einmal etwas schief gehen.» Angedacht sei, wie in Huttwil, einen stetigen Austausch mit der Gemeinde und der örtlichen Polizei zu pflegen, um auf allfällige Problematiken rasch eingehen zu können. In Huttwil, wo das Ankunftszentrum im Jahr 2016 eröffnet wurde, habe sich dies bewährt. Grobe Verfehlungen seien laut Lukas Zürcher in dieser Zeit ausgeblieben.
Namenswechsel bei der Betreiberin
Nicht wenigen wird der Name Stiftung «Zugang B» unbekannt sein, viel eher bekannt dürfte die «Zentrum Bäregg GmbH» sein, die seit 2016 in Huttwil das Übergangszentrum für unbegleitete minderjährige Asylsuchende leitet. Der Name entstand damals aus dem gleichnamigen Ort: Dem in Bärau beheimateten Zentrum Bäregg, das zugleich die Heimat der Organisation ist. Weil es im physischen Zentrum Bäregg jedoch einen Betreiberwechsel gegeben hat und die Gleichnamigkeit von Örtlichkeit und Betreiberin nun zu Missverständnissen führt, hat sich die «Zentrum Bäregg GmbH» per 1. Oktober des letzten Jahres umbenannt. Abgesehen davon ist alles gleich geblieben: Die Stiftung «Zugang B» führt den Kantonsauftrag zur Betreuung von minderjährigen Asylsuchenden aus. Neben dem Ankunftszentrum in Huttwil gehören weitere Wohnheime und Wohnungen im gesamten Kanton dazu. Neu auch jenes in Rohrbach.
Von Leroy Ryser