Neujahrskonzert – Start zu einer Tradition?
Erstmals in der über 100-jährigen Geschichte des Stadttheaters Langenthal, wurden Musikliebhaber mit einem Neujahrskonzert erfreut. Dieses soll zur Tradition werden. Das Stadtorchester Langenthal und Sängerin Anne-Florence Marbot warben mit ihren Top-Leistungen dafür.
Bereits beim Betreten des Stadttheaters fiel das neue, schicke Outfit des Theaterpersonals positiv auf. Helena Morgenthaler (Gemeinderätin Ressort Kultur und Sport) lieferte bei der Begrüssung des Publikums die Fakten. Brigitte Wolf, Gattin von Theaterdirektor Reto Lang, habe diese Kleidung entworfen, die Huttwiler Colora Seta AG sei für die Realisation zuständig gewesen und habe sich zudem als Sponsorin engagiert. Dafür gab es schon mal dankbaren Applaus – wie auch für die beiden Hauptsponsoren des Stadttheaters, die Kulturstiftung der Gebäudeversicherung Bern (GVB) und die hiesige Bauunternehmung Witschi AG. «Ein gutes neues Jahr – und bis demnächst in diesem Theater», verabschiedete sich Helena Morgenthaler und überliess die Bühne dem renommierten Stadtorchester Langenthal, das am vergangenen 5. Dezember mit dem Kulturpreis 2018 der Stadt Langenthal ausgezeichnet wurde.
Dirigent und Moderator
Marcel Hirsiger, seit Januar 2016 musikalischer Leiter des 1903 gegründeten Stadtorchesters, sagte die zwölf Werke des Konzertprogramms jeweils nicht nur an, sondern lieferte – mit Witz und Humor – viel Wissenswertes darüber. Die Musikfreunde konnten sich im ersten Programmteil an diesen bekannten Werken grosser Meister erfreuen: «Sinfonia di Bologna in Re», des italienischen Komponisten Gioachino Rossini, «Florentiner Marsch» des tschechischen Komponisten Julius Fucík, Ungarischer Tanz Nr. 5 des deutschen Komponisten Johannes Brahms sowie Kompositionen zweier Franzosen: Prélude aus der Suite «L’Arlésienne Nr. 1» und Intermezzo aus «L’Arlésienne Nr. 2» von Georges Bizet sowie den Walzer «L’Estudian-tina» von Emile Waldteufel. Bestechend die Virtuosität und die ein-
fühlsame Interpretation des Stadt-
orchesters.
Sopranistin Anne-Florence Marbot
Eine Bereicherung des zweiten Musikblocks war die in Bern geborene Anne-Florence Marbot, welche die Ausbildung zur Opernsängerin am Schweizer Opernstudio in Zürich mit Auszeichnung abgeschlossen hat, Ensemble-Mitglied am Theater Biel Solothurn und am Stadttheater Bern war, international erfolgreich tätig ist und an Schweizer Sommerfestspielen willkommene Gast-Sängerin ist. Aktuell ist sie Lehrbeauftragte an der Hochschule für Künste Bern, unterrichtet Sologesang an der Musikschule Lyss und ist als freischaffende Konzert-, Lied- und Opernsängerin im In- und Ausland unterwegs.
Im Stadttheater Langenthal sang sich Anne-Florence Marbot gleich mit der Arie der Adele «Mein Herr Marquis, ein Mann wie Sie» aus der Operette «Die Fledermaus» von Johann Strauss Sohn in die Herzen des Publikums. Ein weiterer Höhepunkt folgte sogleich: Die Arie der Zerlina «Vedrai Carino» aus Mozarts Oper «Don Giovanni» – etwas vom Schönsten, das die Musikliteratur zu bieten hat. Die Sängerin entzückte weiter mit dem Walzer der Musetta «Quando m’en vo» aus der Oper «La Bohème» von Giacomo Puccini, der Arie der Lauretta aus der Oper «Gianni Schicchi» von Giacomo Puccini und der Arie der Norina «Quel guardo, il cavaliere» aus der Oper «Don Pasquale» von Gaetano Donizetti. Das symphonische Orchester verdiente sich Bestnoten mit der Polka aus der Oper «Die verkaufte Braut» von Bedrich Smetana und dem Intermezzo aus der Oper «Cavalleria Rusticana» von Pietro Mascagni. Das Stadtorchester bot zur Freude des Publikums mehrere Zugaben wie die wunderschöne, von Anne-Florence Marbot besungene «Letzte Rose» aus der Oper «Martha» von Friedrich von Flotow.
Schalk im Nacken
Zum Schluss dankte Dirigent und Moderator Marcel Hirsiger nach allen Seiten. Für ihn sei es eine Ehre, dass das Stadtorchester für dieses erste Neujahrskonzert angefragt worden sei. Dieser Auftritt habe «Lust auf mehr» gemacht.
Hirsiger sitzt der Schalk im Nacken. Bereits bei der Begrüssung hatte er das Publikum darauf aufmerksam gemacht, dass er zwei Wetten abgeschlossen habe. Die eine habe er verloren, weil im Stadttheater nur zwei Drittel der 400 Plätze besetzt waren, der Musentempel also nicht wie erhofft ausverkauft war. Ob er auch noch die zweite Wette verliere, werde sich jedoch erst am Schluss weisen. Er habe nämlich auf eine Standing Ovation gewettet.
Standing Ovation
Diesen sanften Wink verstand das Publikum sehr wohl. Kaum war der letzte Takt verklungen, standen alle blitzartig auf und deckten das Orchester sowie die Sopranistin nach dieser brillanten Vorstellung verdientermassen mit stehendem Beifall ein. «Grossartig», «nicht zu überbieten», «genial» und sogar «Weltklasse» waren nach dem Konzert einige zu Recht euphorisch ausgefallene Einschätzungen dieses unvergesslichen Neujahrskonzertes, das, so die Hoffnung aller, der Anfang einer schönen Tradition war.
Von Hans Mathys