Nicht «im kleinen Gärtli» denken
43 Jahre lang arbeitete Paul Schenk in der Clientis Bank Oberaargau, der vormaligen «Huttu-Bank». In diesem Herbst ist er in Pension gegangen, in den «Unruhestand» – auch im neuen Lebensabschnitt langweilt er sich nicht. Im Gespräch mit dem «UE» schaut er auf eine Zeit voller Veränderungen zurück.
«We me gäng im chliine Gärtli däicht isch me verlore!». Diese Worte sind das Fazit von Paul Schenk in seinem Rückblick auf 43 Jahre «Huttu-Bank», die heute eine Oberaargauer Bank ist und dies auch im Namen trägt. Der Namenswechsel habe Sinn gemacht, meint Paul Schenk. Obwohl sie in seinem Herzen immer noch die «Huttu-Bank» sei.
Der frisch Pensionierte schlug nicht von Anfang an die «Bänkler»-Karriere ein. In Eriswil aufgewachsen, absolvierte er die KV-Lehre bei Minder Brennstoffe, Huttwil. Nach der RS trat er in die Buchhaltung der damaligen «Bank in Huttwil». Das war 1975. Bald einmal hielten hier die ersten Computer Einzug – Riesendinger. Jeder benötigte beinahe den Platz eines Konzertflügels. Als Datenträger dienten die Floppy-Disks.
«Nach der Zeit mit Kugelschreiber, Schreib- und Rechenmaschine war dies ein Quantensprung.» Paul Schenk arbeitete nun nicht mehr in der Buchhaltung, sondern in der EDV.
Aus dem Hintergrund an die Front
Ein gutes Dutzend Jahre ging das Arbeitsleben ruhig weiter. In dieser Zeit eroberte das World Wide Web den gesamten Globus. Dem Trend verschloss sich auch die «Bank in Huttwil» nicht. Ende 1996 ging sie ans Netz. Damit ging der Job von Paul Schenk als EDV-Zuständiger verloren. Nur kurz dauerte glücklicherweise der Moment, dass der Vater von vier Kindern bangen musste, arbeitslos zu werden. Am Schalter der Bank wurde eine Stelle frei, die er nach einigen internen Weiterbildungen übernehmen konnte. Damit trat er hinter der Kulisse hervor an die Front. Etwas völlig Neues, aber es gefiel ihm. Dabei war ihm das Zwischenmenschliche stets sehr wichtig. «Der Wechsel war auch für mich gut.» Als Fussballtrainer beim Sportclub Huttwil und überhaupt als begeisterter Fussballer hatte er zuvor schon in der Freizeit viele Kontakte gepflegt. Das «Team-Playing» kam ihm nun auch im Beruf zugute. «Die Bedienung am Schalter ist die Visitenkarte für die Bank. Es war für mich immer massgebend, dass die Kunden einen guten Eindruck erhielten, wenn sie den Schalterraum betraten. Der erste Eindruck zählt; im Nachhinein ist er schwierig zu korrigieren.» Ebenso wichtig war es ihm, alle Leute mit der gleichen Sorgfalt und Freundlichkeit zu bedienen: «Äs het bi mir nid ä Heer gä u nächär ä Köbu.»
An der Bank-Spitze gingen die Veränderungen weiter. Mit der Ausweitung des Marktgebietes nach Langenthal überschritt sie standortmässig die Huttwiler Grenzen. «Bank in Huttwil» passte nicht mehr; das «in» wurde gestrichen. Als der Clientis-Verbund entstand, trat die «Bank Huttwil» diesem bei. Sie hiess jetzt und bis vor wenigen Jahren «Clientis Bank Huttwil». Das Institut expandierte in den folgenden Jahren quer durch den Oberaargau bis an den Jura-Südfuss. Einmal mehr wurde in der Folge der Name gewechselt. Heute heisst die Bank «Clientis Bank Oberaargau».
«Das hat Sinn gemacht», stellt Paul Schenk fest. Obwohl er mehr als ein Vierteljahrhundert lang in der «Huttu-Bank» gearbeitet hatte. «Sie ist eine Bank für den Oberaargau. Mit dem neuen Namen wird sie auch an allen Standorten so wahrgenommen, denn auf der anderen Seite der Aare ist Huttwil längst nicht mehr für jedermann ein Begriff.»
Eben – über das eigene kleine Gärtchen hinausschauen, im Herzen aber trotzdem Huttwiler bleiben.
Sein ganzes Berufsleben lang konnte Paul Schenk mit dem Velo zur Arbeit fahren. «Das ist Lebensqualität», meint er. Vor allem wenn er an die verstopften Strassen in den Städten denkt. «Bern, Zürich? Wenn ich einmal beruflich dorthin musste, wurde mir unsere Ruhe hier noch vielmehr bewusst als zuvor.»
«S’isch guet gsi», blickt er überzeugt und dankbar auf seine Berufszeit zurück. Er hat ihr trotzdem gerne «adieu» gesagt, nimmt die Krawatte nur noch selten hervor, freut sich, «ä chli ds schutte», seine Frau Annemarie Schenk in ihrem Geschäft zu unterstützen, hie und da einen YB-Match zu besuchen. Bei gutem Wetter per Velo, und nicht etwa mit einem Leichtmetall-Modell, sondern mit dem «Stahlross», dem Militär-Velo. Wenn er vom Stutz oberhalb Bolligen auf die Stadt Bern blickt, dann freut er sich schon, nach dem Match wieder heim zu fahren. «Dört nide i däm Gstungg gäng z’wohne, das müessti nid ha.»
Von Liselotte Jost-Zürcher