«Nicht nur das Geld fehlt, auch das Publikum»
Der Langenthaler Valerio Moser ist freischaffender Künstler und von Einschränkungen rund ums Coronavirus stark betroffen. Finanziell ist es für ihn ein grosser Verlust. Weniger leidet hingegen die Kreativität, denn so entstehe viel Neues.Innerhalb von zwei Wochen habe ich beinahe alle Auftritte verloren», sagt Valerio Moser, auf seine Situation angesprochen. Das heisst, keine Einkünfte mehr aus Bühnenauftritten. Für einen freischaffenden Künstler ein Horrorszenario. Trotzdem lächelt der 31-Jährige, wenn er sagt: «Eigentlich sind wir Künstler es ja gewohnt, am Existenzminimum zu leben. Ich gehe sowieso mit einem gewissen Optimismus durchs Leben.»
Der in Langenthal aufgewachsene und wohnende Valerio Moser absolvierte eine Lehre zum Informatiker, arbeitete sechs Jahre lang als Jugendarbeiter und hat an der Hochschule Luzern sozikulturelle Animation studiert. Seit vier Jahren ist er Vollzeitkünstler, wie er sagt. «Also selbständiger Kunstschaffender oder Spokenword-Autor – da gibt’s wohl viele Bezeichnungen.» Zum Beispiel Kabarettist zusammen mit Manuel Diener, oder Autor von Projekten und Erlebnisberichten zusammen mit Dominik Muheim.
Prekäre Lage betrifft alle
«Bei Anlässen, bei denen wir gebucht und die nun abgesagt wurden, suchen wir nach Lösungen. Zum Beispiel, wie wir uns online präsentieren könnten», erklärt Valerio Moser. Obwohl in erster Linie Solokünstler, spricht er meistens von «wir». «Wir Künstler haben ein grosses Netzwerk, man unterstützt sich gegenseitig», betont er. Wichtig ist ihm auch zu erwähnen, dass diejenigen auf der Bühne nur ein Teil der Kunstszene seien. «Die Kulturlokale, die Licht- und Tontechniker und alle anderen im Hintergrund sind in derselben prekären Lage.»
Neben dem finanziellen gibt es auch den künstlerischen Aspekt, der unter der Coronakrise leidet. Seit 2011 hat Moser ungezählte Workshops zu kreativem Schreiben und Performance an Schulen und in Firmen konzipiert und durchgeführt. Seit fünf Jahren organsiert er gemeinsam mit anderen in Zusammenarbeit mit der Erziehungsdirektion des Kantons Bern das Projekt Slam@School. «In diesem arbeiten wir über mehrere Wochen in Berufsschulen und Gymnasien im Kanton Bern an Texten, bis Jugendliche selbst auf die Bühne dürfen – eigentlich», erklärt er. «Wir waren mittendrin.»
Vieles geschieht nun im Netz
Die Jugendlichen haben schon viele Texte erarbeitet und können diese nun nicht präsentieren.» Auch hier sei man am Diskutieren, ob eventuell ein Vi-deodreh möglich sei. «Aber das ist nicht dasselbe, denn vieles lebt mit und vom Publikum.» Natürlich biete die moderne Technik viele Möglichkeiten, sagt Valerio Moser. Zum Beispiel hätte er an einer Preisverleihung auftreten können, die nun im Internet stattfinde und für die er voraussichtlich ein Video beitragen dürfe, um trotzdem noch ein Honorar zu bekommen. Apropos Honorar: Natürlich sei er froh, dass der Bund freischaffende Künstler unterstützen wolle, den realen Verdienstausfall durch verpasste Auftritte zu berechnen, sei aber gar nicht so einfach.
«Für viele meiner Auftritte erfolgt die Einladung kurzfristig. Es fallen also nicht nur Auftritte aus, ich habe zusätzlich immer weniger geplante Buchungen im Kalender.»
Crowdfunding als Einnahmequelle
Keinen Einfluss hat die Coronakrise auf das Buchprojekt, dass er zusammen mit Dominik Muheim realisieren will. «Die Sammlung der Reiseberichte ist schon seit einem Jahr angedacht und wird voraussichtlich Ende Jahr zustande kommen», sagt Valerio Moser. Ein Verlag sei gefunden, die Finanzierung auf gutem Wege. «Wir sind im Zeitplan.» Das Tagebuch von den Reisen, zum Beispiel über eine Kreuzfahrt mit David Hasselhoff, den Sextourismus in Thailand oder die Fondue-Weltmeisterschaft in der Schweiz, haben die beiden bereits auf Facebook veröffentlicht.
Dieses und weitere Projekte kann man finanziell unterstützen (https://steadyhq.com/de/valeriomoser).
Es sei schwierig zu sagen, was nach der Krise bleibe, sinniert Valerio Moser. Er glaubt nicht, dass der Höhepunkt schon erreicht ist. «Sicher wird der Jahresanfang 2020 im kollektiven Gedächtnis bleiben», ist er überzeugt. So wie damals nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York. Gar nicht so schlecht findet er die Reduktion aufs Notwendige. «Ich sehe an mir, wie viel unsinnige Sachen ich machte.» Auch die Arbeitswelt werde eine andere sein, glaubt er. «Viele Betriebe hatten bisher Mühe, auf flexible Arbeitsformen umzustellen. In kurzer Zeit sind aber viele Homeoffices entstanden. Die daraus gesammelten Erfahrungen werden wir auch nach Corona noch bemerken.»
Zudem hofft er, dass die Solidarität weiter bestehen bleibt. Über seine Zukunft macht er sich eh nicht zu viel Gedanken. «Ich hoffe einfach, dass ich in zehn Jahren noch immer von meiner Kunst leben kann.»
Langenthal · Innerhalb von zwei Wochen habe ich beinahe alle Auftritte verloren», sagt Valerio Moser, auf seine Situation angesprochen. Das heisst, keine Einkünfte mehr aus Bühnenauftritten. Für einen freischaffenden Künstler ein Horrorszenario. Trotzdem lächelt der 31-Jährige, wenn er sagt: «Eigentlich sind wir Künstler es ja gewohnt, am Existenzminimum zu leben. Ich gehe sowieso mit einem gewissen Optimismus durchs Leben.»
Der in Langenthal aufgewachsene und wohnende Valerio Moser absolvierte eine Lehre zum Informatiker, arbeitete sechs Jahre lang als Jugendarbeiter und hat an der Hochschule Luzern sozikulturelle Animation studiert. Seit vier Jahren ist er Vollzeitkünstler, wie er sagt. «Also selbständiger Kunstschaffender oder Spokenword-Autor – da gibt’s wohl viele Bezeichnungen.» Zum Beispiel Kabarettist zusammen mit Manuel Diener, oder Autor von Projekten und Erlebnisberichten zusammen mit Dominik Muheim.
Prekäre Lage betrifft alle
«Bei Anlässen, bei denen wir gebucht und die nun abgesagt wurden, suchen wir nach Lösungen. Zum Beispiel, wie wir uns online präsentieren könnten», erklärt Valerio Moser. Obwohl in erster Linie Solokünstler, spricht er meistens von «wir». «Wir Künstler haben ein grosses Netzwerk, man unterstützt sich gegenseitig», betont er. Wichtig ist ihm auch zu erwähnen, dass diejenigen auf der Bühne nur ein Teil der Kunstszene seien. «Die Kulturlokale, die Licht- und Tontechniker und alle anderen im Hintergrund sind in derselben prekären Lage.»
Neben dem finanziellen gibt es auch den künstlerischen Aspekt, der unter der Coronakrise leidet. Seit 2011 hat Moser ungezählte Workshops zu kreativem Schreiben und Performance an Schulen und in Firmen konzipiert und durchgeführt. Seit fünf Jahren organsiert er gemeinsam mit anderen in Zusammenarbeit mit der Erziehungsdirektion des Kantons Bern das Projekt Slam@School. «In diesem arbeiten wir über mehrere Wochen in Berufsschulen und Gymnasien im Kanton Bern an Texten, bis Jugendliche selbst auf die Bühne dürfen – eigentlich», erklärt er. «Wir waren mittendrin.»
Vieles geschieht nun im Netz
Die Jugendlichen haben schon viele Texte erarbeitet und können diese nun nicht präsentieren.» Auch hier sei man am Diskutieren, ob eventuell ein Vi-deodreh möglich sei. «Aber das ist nicht dasselbe, denn vieles lebt mit und vom Publikum.» Natürlich biete die moderne Technik viele Möglichkeiten, sagt Valerio Moser. Zum Beispiel hätte er an einer Preisverleihung auftreten können, die nun im Internet stattfinde und für die er voraussichtlich ein Video beitragen dürfe, um trotzdem noch ein Honorar zu bekommen. Apropos Honorar: Natürlich sei er froh, dass der Bund freischaffende Künstler unterstützen wolle, den realen Verdienstausfall durch verpasste Auftritte zu berechnen, sei aber gar nicht so einfach.
«Für viele meiner Auftritte erfolgt die Einladung kurzfristig. Es fallen also nicht nur Auftritte aus, ich habe zusätzlich immer weniger geplante Buchungen im Kalender.»
Crowdfunding als Einnahmequelle
Keinen Einfluss hat die Coronakrise auf das Buchprojekt, dass er zusammen mit Dominik Muheim realisieren will. «Die Sammlung der Reiseberichte ist schon seit einem Jahr angedacht und wird voraussichtlich Ende Jahr zustande kommen», sagt Valerio Moser. Ein Verlag sei gefunden, die Finanzierung auf gutem Wege. «Wir sind im Zeitplan.» Das Tagebuch von den Reisen, zum Beispiel über eine Kreuzfahrt mit David Hasselhoff, den Sextourismus in Thailand oder die Fondue-Weltmeisterschaft in der Schweiz, haben die beiden bereits auf Facebook veröffentlicht.
Dieses und weitere Projekte kann man finanziell unterstützen (https://steadyhq.com/de/valeriomoser).
Es sei schwierig zu sagen, was nach der Krise bleibe, sinniert Valerio Moser. Er glaubt nicht, dass der Höhepunkt schon erreicht ist. «Sicher wird der Jahresanfang 2020 im kollektiven Gedächtnis bleiben», ist er überzeugt. So wie damals nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York. Gar nicht so schlecht findet er die Reduktion aufs Notwendige. «Ich sehe an mir, wie viel unsinnige Sachen ich machte.» Auch die Arbeitswelt werde eine andere sein, glaubt er. «Viele Betriebe hatten bisher Mühe, auf flexible Arbeitsformen umzustellen. In kurzer Zeit sind aber viele Homeoffices entstanden. Die daraus gesammelten Erfahrungen werden wir auch nach Corona noch bemerken.»
Zudem hofft er, dass die Solidarität weiter bestehen bleibt. Über seine Zukunft macht er sich eh nicht zu viel Gedanken. «Ich hoffe einfach, dass ich in zehn Jahren noch immer von meiner Kunst leben kann.»
von Irmgard Bayard