• Brotbacken für Degustationszwecke gehört in der Mühle Kleeb keineswegs zum Tagesgeschäft. Aber wenn, dann legt die Geschäftsführerin Katja Stalder Hand an. · Bilder: ljw

  • Brotbacken für Degustationszwecke gehört in der Mühle Kleeb keineswegs zum Tagesgeschäft. · Bilder: ljw

24.05.2019
Emmental

Offene Mühle und ein kleines Jubiläum

Vor fünf Jahren hat Katja Stalder die Mühle Kleeb in Rüegsbach übernommen, einem «Geistesblitz» folgend. Es war ein guter Geist, der sie geleitet hat. Das Bewährte hat sie weitergeführt, Neues wird mit Freude von ihrem Team und ihrer Familie getragen. Am nächsten Samstag, 1. Juni, dem nationalen «Mühlentag», sind die Türen auch im Traditionsbetrieb in Rüegsbach offen.

Rüegsbach · In der Mühle Kleeb riecht es für einmal nicht nach Getreide und Mehl, sondern nach frischem Brot. Katja Stalder selbst steht am Arbeitstisch, formt Brote, schiebt sie in den Ofen. Es sind kleine Mengen, immer aus je einem Kilo der verschiedensten Kleeb-Brotbackmehle. Angehörige einer Besuchergruppe werden die knusprigen Brote am Abend degustieren dürfen.
«Es kommt eher selten vor, dass wir für Gruppen Brot backen, das würde unsere Kapazität sprengen», lacht die Geschäftsführerin hinter den schönen, herrlich duftenden Broten hervor. Aber wenn, dann packt auch die Chefin an.

«Äs het si Sinn, dass mes so macht»
Insbesondere auch, weil sie ja wissen will, wie die verschiedenen Mehle aus ihrer Mühle schmecken und wie sich diese zum Backen eignen. Die Feedbacks der Kunden seien gut, sie seien sogar hervorragend, ist sie dankbar. Und hält einen Moment inne, um über ihr kleines Jubiläum als Mühle-Kleeb-Besitzerin nachzudenken. «Äs het si Sinn, dass mes so macht.» Das erkannte Katja Stalder in den letzten fünf Jahren oft. Mit «tausend» Ideen übernahm sie auf den 1. April 2014 die Mühle Kleeb, die sie über Jahre hinweg nur als Kundin gekannt hatte. Vom Metier selbst hatte sie damals kaum eine Ahnung. Aber schon nach dem zweitägigen «Schnuppern» bei ihren Vorgängern, Ueli und Hanni Kleeb, fühlte sie sich hier zu Hause.

Neue Ideen
Schnell steckte sie mitten drin, lernte ihre eigene, aber neue Welt kennen, erfuhr, «weshalb was wie» gemacht wird. Sie konnte dabei auf ein erfah-renes Team und ebenso auf Ueli Kleeb zählen. Von ihren «tausend» Ideen kamen nach und nach einige zum Tragen. So etwa diverse Geschenkpackungen mit verschiedenen Produkten aus dem Mühlenladen, oder die extra für die Mühle Kleeb gewobene echte «Bäckerleinen» (Backtücher) und natürlich der Online-Shop. Dazu wird das bestehende Sortiment mit Spezialmehlen, Müesli, Teigwaren, Backzubehör, Kissen, Teigmaschinen und vielem mehr laufend erweitert. Ab und zu bringt auch Ueli Kleeb immer wieder kreative Vorschläge ein, die Katja Stalder dann umsetzt. «Wir haben beide voneinander profitiert, und wir tun es heute noch», sagt sie im Gespräch mit dem «Unter-Emmentaler». Fast 40 Jahre lang hatten Ueli und Hanni Kleeb die Mühle mit viel Weitsicht und Offenheit, gleichzeitig aber mit ebenso viel Traditionsbewusstsein geführt. Als Katja Stalder den Betrieb übernahm, war sie für Ueli Kleebs Wissen, Erfahrung und Kreativität dankbar (der «Unter-Emmentaler» berichtete). Er anderseits musste nie ganz von seinem Werk Abschied nehmen, durfte sich freuen, wie es blüht und mit Herzblut und Engagement weitergeführt wird.
Inzwischen konnten die Arbeitsstellen erweitert werden. Eine kaufmännische Kraft hat ihre Arbeit aufgenommen, und eben schliesst der erste lernende Müller seine Lehre ab.

Schöne Realität
Hatte Katja Stalder anfangs immer befürchtet, die «harte Realität» werde noch kommen und ihre Begeisterung dämpfen, sagte die einstige Drogistin, die zuletzt als Qualitätsmanagerin bei Swisscom gearbeitet hatte, schon bald einmal und bis heute: «Gloubet mers, äs isch aues no viu schöner aus i je dänkt hät.» Liebevoll blickt sie auf die frischen Brote. In Kursen geben ihre Fachleute das Wissen weiter, wie jedermann herrliche Brote aus Kleebs Spezialmehlen selbst backen kann.
«Es ist einfach unglaublich schön, mit einem Naturprodukt arbeiten, etwas Gutes und Wertvolles daraus machen zu können.» Wenn jeweils im Sommer die Landwirte mit dem Getreide kämen, sie dieses durch die Hände rieseln lassen könne, «dann berührt mich das einfach, und ich bekomme Hühnerhaut.» In heimischem Boden gewachsen, von den Landwirten gehegt und gepflegt und mit Liebe und Sorgfalt verarbeitet, sei Getreide etwas Unvergleichliches. Ebenso der Respekt vor der Natur, die mithelfen müsse, damit die Ernte schön und reich werde. Allerdings: «In den fünf Jahren, in welchen ich hier arbeite, hatten wir erst einmal eine ‹normale› Ernte.»
Leider auch eine sehr schlechte, nämlich diejenige, welche wegen der Nässe das Getreide habe auswachsen lassen. «Die Landwirte taten mir so leid. Aber ich suchte mit jedem Einzelnen das Gespräch, zeigte, weshalb die Körner nicht für Brotmehl taugen wür-den. Die Bauern waren trotz allem sehr verständnisvoll.»
Nun also steht das Mühlen-Team mitten in den Vorbereitungen für den Mühlentag am nächsten Samstag. Sie ist eine der teilnehmenden Mühlen in der Schweiz, welche am Samstag nach Auffahrt von 8 bis 16 Uhr ihre Türen öffnet und den Besuchern einen Blick hinter die Kulissen gewährt. Die Besucher erfahren, wie ein gutes Mehl entsteht. Kinder dürfen selbst etwas backen. Ihren Hunger werden die Besucher mit einem leckeren Bauerneintopf stillen, und für den Durst gibts Mineral, Heimiswiler Herz-Bier, Tee, Mühlikafi und Wein. Der Landfrauenverein Rüegsbach wird Backwaren und Waffeln verkaufen und die Gäste in der Festwirtschaft betreuen.

Infos
www.muehle-kleeb.ch

Liselotte Jost-Zürcher