Ohne druckauferlegende Wahnziele unterwegs
Alessandro Hunziker, Tennisspieler aus Sumiswald – Der 11-jährige Alessandro Hunziker aus Sumiswald ist der beste Schweizer Tennisspieler mit Jahrgang 2009. Das grosse Talent ist derart erfolgreich, weil es mit grosser Lockerheit und ohne druckauferlegende Wahnziele den Tennissport ausübt.
Tennis · «Ich liebe das Tennisspiel. Jeder Ballwechsel ist einzigartig. Es wird nie langweilig», schwärmt Alessandro Hunziker in höchsten Tönen von der Sportart mit dem gelben Filzball. «Ich könnte mir keine andere Sportart vorstellen.» Kollegen versuchten bereits, ihn zu einem Wechsel zum Fussball zu überreden. Vergeblich. Das Tennisblut in seinen Adern hat der aufgestellte Primarschüler vererbt bekommen. Schon ganz früh hat er seinem Vater beim Tennisspielen zugeschaut. Als Dreijähriger spielte er mit ihm oder der ebenfalls Tennis spielenden Schwester während den Zeltplatz-Ferien in Arbon.
Als Vierjähriger bereits im Tenniskurs
Bereits als Vierjähriger besuchte er seinen ersten Tenniskurs im Tennisclub Sumiswald-Wasen. Die dortige Tennislehrerin Andrea Krebser und sein Vater haben Alessandro das 1x1 des Tennisspiels mit auf den Weg gegeben. Mit seiner Begeisterung, dem Einsatzfleiss und dem Talent erzielte der Bursche mit dem spitzbübischen Blick schnell Fortschritte. Hunzikers Stärke ist das Grundlinienspiel. Der ausdauernde und nie aufgebende Spieler, der auch bei heiklen Spielsituationen ruhig bleibt, nennt den Aufschlag als seine Schwäche, «an der ich aber hart arbeite.» Netzangriffe startet er nur selten. «Ich bin einfach noch zu klein und damit leicht überlopbar», weiss Alessandro aus bitterer Erfahrung. Am liebsten spielt er auf Sand – und dann auf Hartplatz. «Wäre ich ein Tennisprofi, würde ich mich deshalb am meisten auf das French Open freuen.»
Mittlerweile tägliches Training
Den Winter hindurch spielte Alessandro in Burgdorf, weil beim Forum Sumiswald nur zwei Aussenplätze und keine Tennishalle zur Verfügung stehen. Erste kleinere Turniersiege folgten. Und damit verbesserte Alessandro Hunziker seine Klassierung stetig. Der Trainingsumfang wurde von anfänglich einem auf drei Trainings wöchentlich hochgefahren. «Nicht weil ich musste, sondern weil ich wollte. Ich könnte rund um die Uhr Tennis spielen. Es macht so grossen Spass», erklärt der mit bestechender Lockerheit auftretende Bursche. «Ich bin meinen Eltern dankbar, dass ich so oft wie möglich meinen geliebten Sport ausüben darf.» Und dies tut er mittlerweile täglich. Alessandro Hunziker besucht die Tennis Academy des einstigen Schweizer Spitzenspielers Michel Kratochvil in Ostermundigen. Von Montag bis Freitag findet täglich ein eineinhalb bis zwei Stunden dauerndes Training statt.
Eltern ermöglichen die Academy
«Ich bringe die Schule und das Training gut unter einen Hut. Es ist mir wichtig, dass ich in der Schule nicht schlecht bin. Sonst hätte ich gegenüber meinen Eltern und meiner Schwester ein schleches Gewissen.» Diese ermöglichen ihrem Sohn mit dem Besuch der Michel Kratochvil Tennis Academy eine bestmögliche Tennisfortbildung. «Die Tennisstunden werden weitgehend selber bezahlt, von Swiss Tennis erhält Alessandro je nach Leistung einen Unterstützungsbeitrag. Es ist eine sinnvolle Beschäftigung, die ihn so enorm glücklich macht», erklärt Mutter Barbara Hunziker, die als einziges Familienmitglied nicht Tennis spielt, dafür den Laufsport ausübt. Und wie sieht es mit der täglichen Reiserei aus? «Die macht uns gar nichts aus. Im Sommer können wir Baden gehen, weil sich direkt neben dem Tenniscenter das Ostermundiger Freibad befindet», lacht Angelina Hunziker, welche ihren Bruder stets an Trainings und Turniere (ca. 20 pro Jahr) begleitet. Zweimal wöchentlich kommt zum gewohnten Tennistraining noch ein stündiges Konditionstraining hinzu. An den Wochenenden spielt Alessandro – sofern er nicht an einem Turnier im Einsatz steht – mit seinem Vater oder der Schwester Tennis. Dies meist auf dem heimischen Court, wo er Mitglied des TC Sumiswald-Wasen ist.
Mit 11 Jahren der Beste im Club
76 Mitglieder des TC Sumiswald-Wasen sind derzeit klassiert. Und es ist schon etwas verrückt, dass der erst 11-jährige Alessandro Hunziker dieses Ranking anführt. Er ist R3 klassiert und die Nummer 769 in der Schweiz. Er liegt damit clubintern vor Nico Krebser (R3/Rang 1194), Sascha Kramer (R4/Rang 2244) und seinem Vater Urs Hunziker (R5/Rang 3168). «Bei kurzen Duellen bezwinge ich meinen Vater. Geht die Partie aber über mehrere Sätze, ist er noch besser», verrät Alessandro schmunzelnd. Wie stark der bescheidene Ballkünstler effektiv ist, zeigt die Tatsache, dass er in seinem Jahrgang 2009 der beste Tennisspieler der Schweiz ist. In seiner U12-Kategorie, wo über 400 Spieler klassiert sind, ist er die Nummer 5. Die vier vor ihm klassierten Spieler sind alle ein Jahr älter als er. Alessandro gehört unter anderem dem Berner Regionalkader sowie auch dem überregionalen Kader von Swiss Tennis in Biel an. Im Jahr 2021 könnte er den Sprung in das Nachwuchskader schaffen. «Ich nehme Schritt für Schritt. Mir ist völlig bewusst, dass es nur ganz wenige schaffen, im Tennis ganz nach oben zu kommen. Darum wäre es leichtsinnig, nur auf die Karte Tennis zu setzen», sagt der junge Sumiswalder besonnen. Ausserdem ist er seinen Eltern sehr dankbar, dass sie keinen ungesunden sportlichen Druck ausüben. «Da sehe und höre ich manchmal an Turnieren von Eltern meiner Gegner ganz schlimme Sachen.»
Konditor, Zoowärter oder Tennislehrer
Wie sehen denn die Berufswünsche aus? «Ich wollte immer Ninja Warrior werden. Aber dies ist ja nicht wirklich ein Beruf. Ich könnte mir vorstellen, mich als Konditor oder Zoowärter ausbilden zu lassen. Oder ich werde – und da denke ich halt wieder an meinen Sport – Tennislehrer.»
Für Alessandro Hunziker ist klar, dass er weiterhin die meisten seiner Spiele gewinnen möchte. Bisher klappte dies perfekt. Die letzte Niederlage gegen einen gleichaltrigen Spieler datiert aus dem Jahr 2017. Von den letzten 65 Spielen hat der 11-Jährige nur deren acht verloren – allesamt gegen ältere Tennistalente. Pro Jahr spielt der junge Sumiswalder um die 60 Partien. Wegen der Coronavirus-Krise dürften es 2020 etwas weniger werden. «Es ist für alle gleich. Ich respektiere die Vorschriften. Das ewige Spiel gegen die mobile Tenniswand wird aber zunehmend langweilig. Die Bälle kommen immer gleich zurück. Ich sehne mich nach einem richtigen Tennismatch.» Fit hält sich Hunziker vor allem mit Joggen und Fitnesstraining. Wenn er wieder auf den Tennisplatz zurückkehren darf, werde er aufblühen.
Auch mit 90 Jahren noch Tennis spielen
Und was passiert, wenn es einmal mit der Siegesserie nicht mehr klappen sollte, weil die Luft mit steigendem Niveau immer dünner wird? «Dann muss es so sein. Es wird mich nicht davon abhalten, weiter Tennis zu spielen. Ich möchte diesen tollen Sport auch mit 90 Jahren noch ausüben. Es geht mir nicht darum, Geld damit zu verdienen oder die Nummer 1 der Welt zu werden, weil ich weiss, dass es schon unerhört schwierig ist, sich in der Schweiz nach vorne zu kämpfen. Ich will ganz einfach Spass haben, denn Tennis zu spielen, bedeutet mir wirklich viel.»
Kurz gefragt
Roger Federer
Er ist unglaublich gut und der erfolgreichste Tennisspieler aller Zeiten.
Roger Federer Challenge
Eine ganz coole Sache. Ich habe in der Wohnung selber ein solches
Video gedreht.
Beste Tennisspielerin
Belinda Bencic.
Jalena Meyer
Sagt mir gerade nichts …
Erklärung: Jalena Meyer ist ein 13-jähriges Tennistalent aus Basel, welches mit ihren kreativen Tennisvideos zum kleinen Social-Media-Star aufsteigt.
Freundin
Habe ich keine – und noch nie eine gehabt. Ich bin noch zu jung dafür.
Facebook
Kenne ich, bin ich aber nicht dabei. Ich darf dies noch nicht, will es aber auch nicht. Ich finde, dass Facebook eher etwas für Frauen ist.
Instagram
Auch hier bin ich nicht vertreten. Wenn ich später einmal die Erlaubnis habe, würde ich eher auf «Insta» präsent sein als auf Facebook.
Handy
Habe ich eines. Aber kein Smartphone.
Lieblingsschulfach
Sport – und die Pausen.
Süssigkeiten
Mag ich sehr, Schokolade besonders.
Mehlwürmer
Diese habe ich von meinem Kollegen gratis bekommen. Ich schaue gerne zu ihnen. Ich habe auch noch
Kaninchen und Meerschweinchen
als Haustiere.
Glücksbringer
Ich reise ohne Glücksbringer an die Turniere. Früher war ein Original
SCB-Puck mein Glücksbringer.
Jahreszeit
Sommer – weil ich Baden gehen und auf Sand Tennis spielen kann.
Instrument
Keines.
Zimmeraufräumen
Nein. Das macht immer meine Mutter.
Tattoo/Piercing
Früher wollte ich ein Tattoo. Heute finde ich es doof. Es tut weh und sieht schrumplig aus, wenn man alt ist.
Frühaufsteher
Das bin ich. Am Wochenende stehe ich zwischen 7.00 und 7.30 Uhr auf.
Schwester
Ich habe meine Schwester gerne. Sie bedeutet mir sehr viel. Sie ist für mich da, hilft mir, wenn nötig, und sie begleitet mich meistens an die Tennisturniere und -trainings.
Von Stefan Leuenberger