Ohne Einsparungen geht es nicht mehr
Jetzt wird's ernst: Die Stadt Langenthal präsentierte das Budget 2022 mit einem Defizit von 5,38 Millionen Franken. Ein Betrag, der nur mit grossen Anstrengungen zustande kam, konnte doch das Defizit dank Einsparungen und Mehreinnahmen um rund drei Millionen Franken reduziert werden. Weil im Finanzhaushalt der Stadt Langenthal keine substanzielle Besserung in Sicht ist, könnte laut dem Gemeinderat ab 2023 eine Steuererhöhung von heute 1,38 auf 1,44 Einheiten drohen.
Niemand kann in Corona-Zeiten erwarten, dass Gemeinwesen rosige Finanzzahlen präsentieren. Weil die Stadt Langenthal bereits vor der Pandemie jeweils eher unerfreuliche Budget-Zahlen präsentierte, fallen diese für das Jahr 2022 noch eine Spur düsterer aus als zuletzt. Der Gemeinderat hat sich allerdings rechtzeitig darauf vorbereitet und mit Beginn der neuen Legislatur Anfang 2021 strategische Leitsätze mit finanziellen Zielsetzungen erarbeitet.
Darin wird festgehalten, dass die Stadt trotz des nach wie vor hohen Bilanzüberschusses ein abnehmendes Defizit anstrebt. So müsse künftig bei Ausgaben ab 50 000 Franken der zusätzliche Nutzen dargelegt werden. Gleichzeitig strebt man aber auch an, im Vergleich aller bernischen Gemeinden mit mindestens 15 000 Einwohnern weiterhin die günstigste Steueranlage zu haben. Weiter hat der Gemeinderat eine Zielvorgabe für die kommenden Budgets erlassen. Laut dieser dürfen die Budget-Defizite der kommenden Jahre nicht höher als 5 Millionen (2022), 4,5 (2023) und 4,0 Millionen Franken (2024 bis 2029) ausfallen. Ab 2035 sollen die Jahresrechnungen kein Defizit mehr aufweisen.
Defizit um 3 Millionen reduziert
Angesichts dieser Vorgeschichte gestaltete sich die Budget-Phase für das Jahr 2022 äusserst schwierig, wie Stadtpräsident Reto Müller bestätigte: «Die anhaltende Pandemie führt zu weiteren Unsicherheiten, so ist es kaum möglich, vorauszusagen, wie sich die Steuererträge entwickeln werden.» Klar hingegen war dem Gemeinderat, dass der erste Budget-Entwurf mit einem Defizit von 8,27 Millionen Franken weit über der eigenen Zielvorgabe lag (-5,0 Millionen Franken).
In mehreren Sitzungen und Besprechungen, bei denen sämtliche Ämter einbezogen wurden, gelang es jedoch, das Budget einigermassen auf Kurs zu bringen. Letztendlich präsentiert sich der Voranschlag 2022 der Stadt Langenthal mit einem Minus von 5,38 Millionen Franken, womit die Zielvorgabe nur knapp verfehlt wurde. «Mit Blick auf das Gesamtbudget von 107,4 Millionen Franken lässt sich die Abweichung aber vertreten», bemerkte Gemeinderat Roberto Di Nino (SVP, Ressort Finanzen).
Bis es jedoch so weit war, galt es, das Budget-Defizit um rund drei Millionen Franken zu reduzieren. Eine Herkulesaufgabe. «Bei den Massnahmen zur Defizit-Reduktion haben wir auf eine möglichst grosse Ausgewogenheit zwischen Minderausgaben und Mehreinnahmen geachtet», betonte Stadtpräsident Reto Müller. So sind im vorliegenden Budget höhere Parkgebühren vorgesehen (Mehreinnahmen von rund 0,5 Millionen Franken), höhere Strompreise (plus 200 000 Franken) und neu eine Konzessionsabgabe auf dem Bezug von Gas (plus 20 000 Franken). Aufgrund der deutlich positiveren Wirtschaftsaussichten wurde auch die Steuerertragsprognose angepasst (plus 0,84 Millionen Franken). Daneben wurde aber auch kräftig gespart, bei zahlreichen Einzelpositionen insgesamt 1,31 Millionen Franken.
Kein 1.-August-Feuerwerk mehr
So wird im kommenden Jahr auf das Abbrennen eines Feuerwerks im Anschluss an die 1.-August-Bundesfeier verzichtet, muss der Werkhof vorerst auf die Anschaffung eines neuen Salzstreuers warten, wird die Schule keine neuen Lehrmittel erhalten und entfallen die Beiträge an die freien Kulturschaffenden. Reto Müller rechtfertigt das Vorgehen: «Wir haben nicht nach dem Rasenmäher-Prinzip gekürzt, sondern jeden Posten ganz genau angeschaut und auf sein Kürzungspotenzial hin überprüft.» Auch bei der Erhöhung der Parkgebühren machte der «Stapi» klar, dass man im Vergleich mit anderen Städten über eine nach wie vor moderate Preisstruktur verfüge.
Ab 2023 droht eine Steuererhöhung
Doch damit dürfte es nicht getan sein, wie ein Blick auf den Finanzplan der kommenden Jahre zeigt. «Wenn wir die Zielvorgabe des Gemeinderates in den nächsten Jahren erreichen wollen, werden wir ab 2023 nicht um eine moderate Steuererhöhung herumkommen», gibt Roberto Di Nino den Tarif bereits jetzt bekannt. Der Gemeinderat zieht dabei eine Erhöhung von 1,38 auf 1,44 Einheiten in Betracht. Selbst bei diesem Szenario weisen die Budgets der Stadt Langenthal für die Jahre 2023 bis 2026 Defizite in der Höhe von 3,2 bis 5,8 Millionen Franken auf. Der Bilanzüberschuss wird bis dahin auf 55 Millionen Franken abgebaut sein. Schützenhilfe in seinen Bemühungen erhält der Gemeinderat von Thilo Wieczorek, Vorsteher Finanzamt der Stadt Langenthal, der darauf hinwies: «Ohne Steuererhöhung geht es ab 2023 ans Eingemachte, muss man sich überlegen, auf welche Aufgaben die Stadt künftig verzichten will.»
Schöne Aussichten, kann man da bloss sagen, weshalb Gemeinderat Di Nino unmissverständlich betonte: «Wir benötigen in Zukunft einfach mehr Einnahmen, um die zu erwartenden Budget-Defizite begrenzen zu können. Diesbezüglich sind wir auf ein gewisses wirtschaftliches Wachstum angewiesen.» Ob die Corona-Pandemie hier ebenfalls mitspielt, ist auf einem anderen, noch unveröffentlichten (Budget-)Blatt enthalten, genauso wie die Haltung der Stimmberechtigten, die das letzte Wort haben werden …
Von Walter Ryser