Parteien wollen beim Stadion «vorwärts mache»
Der SC Langenthal hat mit seinem Rückzug aus dem Stadionprojekt in der politischen Landschaft von Langenthal Staub aufge-
wirbelt. Die Parteien, die im Stadt- und Gemeinderat vertreten sind, fordern nun ein rasches Vorgehen – alle betonen aber, dass der politische Prozess wie vorgeschlagen eingehalten und der SCL zugleich an den Verhandlungstisch zurückkehren soll.
In der letzten Woche haben der SC Langenthal und die Stadt Langenthal getrennt über die aktuelle Situation beim Eisstadion-Bau im Hard und das weitere Vorgehen informiert (der «Unter-Emmentaler» berichtete). Rasch wurde bei den beiden Medienkonferenzen klar, dass sich die beiden Verhandlungsparteien in den Haaren liegen und insbesondere über das Vorgehen und die zeitliche Realisierungsfrist Uneinigkeit besteht. Der SC Langenthal hat sich deswegen aus der Planung für das neue Eisstadion zurückgezogen und damit in der politischen Landschaft von Langenthal viel Staub aufgewirbelt und Entrüstung verursacht. Während für die eine Seite der Betrachter klar ist, dass dies der einzig mögliche Weg ist, um die Verantwortlichen von Langenthal aufzuwecken, befürchten andere, dass diese trotzige Haltung viel eher kontraproduktiv wirkt. Anstatt «vorwärts mache» droht dann vielmehr ein sperrigeres Verhalten seitens der Politik.
Situation im Schoren ist unhaltbar
Wenige Stunden nach der Medienkonferenz der Stadt hat mit der SP Langenthal die erste Partei auf die getrennte Kommunikation und die Meinungsverschiedenheiten reagiert. In ihrem Communiqué schreiben sie vom grossen Verständnis, welches sie dem SC Langenthal gegenüber haben, andererseits betonen sie aber auch, dass das nun von der Stadt proklamierte Vorgehen richtig und wichtig ist. «Dieser öffentliche Raum gehört allen Bürgern von Langenthal, darum ist es wichtig, die demokratischen Spielregeln einzuhalten.» Daneben sei die Situation für den SC Langenthal, der ein nationales Aushängeschild mit exzellenter Nachwuchsförderung sei, im Schoren unhaltbar und muss entsprechend dringend gelöst werden. «In diesem Sinne fordern wir den Gemeinderat und die zuständigen Behörden auf, mit einem schlanken und zielführenden Vorgehen das Projekt voranzutreiben», heisst es in der Mitteilung weiter. Am Schluss solle dann wie üblich das Volk entscheiden.
Parteien sind sich einig
Die Nachfrage des «Unter-Emmentalers» bei den Parteien des Langenthaler Stadt- und Gemeinderates zeigt, dass sich die politischen Vereinigungen im Grundsatz einig sind. Alle befürworten den Stadionbau in Langenthal, SVP-Präsidentin Corinna Grossenbacher betont sogar, dass ihr und ihren Stadtratskollegen das Projekt sehr am Herzen liegt. «Wir unterstützen das Bauprojekt einer solchen Eisarena», betont die Stadträtin. Dass der Lead nun bei der Stadt sei, müsse nicht unbedingt schlecht sein, gerade auch um die politischen Vorgaben einzuhalten. «Wir von der SVP sind daran, Gespräche mit dem SC Langenthal zu führen. Es ist wichtig, zügig weiter zu gehen und wir sind bestrebt, zu helfen.»
Einzig die Grünen erwähnen in der Stellungnahme von Stadtrat Serge Wüthrich, dass dies in ihrem Programm unter anderem aufgrund des hohen Energieaufwands nicht zu den Kernanliegen gehört. «Es ist uns aber bewusst, dass der SCL im Schoren keine Zukunft mehr hat und dass dringend eine Lösung gefunden werden muss», formuliert Wüthrich weiter.
Noch deutlicher wird die Grünliberale Partei Oberaargau, die den Stadionneubau mittels Motion mit einem Hallenbad verbinden und vorantreiben wollte, aber scheiterte. «Wir können die Ungeduld vom SC Langenthal verstehen. Diese Situation hätte vermieden werden können», sagt Philippe Groux und bemängelt, dass die Planerei schlicht zu lange dauere. Nun gebe es nur noch eine Lösung: Zusammen reden. Ebenso wie die Grünen und die SP bittet er den SCL, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, damit ein konstruktiver, zielführender Dialog entstehen kann. Dies betont auch EVP-Präsident Mike Sigrist, ein Rückzug aus den Arbeiten sei nicht konstruktiv und der Sache nicht dienlich. Zudem könne man den Zeitverlust nicht mehr aufholen, der wegen Versäumnissen von Seiten der Poilitik verursacht wurde.
Politische Strukturen überaltert
In eine ähnliche Richtung zielt auch die FDP. Auf Anfrage bei Parteipräsident Diego Clavadetscher verweist dieser auf offensichtlich nicht zeitgemässe Strukturen in der Langenthaler Politik. Zuständigkeiten, die vor 50 Jahren noch richtig waren, müssten überdacht werden, um solche Gross-Projekte im zeitlich vernünftigen Rahmen vorantreiben zu können. «Wir haben bereits zu Beginn der Legislatur einen Vorstoss eingereicht, um die Behördenorganisation zu überprüfen», verrät Clavadetscher. «Wir müssen überlegen, welches Gremium welche Kompetenzen haben sollte. Aktuell ist der Gemeinderat wie ein Flaschenhals. Stau herrscht auch, weil dieses Milizgremium gar nicht genügend Ressourcen hat, grosse Projekte wie beispielsweise ein Eisstadion voranzutreiben.» Der FDP-Stadtrat hofft deshalb, dass dieser Eklat zumindest in diesem Punkt eine heilsame Wirkung hat und die Notwendigkeit dieser Neuorganisation auch von anderen Parteien erkannt wird.
Stadt muss nun dafür arbeiten
Gian Kämpf vom SC Langenthal begrüsst derweil diesen Fortschritt in der Langenthaler Politik und sagt: «Ich finde es gut, wenn auch die Parteien vorwärts machen wollen. Was es braucht ist nun jemand, der handelt. Es muss ein Dominostein umfallen, damit es weitergehen kann.» Der SC Langenthal habe sich zwar aus der Planung zurückgezogen, die Türen seien für die Stadt und deren Verantwortlichen aber weiterhin geöffnet. «Wir sind darauf angewiesen, dass wir ein neues Stadion erhalten. Natürlich werden wir alles dafür tun, dass dieses auch gebaut werden kann», so der Geschäftsführer der SC Langenthal AG. «Wir sind jetzt aber nicht mehr im Lead. Die Stadt wollte dies übernehmen. Deshalb muss jetzt jemand aus ihrem Kreis dafür arbeiten.» Der SCL habe dies jahrelang angeboten und zuletzt auch getan. Dass die Stadt die Federführung übernehmen will, verärgere ihn keineswegs, der Schlittschuhclub sei jedoch darauf angewiesen, dass jetzt etwas passiert. «Wir haben die positiven Signale und die Aussage von Vizestadtpräsident Markus Gfeller registriert. Wenn in sechs bis acht Jahren ein Stadion stehen würde, würden wir uns freuen.» Auch künftig seien die Türen der SC Langenthal AG offen, wer für dieses Projekt Hilfe braucht, dürfe diese beim SCL einfordern. Weiterhin braucht es aber einen ersten Schritt von der Stadt. Und diese hat sie in der Person von Stadtpräsident Reto Müller bereits bei der Medienkonferenz angekündigt: «Wir sind jetzt gefordert, das ist uns bewusst.»
Von Leroy Ryser