Reges Interesse am Windrad Grunholz
Erneuerbare Energie – ein allgegenwärtiges Thema. Seit rund zehn Jahren ist das Windradprojekt Grunholz in Eriswil am Laufen. Viele Abklärungen haben in dieser Zeit stattgefunden. Die Arbeitsgruppe Windenergie, Vertretende der Gemeinde, Philipp
Mattle vom Planungsbüro Emch + Berger und Planer des Projektes informierten die Bevölkerung in einer Mitwirkungsveran-
staltung über die Möglichkeiten, die Kosten (rund zehn Millionen Franken) und die Finanzierungsmodelle.
Eriswil · Rund 100 Personen nahmen an dem Anlass teil, der von Johann Ulrich Zehnder, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Windenergie, eröffnet wurde. «Dass wir nun seit zehn Jahren an dem Projekt dran sind, ist in einem Sinne auch positiv. Die Windenergie ist deutlich weiter als noch vor zehn Jahren», sagte er.
Grösse, Kosten und Nutzen
Christian Aebi aus der Arbeitsgruppe erläuterte die Daten zum geplanten Windrad: «Die Arbeitsgruppe prüfte verschiedene Varianten von Windrädern. Favorit ist schlussendlich ein Windrad, das technisch, bezüglich der Produktion und dem Lärm am weitesten fortgeschritten ist.» Dieses Windrad weist eine Nabenhöhe von 140 Metern auf, mit dem Rotor eine Höhe von 220 Meter. Die Kosten für dieses Windrad sind auf 9,688 Millionen Franken berechnet. Die Stromerzeugung pro Jahr beträgt das Doppelte von dem, was ganz Eriswil benötigt. Die anschliessenden Einnahmen durch den Stromverkauf haben wir mit verschiedenen Strompreisen gerechnet. Die schlechteste Variante rechnet mit 50 Franken pro MWh und würde einen Ertrag nach 25 Jahren von rund einer Million Franken hervorbringen. Die beste Variante wurde mit 150 Franken berechnet, welche nach 25 Jahren einen Ertrag von rund 14 Millionen Franken erreichen würde. Bei allen Berechnungen wurden die Betriebskosten bereits einberechnet. «Mit dieser Berechnungsvariante wäre das Windrad nach 25 Jahren amortisiert und die Gemeinde könnte gar einen Gewinn erzeugen», erklärte er den Anwesenden. Der Lärmpegel liege bei maximal 50 Dezibel. Im Vergleich dazu: Ein Atemzug eines Menschen erreicht 35 Dezibel. Selbstverständlich sei geplant, eine so leise Anlage wie möglich zu bestellen. Als Alternative habe man auch eine Variante mit Fotovoltaik (Sonnenenergie) berechnet. Total könnten 17,4 GWh produziert werden, wenn 100 Prozent der Dächer und geeigneten Fassaden in Eriswil mit Anlagen ausgerüstet wären. Das Problem sei und bleibe jedoch der Winterstrom. Dieser könne mit Fotovoltaik nicht produziert werden und müsste teuer eingekauft werden.
Umsetzung als Gemeinde
Gemeindepräsidentin Sonja Straumann stellte den Anwesenden den Plan zum Betrieb des Windrades vor. «Es ist eine grosse Investition, dennoch würden wir das Projekt gerne als Gemeinde verwirklichen, um das Mitspracherecht zu behalten. Welche Rechtsform es anschliessend haben wird, ist noch nicht definiert. Wenn wir das Windrad als Gemeinde verwirklichen können, profitieren alle davon, da wir eine Eigengebrauchsgemeinschaft wären. Was anschliessend sogar eine Steuerreduzierung bewirken könnte. Wir als Gemeinde haben nicht so viel Geld zur Verfügung. Das Kapital dazu müsste mit Banken und auch mit Privatinvestoren beschafft werden», erklärte sie. Weiter forderte sie die Anwesenden auf, den Fragebogen bezüglich des Windrades, der allen Gemeindemitgliedern zugeschickt wurde und auch auf der Internetseite der Gemeinde zur Verfügung steht, auszufüllen. Die Umfrage laufe noch bis zum 4. Juli. «Man darf dafür, aber auch dagegen sein», erklärte sie. «Wir möchten gerne wissen, was unsere Gemeinde zu dem Projekt meint, wie der Puls in der Bevölkerung ist.»
Auswirkungen Landschaft und Umwelt
Philipp Mattle vom Planungsbüro Emch + Berger stellte den Kommunalen Richtplan und die Überbauungsordnung Grunholz vor. «Der Einfluss auf die Landschaft ist ganz klar nicht wegzudiskutieren, es gibt eine Veränderung», wies er einleitend nicht vom der Hand. «Der Kanton schied ursprünglich einen Perimeter-Bereich für die möglichen Standorte des Windrades aus. Das Grunholz erwies sich als am sinnvollsten. Die Windstärke, die Zufahrtsmöglichkeit und auch das Vorhandensein einer bereits bestehenden Trafostation liessen die Wahl auf das Grunholz fallen», erklärte er. Um die Auswirkungen auf die Umwelt bezüglich Fledermäuse, Vögel und den Wald wieder auszugleichen, sind verschiedene Massnahmen geplant. So würde zum Beispiel das Windrad in der Flugzeit der Fledermäuse ausgeschaltet werden. Zudem würden Infrastrukturen für die Vögel geschaffen und weiter seien auch Hochstamm-Obstgärten geplant.
Zeitplan und Ausblick
Der Zeithorizont und das weitere Vorgehen wurde wiederum von Johann Ulrich Zehnder präsentiert. «Aufgrund der Mitwirkungsveranstaltung und der Umfrage werden wir die Unterlagen anpassen, die danach an das kantonale Amt für Gemeinden und Raumordnung zur Vorprüfung eingesandt wird. Im ersten Quartal 2023 möchten wir soweit sein, dass an einer Urnenabstimmung in der Gemeinde über den Baukredit abgestimmt werden kann. Wann das Windrad schlussendlich aufgestellt werden würde, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden.» Bevor er die Fragerunde eröffnete, erklärte er den Versammelten: «Auch wir von der Arbeitsgruppe sind Eriswiler und wir wollen das Beste für alle. Wir arbeiten nach bestem Wissen und Gewissen.»
Wenige Fragen und Diskussionen
Erstaunlicherweise gab es von den Anwesenden wenige Fragen – dies womöglich auch, weil auf der Internetseite der Gemeinde viele Fragen bereits beantwortet wurden und eingesehen werden können.
Ein Eriswiler stellte die Frage, was bei einem Blackout passieren würde. «Ja, dann bleibt es auch bei uns finster», sagte Johann Ulrich Zehnder. «Hier müssten wir anschauen, wie wir vorgehen, dass es nicht finster bleibt.» Das Thema Stromspeicher wurde angesprochen – die Kosten hierzu würden in etwa noch einmal die Kosten des Windrades bedeuten. «Die Werte der Liegenschaften sinken. Ist hier ein Fond geplant, der die Werte oder auch etwaige gesundheitliche Probleme abdecken würde?», fragte ein weiterer Anwesender. «Nein, bis jetzt nicht – aber wir nehmen die Anregung mit», erklärte Johann Ulrich Zehnder. Ein weiterer Besucher äusserte sich über die künftige Rechtsform des Windrades. «Falls es eine AG daraus geben würde, müsste die Mehrheit ganz klar bei Eriswil liegen. Wir müssen schauen, dass die Eriswiler Bürger noch ein Mitspracherecht haben und diese Mitsprache auf kurzen Wegen machbar wäre.» Dies sei ganz klar im Sinne der Gemeinde, bekam er als Antwort.
Johann Ulrich Zehnder zeigte sich im Anschluss an die Veranstaltung gegenüber dem «Unter-Emmentaler» zufrieden: «Wir sind erfreut, dass doch rund 100 Personen teilgenommen haben. Viele Fragen tauchten auch bei der vorgängigen Veranstaltung für die nächstliegenden Anwohner auf. Wir nehmen alle Fragen und Anregungen mit und werden diese so bald als möglich beantworten», sagte er.
Von Marianne Ruch