Remo Wyss ist der MühlenMaster 2022
Zum 69. Mal fand der Wettbewerb MühlenMaster statt. Der Wettbewerb, organisiert vom Deutschen Müllereiverband, fand bis anhin immer in Deutschland statt, heuer zum ersten Mal in der Schweiz. Je ein Müller aus der Schweiz und aus Österreich, eine Müllerin und neun Müller aus Deutschland traten zum Abschluss ihrer Ausbildung zum Leistungswettbewerb in der Swissmill in Zürich um den Titel MühlenMaster 2022 an. Remo Wyss aus Schmidigen-Mühleweg holte als erst vierter Schweizer den Titel.
«Der Beruf Müller ist nicht mehr allzu bekannt. Nur gerade 10 bis 20 Müllerinnen und Müller werden pro Jahr in der Deutschschweiz ausgebildet», sagt Remo Wyss. Aber wie kam er auf die Idee, Müller zu werden? «Ich wollte etwas Handwerkliches machen, den ganzen Tag am Computer zu sitzen, wäre nichts für mich. So ging ich bei der Mühle Kleeb in Rüegsbach schnuppern und später bei der UFA in Herzogenbuchsee. Da hat es mich end-gültig gepackt», erzählt er lachend. Zudem habe er gerne Maschinen und arbeite als Müller mit einem Naturprodukt, was ihm persönlich zusagt und wichtig ist.
Und so startete er die dreijährige Lehre als Futtermüller (Fachrichtung Tiernahrung) bei der UFA in Herzogen-buch-see, welche mit rund 1000 Tonnen Futter pro Tag, die das Werk verlassen, die grösste Futtermühle der Schweiz ist. Danach hängte er das Lehrjahr Müller Fachrichtung Lebensmittel bei der Beck und Cie. AG, Mühle Landshut, in Utzenstorf an. «Speziell war, dass wir als Müller Blockunterricht hatten. Die einzige Deutschschweizer Schule, die es gibt, ist in St. Gallen stationiert. Das war eine tolle Zeit, für zwei bis drei Wochen in der Schule wie in einem Internat zu sein. Für uns Lehrlinge gab das einen enormen Zusammenhalt und wir haben so sehr viel und intensiv gelernt», sagt er anerkennend. Überhaupt sagt er zu seiner Berufswahl: «Ich bin absolut happy mit meinem Job!»
MühlenMaster 2022
Die MühlenMasters finden jedes Jahr in einem anderen Mühlenbetrieb statt und dieses Jahr zum ersten Mal in der Schweiz. Sein Lehrmeister bei der Mühle Beck und Cie. AG, Mühle in Landshut, Marco Streich, war 2019 selbst Sieger an den MühlenMasters und fand, Remo Wyss solle doch teilnehmen.
Die Müllerin und die Müller mussten ihr Können am Wettbewerb an sechs Stationen beweisen, etwa in der Versuchsbäckerei, beim Farbausleser, im Labor, am Walzenstuhl und am Plansichter. «Der Wettkampf war wie eine Abschlussprüfung, nur tiefer im Detail», erzählt Remo Wyss. «Es waren sechs Posten und für jeden hatten wir 30 Minuten Zeit. Das war eher wenig.» So mussten die Teilnehmenden zeigen, wie eine Getreideannahme von Futterweizen gemacht wird oder die Walzen einstellen beim Walzenstuhl. «Eine Aufgabe bestand darin, drei vor uns stehende Brote anhand von Mehlzertifikaten zu erkennen. Also welches Brot mit welchem Mehl gemacht wurde», erklärt er weiter. Er habe sich gut gefühlt und habe einfach seine Aufgaben «gemacht». Dass er aber den Titel holen würde, hat er nicht erwartet. «Ich war sehr überrascht und habe mich dann aber enorm gefreut», sagt er strahlend. Es sei ein Titel fürs Leben, sagt er, obwohl dieser in Deutschland viel mehr bedeuten würde als hier in der Schweiz. Remo Müller holte mit diesem Sieg den Titel bereits zum vierten Mal in die Schweiz.
Beruf mit Zukunft
«Unser Ausbildner sagte uns: Ihr habt einen Beruf gewählt, den es immer geben und brauchen wird», erzählt Remo Wyss. Nur sei der Beruf halt nicht mehr so präsent und bekomme wenig Aufmerksamkeit. «Früher gab es in jedem Dorf eine Mühle, das ist heute nicht mehr so. Ebenfalls sind viele Produkte nicht mit der Herkunft der Mühle beschriftet. Und so fehlt das Bewusstsein für den Beruf ein wenig.» Dennoch ist er der Meinung, sein Ausbildner habe recht gehabt: «Den Beruf wird es immer brauchen, vielleicht modernisiert und automatisierter. Aber den Menschen selber wird es immer noch brauchen», ist er überzeugt. Ebenfalls müsse man als Müller nicht um einen Job bangen. «Die Fachkräfte sind gesucht, weshalb auch viele Müller aus Deutschland bei uns in der Schweiz arbeiten. Zudem ist es eine kleine Branche. Man kennt und hilft einander.»
Als Futtermüller produziert man Futter für die Tiere. Das fängt bei der Getreideannahme an, welche die Kontrolle des Getreides im Labor beinhaltet. Die Silos müssen bewirtschaftet, also gefüllt, geleert, geputzt und wieder gefüllt werden. Die Maschinen werden mit dem jeweiligen Rezept programmiert und dann gemischt. «Da das Futter nicht immer gleich ist, muss beim Mahlen auch immer wieder etwas angepasst werden», erzählt Remo Wyss. Was fasziniert ihn an seinem Beruf? «Man weiss nie ,was einem erwartet. Kein Tag ist wie der andere, kein Rohfutter gleich. Ich kann ausprobieren und auch etwas ‹fuschte›, also körperlich arbeiten. Das gefällt mir und macht Spass», sagt der 19-jährige Müller. In seiner Lehrzeit hat er alte und neue Mühlen kennengelernt. «Neue Mühlen sind vollautomatisch und man arbeitet mehr mit dem Kopf. Alte Mühlen fordern mehr körperliche Arbeit. Ich mag beides sehr.»
Als Obermüller durch die Welt
Seit seinem Lehrabschluss arbeitet Remo Wyss bei der Mühle Burgholz AG in Oey-Diemtigen. Unter der Woche wohnt er in Aeschi bei Spiez. Am Wochenende kommt er jeweils zurück ins Emmental zu seinen Eltern. Bald ist die Rekrutenschule ein Thema, und dann? «Ich möchte die Müllereifachschule in Stuttgart und St. Gallen als Müllerei-Techniker absolvieren und so zum Obermüller werden», sagt er ohne zu zögern. Denn er hat bereits weitere Pläne und Träume. «Ich würde gerne einmal bei Bühler AG in Uzwil als Mühlenbauer arbeiten und von dort aus in der ganzen Welt Mühlen in Betrieb nehmen.» So könnte er die Welt sehen, Neues kennenlernen und viele Erfahrungen sammeln. Remo Wyss ist kein Träumer, er ist ein Macher der weiss, was er will. Er wird seinen Weg weitergehen und sich seine Träume erarbeiten und erfüllen.
Von Marianne Ruch