Renato Cavoli: «Die Madiswiler kennen ihre Sage vorwärts und rückwärts!»
Renato Cavoli ist der kompetente, erfahrene Regisseur des historischen Madiswiler Theaterstücks «Linksmähder 2020». Im Gespräch mit dem «UE» erzählt er aus der intensiven Vorbereitungszeit im Linksmähder-Dorf. Die Aufführungen rücken näher. Heute Donnerstag, 31. Oktober, beginnt der Ticketverkauf. 16 Vorstellungen mit insgesamt 60 Mitwirkenden sind vorgesehen. Dazu gibt es Zusatzvorstellungen für geschlossene Gesellschaften. Die Premiere des «Linksmähder 2020» findet am 11. Januar 2020 statt.
Madiswil · «Wenn man älter wird, zieht es einen zu den Wurzeln zurück.» Renato Cavolis Wurzeln liegen nahe am Oberaargau. Es ist einer der Gründe, dass er sich als Regisseur beim «Linksmähder 2020» engagiert. Zudem sei für ihn mit der Regie des «Linksmähder 2020» ein Traum in Erfüllung gegangen. «Dass meine Vorgängerin Madlen Mathys mich vorgeschlagen hat, ist eine gros-se Ehre.» Im Laufe des Gesprächs mit dem «Unter-Emmentaler» zeigten sich zahlreiche Affinitäten von Renato Cavoli zur Region Oberaargau/Emmental, zur Emmentaler Schriftstellerei, zum Theater in Berner Dialekten und zum Theater überhaupt.
Vom Theatervirus angesteckt
Renato Cavoli wuchs in Sursee auf, wo er seit dem Sommer dieses Jahres wieder wohnt. Vorher war er während gut 20 Jahren in Schötz LU zu Hause. Hauptberuflich arbeitete er während über 30 Jahren als Redaktor bei verschiedenen Zeitungen, unter anderem bei der Luzerner Zeitung, der Neuen Luzerner Zeitung und beim Willisauer Bote. Parallel dazu wirkte er 36 Jahre lang als freier Mitarbeiter beim Schweizer Radio DRS (heute Radio SRF) und beim Regionaljournal Zentralschweiz von Radio SRF als Sportberichterstatter.
Vom Theatervirus wurde er durch seine Frau angesteckt, die übrigens auch der Grund dafür war, dass er in jungen Jahren weg aus dem Surental ins Luzerner Hinterland zog. Sie war aktives Mitglied und später Präsidentin in der Theatergruppe Schötz, wo ihr Mann bald einmal ebenfalls diverse Ämter versah, er allerdings eher im Hintergrund. Dann kam eines Tages die Anfrage, ob er die Regie übernehmen würde. «Wenn du es nicht machst, fällt alles auseinander», hiess es. «Ich sagte ja. Aber nur mit einem Stück, das ich in- und auswendig kenne.» Nun, mit «Hansjoggeli dr Erbvetter» suchte er damals nicht gerade das einfachste Stück aus. Doch Renato Cavoli hatte es definitiv «den Ärmel hineingezogen».
Er nahm verschiedene Ausbildungen in Angriff, darunter einen vor allem von Profis frequentierten Dramaturgiekurs. Diese Basis, aber insbesondere auch diverse Hospitanzen bei erfahrenen und tollen, leider viel zu früh verstorbenen Regiekapazitäten wie Walter «Bobby» Leupi von der TG Reiden, Daniela Lütenegger Bürgler und andere gaben ihm immer wieder neuen Schub. «Ihrer ebenso kritischen wie aufbauenden Begleitung verdanke ich sehr viel», stellt er fest.
Als treuer Gast hatte er jahrelang und immer schon mit viel Vorfreude die Theater einer der bekanntesten Laiengruppen der Schweiz, der Emmentaler Liebhaberbühne (ELB), besucht. Das war schon zu der Zeit, als die «alte Garde» mit Hausautor und Regisseur Ruedi Stalder, Greti Jakob, Hans Wittwer, Paul Born oder Elisabeth Kohler aktiv war und diese Gruppe spielend und eindrücklich prägte. So war es schlussendlich die ELB, die in ihm den Wunsch weckte, selber aktiv ins Theatergeschehen eingreifen zu können.
«Dällebach-Kari» und «Annebäbi Jowäger»
Und dies nicht erst auf der Bühne, sondern schon im Vorfeld, bevor die Schauspieler auf der Bühne standen. Renato Cavoli begann mit der Bearbeitung verschiedener Theaterstoffe. So wurde unter anderem, von ihm arrangiert, «Dällebach Kari» 1997 in Schötz uraufgeführt, später von Madlen Mathys in Solothurn übernommen und anschliessend von weiteren namhaften Regisseurinnen und Regisseuren auf verschiedenen Bühnen in der Deutschschweiz mit grossem Erfolg aufgeführt.
Eine weitere vielbeachtete Eigenbearbeitung war «Matto», nach dem Roman von Friedrich Glauser, uraufgeführt 1999 in Schötz. Bald schon wurde auch dieses Stück auf diversen Bühnen gespielt, ebenso das Freilichttheater «Die 6 Kummerbuben» (Alti Sagi in Heimenhausen) und «Die letschti Gotthardposcht» (Freilichtspiele Rütschelen auf dem «Flühli»), je unter der Regie von Madlen Mathys. Weitere bekannte Theaterstücke kamen dazu. Eines der grössten Projekte seiner Schötzer waren 2001 und 2002 die beiden Folgen 1 und 2 von «Annebäbi Jowäger».
Der Erfolg braucht wohl nicht speziell erwähnt zu werden.
Renato Cavoli wirkte indessen nicht «nur» als Bearbeiter, sondern auch als Autor von zahlreichen Kurztheatern wie «Gant ufem Guggisbärg», «Atrenket ufem Birkehof», «Raub am Hochsigstag», «S’Schwizers am Meer» und viele weitere. Seit 2006 wirkt er als Regisseur des «Duo Skätsch» (Andrea Roth und Godi Huser). Mittlerweile «tourt» das Duo mit seinen Kurztheatern nicht nur im Luzerner Hinterland und angrenzendem Gebiet, sondern gibt immer wieder auch Gastspiele
ausserhalb des Kantons. Weitere Laientheater profitierten oder profitieren bis heute von seiner Kompetenz.
Jetzt also ist es der «Linksmähder 2020», der unter der Regie von Renato Cavoli über die Bühne gehen wird. Mit riesiger Freude zieht er zusammen mit seinen Assistentinnen, Madeleine Rickenbacher-Mathys (sie ist die Tochter von Madlen Mathys, ist selber auch als Regisseurin tätig) und Karin Zulliger die Fäden am historischen Stück, das so ganz den Madiswilern gehört und alle zehn Jahre von ihnen nicht bloss gespielt, sondern gelebt wird. «Ich habe eine tolle Crew, die mit Freude mitmacht», stellt der Regisseur fest. Bereits bei den Leseproben habe er gespürt, dass die Leute das Stück richtig ausstrahlen.
Nur «stutzen», wo es nötig ist
Bald einmal hat er eine entscheidende Entdeckung gemacht: «Die Madiswilerinnen und Madiswiler kennen die Sage vor- und rückwärts – so etwas habe ich noch nie erlebt. Sie denken mit, sie handeln, sie organisieren sich.» Für ihn hiess dies: Nicht die Reben neu heranziehen, sondern sie behutsam stutzen, wo es etwas zu stutzen gibt. «Äs isch eifach so schön», strahlt er. «Ich bin froh, die ‹Berner› nun als Regisseur zu erleben und zu merken, dass sie manchmal ein bisschen ‹anders ticken› als die Menschen im Hinterland oder im Surental. Das ist spannend und auch sehr bereichernd für mich.» Bei der Gelegenheit kommt er auf die Hauptdarstellenden zu sprechen. Jana Zulliger verkörpert das Vreneli, Christian Minder den Ueli. Renato Cavoli ist begeistert: «Das ist nicht Hollywood, was die beiden spielen, das ist echtes Madiswil. Erdig, lebensnah, berührend …»
Kurz nach Neujahr ist es soweit. Dann wird sich der Vorhang in der Linksmähderhalle Madiswil für den «Linksmähder 2020» heben.
Noch steht für die Organisatoren, Darstellenden und Mitwirkenden hinter der Bühne viel Arbeit bevor, aber für das «Linksmähder-Jahr 2020» nehmen sie dies gerne in Kauf.
Gut zu wissen
Der Vorverkauf startet heute Donnerstag, 31. Oktober 2019, bei CreAndrea, Unterdorfstrasse 10, Madiswil, Donnerstag, 14 bis 17 Uhr (ohne 26. Dezember 2019 und 2. Januar 2020) und Samstag, 9 bis 12 Uhr, Tel. 079 137 78 80.
Infos und Vorführungsdaten unter www.linksmaehdertheater.ch / vorverkauf@linksmaehdertheater.ch.
Von Liselotte Jost-Zürcher