Saisonvorbereitung während der RS
Nico Dünner, Silvan Hess und Michael Trüssel, SC Langenthal – Die drei Profi-Eishockeyspieler Nico Dünner, Silvan Hess und Michael Trüssel haben im Sommer die Rekrutenschule in Wangen an der Aare absolviert. Das hat vor allem geklappt, weil das Militär den drei Herren viele Freiheiten fürs tägliche Teamtraining eingeräumt hat. Dafür sind die NLB-Meisterspieler des SC Langenthal besonders dankbar. Entsprechend sind sie sich einig: «Wir würden diesen Weg erneut gehen.»
Eishockey · Für Silvan Hess (20), Nico Dünner (23) und Michael Trüssel (21) war eigentlich immer klar, dass sie den Militärdienst absolvieren wollen. Michael Trüssel freute sich auf eine abwechslungsreiche Zeit und Silvan Hess’ Mutter arbeitet für das Militär, weshalb ein Besuch der RS nur logisch war. Für Nico Dünner war derweil klar: Kneifen gibt es nicht, der Militärdienst gehört zum Erwachsenwerden dazu. Ein Problem gab es aber dennoch. Die drei Herren gehen nicht etwa einem gewöhnlichen Beruf nach, sondern spielen als Eishockeyspieler im Profiteam des SC Langenthal, dem amtierenden Meister der Swiss League, der zweithöchsten Schweizer Spielklasse. Während der Saison ist es für sie unmöglich, eine Rekrutenschule zu absolvieren. Die Belastung wäre zu hoch, die Erholung käme zweifellos zu kurz. Im Sommer aber finden Trainings für die Saisonvorbereitung statt, welche die ambitionierten Eishockeyaner verständlicherweise nicht verpassen wollen. Dafür wäre eigentlich die RS für Spitzensportler ideal. Wer aber nicht Kandidat ist für eine Teilnahme an Olympischen Spielen und weder in der höchsten nationalen Liga spielt noch in einer nationalen Auswahl aufläuft, erhält darin jedoch keinen Platz, sodass auch Hess, Dünner und Trüssel das Nachsehen hatten. Glücklicherweise besteht zwischen dem SC Langenthal, also ihrem Arbeitgeber, und dem Kommando Rettungstruppen in Wangen an der Aare bereits eine langjährige Zusammenarbeit. «Wir hatten schon diverse qualifizierte Sportler hier», sagt Oberst im Generalstab Mark Eigenheer und erwähnt Teams wie Wiler Ersigen (Unihockey), den SC Langenthal und den EHC Olten (beide Eishockey) als konstante Partner. Wenn Sportler Rekrutenschule und Training unter einen Hut bringen wollen, dann biete er mit seinem Kommando gerne Hand. Ein Angebot, welches die drei SCL-Stürmer erfreute. «Anders wäre es nicht möglich gewesen», sagt Michael Trüssel. «Auf diese Weise hat es uns aber an nichts gefehlt.»
Keine Anlässe verpasst
In den ersten drei Wochen haben die drei SCL-Spieler den Militärdienst wie jeder andere Rekrut besucht. Allgemeine Grundausbildung, militärische Formen oder Ausbildungen in Schies-sen, ABC-Abwehr und dem Einsatz von Zwangsmitteln mussten lückenlos absolviert werden, damit sie wie jeder andere Angehörige der Armee grundlegend ausgebildet wurden. Danach durften sie für die Teamtrainings Urlaubsgesuche stellen, die auf unkomplizierte Weise angenommen wurden. Verpasst haben die drei Cracks deshalb kein einziges Eistraining, selbst im Trainingslager, als täglich zwei Mal trainiert wurde, haben sie keine Teamanlässe verpasst. Ebenso nahmen sie an sämtlichen Vorbereitungsspielen teil. Gekneift haben sie deshalb nur bei der truppenspezifischen Ausbildung. Und weil diese bei den Rettungstruppen besonders wichtig ist, wurden Dünner, Hess und Trüssel kurzerhand ins Büro eingeteilt. Dort haben sie die üblichen Sekretariatsarbeiten als Büroordonanzen ausgeführt, dazu gehörte das Bearbeiten von Dienstbüchlein, das Verwalten von Büromaterial und Zimmerschlüsseln oder das Erstellen von Badgets.
Hürden gemeinsam gemeistert
Dabei kamen die jungen Eishockeytalente mit dem militärischen Alltag in Kontakt. Der Umgangston sei anders, Disziplin wurde gefordert und ebenso Pünktlichkeit. «Das frühe Aufstehen war für mich nicht immer einfach», sagt Silvan Hess, während seine beiden Kollegen lachen müssen. Michael Trüssel sagt derweil mit sarkastischem Unterton, dass er sich besonders über die ABC-Ausbildungen gefreut habe, die nicht selten bei 30 Grad stattfanden, und Nico Dünner war selbst als einer der besseren Skorer im Eishockeyteam der Langenthaler mit der Waffe alles andere als treffsicher. Wie im Militärdienst üblich, haben die drei die Hürden gemeinsam genommen. Nico Dünner war verantwortlich, dass jeder im Zimmer aufsteht, motiviert habe man sich ständig gegenseitig, sodass der Dienst rückblickend reibungslos bewältigt wurde. «Es war ein Vorteil, dass wir uns schon vorher kannten», sagen die drei Herren, die in der letzten Saison erstmals Schweizermeister in der NLB wurden. «Wenn wir Mühe hatten, sprachen wir miteinander und haben uns motiviert.» Kameradschaftlich sei das Militär deshalb speziell. Der Draht zu den neugewonnenen Kameraden – welche die RS nicht als Sportler absolvierten – werde bestimmt auch nach dem Militärdienst weitergepflegt. Einzelne Kameraden wurden bereits zu den kommenden Spielen in der NLB eingeladen.
Kollegialer Umgang dank guter Leistung
Ebenjene hätten die drei SCL-Spieler aber nicht etwa beneidet. Hin und wieder sei zwar ein Spruch gefallen, vielmehr habe aber Interesse an den speziellen Rekruten bestanden. Zudem sei es für sie wichtig gewesen, sagt Nico Dünner, Motivation zu zeigen und sich zu beweisen. «Wir sind in einer privilegierten Situation und von uns wurde zurecht ein entsprechendes Verhalten verlangt. Deshalb haben wir, gerade wenn es um Sport ging, versucht, unsere Kameraden zu unterstützen.» Entsprechend zeigte sich auch Mark Eigenheer als Schulkommandant zufrieden mit dem Einsatz seiner speziellen Schützlinge. Der Oberst im Generalstab lobte die Disziplin und Leistungsbereitschaft und sprach davon, dass die Zusammenarbeit unproblematisch vonstatten ging. «Auch wir können unsere Vorteile daraus ziehen. Weil sie den Tag hindurch abwesend waren, arbeiteten sie teilweise länger, so waren unsere Büros konstanter belegt.» Das «Geben und Nehmen» habe geklappt, deshalb war ein kollegialer Umgang entsprechend möglich.
Wer will, der kann
Beendet haben die drei Eishockeyspieler ihre Zeit in der Rekrutenschule noch nicht. Um in der Meisterschaft keine Spiele zu verpassen, haben sie die 18-wöchige RS aufgeteilt, im kommenden Sommer werden sie den zweiten Teil absolvieren. «Ich würde es wieder so machen. Das war die beste Möglichkeit für uns», sagt Michael Trüssel und blickt auf die ersten neun Wochen zurück. «Vielleicht aber waffenlos», sagt Nico Dünner und prompt lachen er und seine Kollegen. Auf die Frage, ob die RS für die Saisonvorbereitung hinderlich gewesen sei, verneinen sie entschieden. «Wir sind selbst verantwortlich, dass wir fit sind. Daran ändert das Militär nichts», sagt Dünner und verrät, dass Freizeit und einzelne Ausgänge für Zusatztrainings im Fitnessraum der Kaserne genutzt wurden. Auf das weniger dicht gedrängte Programm freuen sich Nico Dünner, Silvan Hess und Michael Trüssel aber dennoch. Es sind die typischen Bedürfnisse, welche in dieser Zeit zurückgesteckt werden mussten. Das Abmachen mit Freunden erwähnt Rekrut Trüssel und von der oftmals fehlenden Privatsphäre spricht Nico Dünner. «Und zu wenig Schlaf», hängt Silvan Hess an und blickt zu seinen Kameraden, die ihn in den letzten Wochen nicht selten mehrmals wecken mussten. Die Erkenntnis der drei Eishockeyspieler aber ist klar: Spitzensport und Militär funktionieren zusammen problemlos, wenn man es denn will.
Von Leroy Ryser