Sanfte, aber wichtige Schritte im Porzi-Areal
Vor einigen Jahren erhitzte die Testplanung für das Porzi-Areal die Gemüter. Kritische Stimmen sind inzwischen leiser geworden – oder weniger zahlreich. Eine stete Betriebsamkeit rund um die Ofenhalle und aktuelle Entwicklungen auf dem historischen Gelände lassen vermuten, dass viele Langenthalerinnen und Langenthaler die Neu- beziehungsweise Wiederbelebung des Subzentrums im Südwesten der Stadt mittlerweile gutheissen oder sogar aktiv unterstützen. Diese positive Tendenz erhält nun zusätzlichen Aufwind durch den kürzlich gestarteten Prozess zum «Erlebnisort Ofenhalle Langenthal». Eine aktuelle Einschätzung.
Wie in jeder Ortschaft gibt es auch in Langenthal Plätze und Areale, die auf die lokale Bevölkerung (und auch auf externe Personen) einen besonderen Reiz ausüben. Emotional und nostalgisch werden Langenthalerinnen und Langenthaler gerne, wenn es um die Kernstadt mit den Gebieten rund um die Marktgasse geht oder wenn vom Wuhrplatz und dem angrenzenden Mühle-Areal die Rede ist. Auch die Ufer der Langete und die Wässermatten geben wiederkehrend Anlass zu schönen Gefühlsregungen. Und ein Grund, in alten Zeiten zu schwelgen oder sich emotional berühren zu lassen, ist nicht zuletzt das Areal der ehemaligen Porzellanfabrik Langenthal, kurz: Porzi-Areal. Dieses steht aktuell wieder vermehrt im Fokus, hat doch Ducksch Anliker als Eigentümerin des Porzi-Areals vor Kurzem bekanntgegeben, dass sie für das Kernstück des Areals – die Ofenhalle – einen partizipativen Prozess anstösst. Mit anderen Worten: Die Bevölkerung soll eingebunden und auf eine Reise mitgenommen werden, die der Frage gewidmet ist: «Was willst du in der Ofenhalle erleben?» Denn, was Ducksch Anliker ebenfalls bereits hat durchblicken lassen: Die geschichtsträchtige Ofenhalle soll zu einem offenen Erlebnisort werden, an dem in Zukunft vielfältige Nutzungen möglich sind.
Die Emotionen gingen hoch
Doch zunächst werfen wir einen Blick zurück in die jüngere Vergangenheit. Vor einigen Jahren, als Ducksch Anliker grosse Teile des Porzi-Areals erworben hatte, gingen in der Stadt die Emotionen hoch. Pläne wurden veröffentlicht, die aufzeigten, in welche Richtung das Porzi-Areal in den nächsten Jahrzehnten entwickelt werden könnte. Dies vor dem Hintergrund einer Testplanung der Stadt Langenthal, die vorsieht, den genannten Bereich im Südwesten der Stadt zu einem sogenannten Subzentrum zu entwickeln (ähnlich wie das Areal rund um den Bahnhof in Richtung Hard/Bäregg). Unglücklicherweise wurden die Pläne und Visualisierungen, die damals der Öffentlichkeit präsentiert wurden, teilweise missinterpretiert. Zu reden gaben insbesondere die Hochhäuser, die auf Zeichnungen zu sehen waren. Eine Projektion, die weit, weit in die Zukunft reicht – städtebauliche Gedanken von Planern, wie das Porzi-Areal in zirka 40 Jahren aussehen könnte. In Stein gemeisselt war zu diesem Zeitpunkt noch nichts (auch jetzt steht aus städtebaulicher Sicht nach wie vor sehr vieles offen). Widerstand formierte sich trotzdem – in Teilen der Bevölkerung wie auch bei Mieterinnen und Mietern, die auf dem Areal ansässig sind und waren. Denn, wie eingangs bereits erwähnt, das Porzi-Areal ist ein geschichtsträchtiger Ort, der den Langenthalerinnen und Langenthalern aus guten Gründen am Herzen liegt. «Eingriffe» in das Areal werden doppelt und dreifach hinterfragt.
Es tut sich was auf dem Areal
Inzwischen ist viel Zeit vergangen. Eine Pandemie liegt hinter uns. Auf dem Porzi-Areal hat sich einiges getan. Allen voran ist die Eigentümerin, Ducksch Anliker, mit ihren Büros und ihrem Personal selbst aufs Areal gezogen. Ein innovativer Gastronomiebetrieb, das «przi rest lthal» unter Philippe Giesser, konnte an vorderster Front angesiedelt werden. Direkt angrenzend an die Ofenhalle hat die nach wie vor existente Porzellanfabrik Langenthal AG einen lichtdurchfluteten, präsentablen Porzellanladen mit Showroom eröffnet. Und in direkter Nachbarschaft dazu nimmt in diesen Herbsttagen Künstler und Kurator Reto Bärtschi seine vielversprechende Kunsthalle Langenthal in Betrieb. Vielleicht aus diesen Gründen – weil seit der Veröffentlichung der Testplanung viel Zeit vergangen ist und weil sich das Areal fortlaufend mit neuem, anderem Leben füllt – sind die kritischen Stimmen mittlerweile weniger und leiser geworden. Jedenfalls, so scheint es, herrscht Aufbruchstimmung im Porzi-Areal. Das Quartier wirkt offener und einladender als früher, und insbesondere rund um das Przi-Restaurant und die Ofenhalle ist aktuell eine stete Betriebsamkeit feststellbar. Vielversprechende Vorzeichen also?
Bald ziehen weitere Mieter ein
Untermauert wird das Ganze nun auch noch durch die Kommunikation zur Ofenhalle und dass aus dieser ein offener Erlebnisort werden soll. Ein weiteres Zeichen seitens der Eigentümerin, dass diese einen Grossteil des Porzi-Areals für die Bevölkerung öffnen und das Areal generell beleben möchte. «Rund die Hälfte der Fläche beziehungsweise der bestehenden Bauten ist derzeit vermietet. Weitere grosse Mieter werden in Bälde einziehen, bereits sind zahlreiche Start-ups und Gewerbebetriebe auf dem Areal ansässig. Die bestehende Bausubstanz – viel ist denkmalgeschützt – wird schrittweise in Stand gestellt», hält Ducksch Anliker in einer aktuellen Medienmitteilung fest. Was das in Zahlen heisst, wurde letzte Woche anlässlich einer öffentlichen Informationsveranstaltung zum Erlebnisort Ofenhalle Langenthal deutlich: Ducksch Anliker spricht von einer Arealfläche von total 29 456 Quadratmetern; die vermietbare Fläche beträgt rund 25 000 Quadratmeter. Der Bestand umfasst elf Gebäude. Aktuell sind auf dem Porzi-Areal 60 Mieter ansässig. Es sollen noch mehr werden. Ausserdem will Ducksch Anliker weiter in Infrastrukturprojekte investieren. Dazu gehört mittelfristig auch die Abkehr vom Gas hin zu einer neuen Heizzentrale für das ganze Areal. Eine Porzellangasse, die das Areal entlang der Ofenhalle von der Bleienbachstrasse bis zu den Bahngleisen der BLS «durchwegt» und zugänglicher macht, ist ebenfalls in Planung. Eine solche Durchwegung ist allerdings abhängig von der Südwärts-Verschiebung der Haltestelle «Bahnhof Süd»; ein Projekt, das sich hinzieht.
Es soll keine Konkurrenz sein
Aktuell gilt der Fokus daher der denkmalgeschützten Ofenhalle, die einer öffentlichen Nutzung zugeführt werden soll. Allerdings – das muss gesagt sein – bringt dieses Vorhaben einige Hürden mit sich. Langenthal verfügt bereits über Räume und Gebäude, die für Kongresse, Kultur, Events et cetera genutzt werden können. Drei namhafte Beispiele hierfür sind sicherlich die Markthalle, die Westhalle im Parkhotel sowie das Stadttheater. «Ein reines Konkurrenzprodukt zum bereits bestehenden Angebot ist nicht sinnvoll», hält Ducksch Anliker in diesem Zusammenhang fest. Auch will die Eigentümerin des Porzi-Areals nicht einfach «auf Vorrat» – ohne Nutzungs- und Betriebskonzept sowie ohne gewisse wirtschaftliche Garantien – in die Sanierung der Ofenhalle investieren. Darum braucht es den partizipativen Prozess, der nun mit einem öffentlichen Infoabend angestossen wurde und der rund zwei bis zweieinhalb Jahre in Anspruch nehmen wird. Der Prozess baut auf drei Säulen auf:
Test On Site (1)
Mit vielfältigen Nutzungen kann in den nächsten rund zwei Jahren getestet werden, was in der Ofenhalle funktioniert – und was eher weniger. Die Idee dahinter ist also, Erfahrungen aus Praxisbeispielen zu sammeln – wie beispielsweise mit der im Sommer 2024 in der Ofenhalle durchgeführten Gartenoper. Auch der «glatte märit», der kommendes Wochenende in der Ofenhalle stattfindet, gehört zu diesen Testaktivitäten. Probiert wird auch, ob sich der geschichtsträchtige Ort für fasnächtliche Zwecke eignet – der Vorfasnachtsball der Guggemusig Pflotschdäppeler zieht zurück aufs Porzi-Areal und findet im Februar 2025 neu in der Ofenhalle statt. Weitere Testnutzungen werden hinzukommen.
Benchmark-Analyse (2)
Attisholz-Areal, Vidmarhallen und weitere Objekte: Es gibt in der Schweiz Areale – zumeist ehemalige Industrie-Areale –, die bereits einer neuen Nutzung zugeführt werden konnten. Von einigen dieser vergleichbaren Objekte will man lernen und wichtige Erkenntnisse für die weitere Entwicklung des Langenthaler Porzi-Areals gewinnen.
Umfrage (3)
Hierzu gehörte der öffentliche Infoanlass vom 29. Oktober 2024. Interessierte konnten sich an diesem Dienstagabend schriftlich wie mündlich mit Ideen zur Ofenhalle einbringen und Fragen stellen. Ducksch Anliker und der neu gegründete Verein Zukunft Ofenhalle orientierten anlässlich dieses Events aus erster Hand über die Zukunftsvisionen und die Rahmenbedingungen. Eine Online-Umfrage wird zu einem späteren Zeitpunkt lanciert. Ideen aller Art können jedoch bereits jetzt, auf der Website des Porzi-Areals (www.porzi-areal.ch), eingegeben werden.
Empfehlung für Eigentümerin
Sämtliche Erkenntnisse aus den eben genannten Evaluationsschritten werden in regelmässigen Abständen im Rahmen von Workshops mit dem Vorstand des Vereins Zukunft Ofenhalle sowie den Fachmitgliedern und Experten der Begleitgruppe (siehe Infokasten) analysiert, diskutiert, komprimiert und schliesslich zu einem Fazit zusammengefasst, das als Empfehlung an die Eigentümerin, Ducksch Anliker, übermittelt wird. Dieses Fazit soll nicht nur aufzeigen, wie die Ofenhalle in Zukunft am besten genutzt wird und welche Ressourcen (Finanzierung, Infrastruktur, Organisation et cetera) dafür notwendig sind, sondern auch, welche Trägerschaft (Verein, Firma et cetera) sich künftig für die Betriebsführung der Ofenhalle eignen könnte. Das umfangreiche Projekt, das nun angestossen wurde, wird mit einem Beitrag aus der «Neuen Regionalpolitik des Bundes» (NRP) unterstützt. Die NRP-Gelder für dieses Projekt betragen gesamthaft 100 000 Franken. Weitere 30 000 Franken für die Durchführung des Evaluationsprozesses steuert Ducksch Anliker bei. Darüber hinaus werden 20 000 Franken an Eigenleistungen angerechnet (nicht fakturierte Arbeitsstunden).
Ein neuer Verein auf Zeit
Das NRP-Projekt ist beim Amt für Wirtschaft des Kantons Bern angesiedelt und bedingt eine Projektträgerschaft, weshalb der Verein Zukunft Ofenhalle ins Leben gerufen wurde. Dieser wird voraussichtlich nur während der Phase des Evaluationsprozesses bestehen. «Der Verein will künftig nicht etwa die Ofenhalle führen. Unsere Aufgabe ist es, Ducksch Anliker nach rund zwei Jahren eine klare Empfehlung bezüglich Nutzung und Betrieb der Ofenhalle abzugeben», betonte Vereinspräsident Markus Meyer letzte Woche anlässlich eines Mediengesprächs, das vor dem Informationsabend stattfand. NRP-Gelder werden gezielt für innovative und wirtschaftsfördernde Vorhaben im ländlichen Raum gesprochen. «Der Beitrag unterstreicht die Wichtigkeit dieses integrativen Prozesses für die Weiterentwicklung der geschichtsträchtigen Ofenhalle», hält Ducksch Anliker in der genannten Medienmitteilung fest. Der Vorstand und die Begleitgruppe sind ehrenamtlich tätig. Ein bezahltes Mandat für die Projektumsetzung hat hingegen die auf dem Porzi-Areal ansässige Event- und Kommunikationsagentur «zwöuf3» (bestehend aus Angela Kölliker, Yvonne Wüthrich und Gisela Geiser). Diese hat bereits am dem Prozess vorgelagerten Evaluationskonzept «Erlebnisort Ofenhalle Langenthal» mitgewirkt.
Best case: Die ganze Stadt gewinnt
Wer sich mit dem nun angestossenen Prozess auseinandersetzt, darf zum Schluss kommen: Die Verantwortlichen haben aus vergangenen kommunikativen Fehltritten gelernt; das Evaluations-Vorhaben «Erlebnisort Ofenhalle Langenthal» ist professionell aufgegleist, breit abgestützt und solide finanziert. Kritische Fragen und Bemerkungen aus der Bevölkerung wird es trotzdem geben. Dass sich die Verantwortlichen diesbezüglich offen zeigen, wurde anlässlich des Infoanlasses sowie im Rahmen des Mediengesprächs klar. Mit dem Erlebnisort Ofenhalle wolle man keinesfalls gegen die Stadt, sondern unbedingt mit der Stadt arbeiten, sagte etwa Gian Kämpf, Gruppen-CEO von Ducksch Anliker. «Auf den ersten Blick könnte man meinen, die Ofenhalle werde andere Angebote der Stadt – wie etwa die Markthalle oder das Stadttheater – konkurrenzieren. Ich sehe das Ganze jedoch in einem übergeordneten Zusammenhang. Im besten Fall entsteht in der Ofenhalle auf dem Porzi-Areal etwas ganz Neues, Einzigartiges, Alleinstehendes – etwas, das auch viele auswärtige Besucherinnen und Besucher nach Langenthal locken wird. Von dieser zusätzlichen Besucherfrequenz, so unsere Hoffnung, können dann wiederum die anderen Eventlokale, die Restaurants und Bars, der Langenthaler Detailhandel – im Endeffekt eigentlich die ganze Stadt – profitieren», so Gian Kämpf weiter.
Von Patrick Jordi