Schutzwaldpflege für Mensch und Natur
Steiler Wald schützt die Häuser entlang dem Hügelzug zwischen dem Gitziloch und dem Wannenbach in Rohrbach. In den letzten Wochen wurde hier tüchtig geholzt mit dem Ziel, schiefe dickere Bäume zu fällen, jungen das Wachsen zu ermöglichen und damit für einen gesunden, kräftigen, artenreichen und altersmässig gut durchmischten Baumbestand zu sorgen.
Rohrbach · «Die Pflege des Schutzwaldes hat sich aufgedrängt», sagt der zuständige Gemeinderat Hubert Kölliker gegenüber dem «Unter-Emmentaler». Auslöser war ein besorgter Gemeindebürger von Rohrbach, welcher seine Bedenken bezüglich der Sicherheit des Waldes bei den Gemeindebehörden deponiert hatte.
Die Sicherheitsverantwortlichen liessen die Sachlage durch den Revierförster Peter Widmer und den Spezialisten des Amts für Wald und Naturgefahren abklären. Sie kam zum Schluss, dass der steile Wald verjüngt werden muss, um eine flächendeckende Durchwurzelung und einen kräftigen, stabilen Baumbestand zu gewährleisten. Denn die wichtige Funktion des Schutzwaldes von Rohrbach ist es, Hangmuren (oberflächige Rutschungen) und damit die Gefährdung von Häusern, Strassen und Wanderwegen bestmöglich zu verhindern.
Längere Vorbereitungszeit
Die Vorbereitung für das Projekt nahm zwei Jahre in Anspruch. Einerseits erfordert die Pflege eines Schutzwaldes sorgfältige Planung und eine Bewilligung sowie die Zustimmung der Waldbesitzer. Anderseits musste das Projekt budgetiert und von der Gemeindeversammlung genehmigt werden.
Für die Waldbesitzer sind die Massnahmen kostenlos. Sie geben jedoch das gefällte Holz ab. Weil es sich um Schutzwald handelt, beteiligt sich der Kanton finanziell. Die Einwohnergemeinde übernimmt das Defizit.
Was und wieviel gefällt wird steht in der Kompetenz von Revierförster Peter Widmer. Er hat die Bäume bezeichnet und dann auch das Abholzen begleitet. Die Holzerei und das Organisieren der Seilbahn hat die Forstunternehmung Schwarz, Thunstetten, übernommen. Die Federführung einschliesslich der Abrechnung wird durch die Emmentaler Wald & Holz GmbH unter der Leitung von Beat Zaugg ausgeführt.
Rund sieben Hektaren beträgt das Schutzwaldgebiet zwischen dem Gitziloch und dem Wannenbach in Rohrbach. 2,7 Hektaren davon wurden nun in einer ersten Etappe einer sichtlichen Verjüngung unterzogen. Ältere Bäume, welche bei einem Sturm brechen oder Risse im Boden verursachen könnten, wurden gefällt und mit der Seilbahn auf den Rohrbachberg transportiert. In den dadurch entstandenen Lichtungen können junge, kräftige Laubbäume emporwachsen, können sich Keimlinge entwickeln. Das aktuell bewirtschaftete und gepflegte Waldgebiet oberhalb Rohrbach gehört sieben Waldbesitzern, darunter die Einwohnergemeinde, die Burgergemeinde und fünf Privatwaldbesitzer.
«Sie alle wurden in die Massnahmen einbezogen, durften ihre Anregungen einbringen», so Hubert Kölliker. In einer zweiten Etappe wird die Pflege der weiteren vier Hektaren Schutzwald vorgenommen, die im Besitz von drei Waldbesitzern sind.
Schutz und Lebensraum
Die Pflege des Schutzwaldes ist staatlich geregelt. Mit der Wegleitung NaiS (Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald) verfügen die Forstpraktiker über eine konkrete und verbindliche Entscheidungshilfe für die schutzwirksame Pflege des Schutzwaldes. Sie gelten als Richtschnur für die Bewirtschaftung.
Das Ziel von NaiS ist es, den Wald mit möglichst wenig Pflegeaufwand in einen optimalen Schutzzustand zu bringen und Eingriffe nur dort auszuführen, wo die natürliche Entwicklung in eine andere Richtung gehen würde als in die gewünschte. So wird im Schutzwald ein Laubbaumbestand von 70 % bis 100 % angestrebt. Auch in Rohrbach. «Ohne Massnahmen könnte sich dieser Bestand durch die Vermehrung der Nadelhölzer negativ verändern», stellt der Revierförster Peter Widmer gegenüber dem «UE» fest. Angestrebt werde ein schöner Plenterwald. Naturnah bewirtschaftete Schutzwälder bieten – abgesehen auch von der wirtschaftlichen Nutzung – vielen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum und können die Biodiversität fördern. Schutzwälder sind ein zentrales Element bei der Abwehr von Naturge-fahren. Sie schützen Gebäude, Verkehrswege und Anlagen vor Lawinen, Steinschlägen, vor Rutschungen und Hangmuren. Im Kanton Bern schützt der Wald 14 000 Wohnhäuser und deren rund 48 000 Bewohner sowie rund 2500 km Strassen und 126 km Bahnlinien vor Naturgefahren (Quelle: www.vol.be.ch).
Von Liselotte Jost-Zürcher