• Ein besonderes Ereignis war der gemeinsame Auftritt des Ural Kosaken Chors mit den «Steimanndli». · Bild: Rolf Bleisch

25.01.2019
Huttwil

Schwelgen in russischen und schweizerischen Klängen

Nach dem überwältigenden Publikumsaufmarsch in der Kirche Huttwil zum gemeinsamen Auftritt des Ural Kosaken Chors und des Jodlerklubs «Steimanndli» wurde kurzerhand ein zweiter Auftritt angekündigt, um es noch mehr Menschen zu ermöglichen, sich an den Stimmen und Liedern aus Russland und aus der Schweiz erfreuen zu können.

 

Schon eine halbe Stunde vor Konzertbeginn waren die meisten Plätze in der Huttwiler Kirche besetzt worden.Erleichtert nahmen die vielen noch im Eingang und vor der Kirche wartenden Konzertbesucher den Entscheid zur Kenntnis, gleich anschliessend an die geplante Aufführung die zusätzliche geniessen zu können.
Es war die Begeisterung für beide Gesangsformationen, welche die Besucherschar in die reformierte Kirche getrieben hatte. Der kleine Jodlerklub Steimanndli, bestehendaus zwei Frauen- und fünf Männerstimmen,isteine seit längerem bekannte und beliebte Gesangsformation.
Die Mitglieder haben ihre Freude am gemeinsamen Jodelgesang vor 17 Jahren als SAC-Mitglieder in einer Berghütte entdeckt und pflegen diese Gesangskultur seither mit viel Herzblut und Erfolg.Einige «Steimanndli» lernten den Kosakenchor aus der Ukraine anlässlich seinesersten Konzertes in Huttwil im Oktober 2017 kennen. Damals beendete der heute achtköpfige Chor mit dem Lied «Dorma Bain» sein Konzert undforderte die Zuhörer auf, mitzusingen.
Da machten die anwesenden «Steimanndli» natürlich auch mit und waren letztlich vom Zusammensingen mit diesen traditionsstarken Sängern aus der Ukrainehell begeistert. Aus dieser Begegnung wuchs der Wunsch für ein gemeinsames Konzert, das nun, ein gutes Jahr später, in der Kirche stattfand.

Kultur als Reiterheere
Die Kosaken wurden einst als die Gemeinschaften freier Reiterverbände umschrieben. Gesang und Tanz begleiteten sie neben den wilden, über die Taiga donnernden Pferdehufe über Jahrhunderte und überlebten die vielen kriegerischen Auseinandersetzungen, denen das Volk auf den Rücken der Pferde ausgeliefert war.
Durch die Erhaltung und Pflege der Kirchenmusikunddes Erbes der Volksweisen aus dem alten Russland und der Ukraine wurde der Gesang weltweit bekannt.
Die Weltkriege desvergangenen Jahrhunderts führte alledings zur Zerstörung der Kosakenchöre. Dank dem Musiker Andrej Scholuch konnten aber in den 1960er-Jahren wieder neue Chöre aufgebaut werden, dies ich vorwiegend den Kirchenkonzerten widmeten. Man vermutet, dassdie Wiederentdeckung des Ural Kosaken Chors durch den vor zehn Jahren verstorbenenIvan Rebroffeingeleitet wurde. So lag es für die russischen Sänger nahe, sich mit dem Programm der jetzigen Europatourneean diesen grossartigen Musiker und Sänger zu erinnern.
Der Auftakt zum Konzert übernahmen die «Steimanndli» mit drei Jodelliedern, die durch die kräftigen Stimmen der Frauen und Männer geprägt waren und sich im Kirchenraum zu einem überzeugenden Gesamtklang und guter Musikalität entwickelten.
Die herrlichen russischen Stimmen kamen schon in der Zarenhymne, mit der sich die Sänger unter der Leitung von Wladimir Kozlovskij vorstellten, hervorragend zum Ausdruck.
Dass jeder der acht Sänger auch Solist ist, zeigte sich im «Ave Maria», in dem jeweils ein Tenor die Führung als «Erzähler» übernahm und von seinen Gesangskollegenüberzeugend begleitet wurde. Das bekannte russische Kirchenlied «Ich bete an die Macht der Liebe» war ein besonderes musikalisches Erlebnis.
Völlig in einem anderen Musikstil, aber ebenso hörenswert, erklang das bekannte Lied «Abendglocken», das oft auch von Ivan Rebroff gesungen worden war.
Wie im 14. Jahrhundert gesungen wurde, durften die Zuhörer im «Mönchsgebet» miterleben. Charakteristisch war da der tiefe, gleichmässige Ton, der über das ganze Gebet zu hören war, worauf die höheren Stimmen ihre gregorianisch geprägten Klänge aufbauen konnten.
Die Sänger der Ural Kosaken verfügen nicht nur über Stimmen von den tiefsten Klängen bis in die gewaltigen Kopfstimmen, sondern fühlen sich ebenso wohl im Balalaika- und Akkordeonspiel, wie das im Volkslied «Weideland» zu geniessen war. Gespannt wartete das Publikum aufden Schlussauftritt beider Chöre, der mit «Welt-premiere» im Voraus angekündigt wurde. Aus sprachlichen Gründen summten die Ural Kosaken als Begleitung die beiden Jodellieder, in denen die «Steimanndli»-Sängerinnen und -Sänger sich von der Gesangskultur der Kosakenbeeinflussen liessen und die Lieder und den Jodel in einer farbenprächtigen Weise zum Klingen brachten. Das Zusammensingen beider Formationen bildete einen wunderschönen Abschluss des Konzerts.
Mit dem gemeinsam gesungenen Lied der beiden Chöre und der Konzertbesucher, «GutenAbend, gut Nacht» von Johannes Brahms, endeten die beiden Anlässe.

Von Rolf Bleisch