• Kühlendes Nass – aber an der Gemeindeversammlung hat die Huttwiler Badi die Gemüter erhitzt. · Archivbild: Stefan Leuenberger

01.02.2019
Huttwil

Schwimmfest an der Gemeindeversammlung

Grossaufmarsch im Saal des Hotel Kleiner Prinz in Huttwil. 287 Personen kamen, um über die Zukunft des Huttwiler Schwimmbads zu entscheiden. Nach einem Diskussions- und Abstimmungsmarathon beschloss man, die Sanierung der Badi zu projektieren und zugleich eine Machbarkeitsstudie für ein neues Schwimmbad auf dem Areal des Campus Perspektiven in Auftrag zu geben. Für die Sicherstellung des laufenden Badi-Betriebes wurde zudem ein Kredit von 175 000 Franken für eine provisorische Warmwasseraufbereitung bewilligt.

Das Schwimmbad liegt den Huttwilern am Herzen. Deshalb erschien zur ausserordentlichen Gemeindeversammlung im Saal des Hotel Kleiner Prinz die Rekordzahl von 287 Stimmberechtigten (8,1% der insgesamt 3498 stimmberechtigten Huttwiler). Sie wollten sich aus erster Hand über den aktuellen Zustand der Badi informieren lassen und über deren Zukunft mitentscheiden. Zur Ausgangslage: Es ist hinlänglich bekannt, dass sich die 95-jährige Huttwiler Badi in einem schlechten Zustand befindet. Bereits seit einigen Jahren befindet sich die Sanierung des Schwimmbads auf der Traktandenliste des Gemeinderates, wo das Projekt, aufgrund dringender Vorhaben immer wieder hinausgeschoben wurde.

Der Lehrplan 21verlangt
Schwimmunterricht
Weil mittlerweile die Konzession für den Betrieb der Wärmepumpe ausgelaufen ist und nicht mehr erneuert werden kann und weil zudem das bislang verwendete Kältemittel R-22 verboten ist und nicht mehr eingesetzt werden darf, sah sich der Gemeinderat zum Handeln gezwungen, gilt es doch, den Badibetrieb für die unmittelbare Zukunft sicherzustellen. In dieser Situation kam unverhofft der Campus Perspektiven ins Spiel, als deren Leiter Lukas Zürcher in einer Kolumne in dieser Zeitung die Idee aufwarf, ein neues Schwimmbad auf dem Areal des Campus zu realisieren.
Für den Gemeinderat wiederum kam diese Variante zu spät ins Spiel, wie er in einem Infoschreiben vor der ausserordentlichen Gemeindeversammlung darlegte. «Die vertiefte Prüfung der Variante Campus hätte zu umfangreichen Abklärungen mit entsprechendem Zeitbedarf geführt», schreibt der Gemeinderat, der die Sanierung der bestehenden Badi als dringend einstufte und deshalb von der «Variante Campus» absah. Gemeinderat Hans Mathys (Ressort Bau) betonte an der Gemeindeversammlung, dass der Gemeinderat das Risiko, dass die «Variante Campus» teurer werde als die Totalsanierung der bestehenden Badi, als sehr hoch einschätze.
Aus diesem Grund stellte der Gemeinderat an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung den Antrag, für die Sanierung der Warmwasseraufbereitungsanlage des Schwimmbads (410 000 Franken) sowie für die Projektierung der Totalsanierung (155 000 Franken) einen Kredit von 565 000 Franken zu bewilligen.
Schulleiter Pierre Zesiger wies in einem ersten Votum darauf hin, dass für die Volksschule laut Lehrplan 21 der Schwimmunterricht obligatorisch sei und man deshalb auch diesen und nächsten Sommer auf ein beheiztes Schwimmbad vor Ort angewiesen sei, zumal eine Anfrage bei den umliegenden Schwimmbädern gezeigt habe, dass diese kaum über zusätzliche Kapazitäten für Schwimmunterricht verfügen würden. In der nachfolgenden Diskussion wurde rasch ersichtlich, dass die Mehrheit der Anwesenden eine weitere Prüfung der «Variante Campus» bevorzugen würden.
«Die Idee Campus ist zweifellos prüfenswert, vor allem energietechnisch wäre diese vermutlich sehr attraktiv», hielt beispielsweise Martin Gränicher fest, der darauf hinwies, dass es diverse Beispiele gebe, wo sich Eishallen und Schwimmbäder nebeneinander hervorragend ergänzen würden, wie etwa in Grindelwald, Worb oder Zuchwil.
André Schärer wiederum wies darauf hin, dass bei der «Variante Campus» gewisse Sicherheiten vorliegen müssten. Die Finanzierung müsste im Vorfeld geregelt sein, «sonst sprechen wir bei dieser Variante von einem Luftschloss», argumentierte er.

Campus bietet Hand für Lösung
Er stellte deshalb den Antrag, dass der Campus Perspektiven eine Machbarkeitsstudie für ein neues Schwimmbad in Auftrag geben und die Kosten dafür übernehmen soll. Lukas Zürcher, Leiter des Campus, versicherte den Anwesenden, dass man gewillt wäre, diese Forderung zu erfüllen. Gleichzeitig zeigte er sich dem Projekt gegenüber sehr optimistisch, sprach er doch davon, dass er für ein Schwimmbad auf dem Areal des Campus ein enormes Potenzial sehe, würde das doch mehr Besucher und mehr Lager auf den Campus bringen und dadurch die Attraktivität der gesamten Anlage steigern.
Auch Beat Lanz zeigte sich gegenüber einer Sanierung der bestehenden Badi skeptisch und wies auf den fehlenden Platz hin und die dadurch eingeschränkten Entwicklungsmöglichkeiten des Badibetriebs.
Gemeinderätin Sandra Lambroia Groux (Ressort Soziales, Kultur und Freizeit) dagegen hatte Vorbehalte gegenüber der «Variante Campus» und betonte, dass die Gemeinde bei diesem Szenario den Handlungsspielraum komplett aus der Hand gebe. Zugleich wies sie darauf hin, dass man nie wisse, wie sich ein privater Investor in Zukunft entwickle.
Nach einem angenommenen Ordnungsantrag zur Beendigung der Diskussion schritten die 287 Personen zur Abstimmung der diversen eingereichten Anträge, die ein veritables «Schwimmfest» verursachten, bei dem Gemeindeschreiber Martin Jampen aber die Übersicht behielt und die Versammlung souverän durch das Abstimmungs-Prozedere schleuste.
Am Ende beschloss die Versammlung mit grossem Mehr, dass der Campus Perspektiven auf eigene Kosten eine Machbarkeitsstudie für ein neues Schwimmbad erstellt, die auch die Finanzierung sowie die Folgekosten für die Gemeinde aufzeigt.
Gleichzeitig erteilten die Anwesenden dem Gemeinderat den Auftrag, die Totalsanierung der Badi am heutigen Standort zu projektieren und bewilligten dafür den erforderlichen Kredit in der Höhe von 155 000 Franken. Damit werden dem Stimmvolk nach Vorliegen der Machbarkeitsstudie zwei Schwimmbad-Projekte zur Auswahl vorliegen. Abschliessend stimmte die Versammlung dem Antrag der Volksschule (Peter Heiniger) zu, der verlangte, für die Sicherstellung des Badibetriebs in den nächsten zwei Jahren eine provisorische Badwassererwärmungsanlage zu installieren.
Dafür wurde ein Kredit in der Höhe von 175 000 Franken bewilligt.

Von Walter Ryser