• Mit dem Unterstützungsbeitrag würde der Wettbewerb für den SCL Nachwuchs fair, findet der 46-Jährige. · Bild: Marcel Bieri

24.01.2020
Langenthal

SCL Nachwuchs hofft auf den wichtigsten Sieg der Saison

Thomas Fürderer leitet seit acht Jahren die Geschicke der SC Langenthal Nachwuchs AG, seit dieser Saison als Mitglied der SCL-Geschäftsleitung und Vertreter der Nachwuchs AG. Zurzeit steht der 46-Jährige vor seiner bisher grössten Herausforderung: Am 9. Februar entscheidet das Langenthaler Stimmvolk darüber, ob es den SCL Nachwuchs mit einem erhöhten Unterstützungsbeitrag an die Eismieten stärker unter die Arme greifen will oder nicht. Dass bei einem Nein einzelnen Kindern der Zugang zum Eissport verwehrt wird, ist für den Rothrister einer Sportstadt wie Langenthal unwürdig. «Es geht darum, ob wir es für sinnvoll halten, unseren Kindern die Möglichkeit zu bieten, ihren gewünschten Sport zu betreiben», erklärt Fürderer. Damit dies weiterhin gelingt, will er mit dem erhöhten Beitrag einen fairen Wettbewerb anstreben.

Leroy Ryser im Gespräch mit Thomas Fürderer, Mitglied der Geschäftsleitung des SC Langenthal und Vertreter der SCL Nachwuchs AG

Thomas Fürderer, am 9. Februar steht für die SCL Nachwuchs AG eine wegweisende Abstimmung bevor. Sind Sie nervös?
Ja, es kribbelt ziemlich stark. Wir erleben aktuell eine sehr intensive, aber auch spannende Zeit in der viel läuft. Die Rückmeldungen aus der Bevölkerung sind spannend, und natürlich hoffen wir auf ein positives Ergebnis.

Es wird davon gesprochen, dass es um die Zukunft des Eissportes in Langenthal geht. Ist diese bei einem Nein gefährdet?
Wenn bei der ersten Abstimmung am 9. Februar ein Nein resultiert, ist «nur» die Grösse und Qualität unserer Nachwuchsabteilung gefährdet. Bei einem Nein wäre es uns nicht mehr möglich, denselben Aufwand für unsere Kinder zu betreiben – ausser wir würden einen Mäzen finden. Bei der zweiten Abstimmung Mitte März rund um den Planungskredit für eine neue Eishalle geht es tatsächlich um die Zukunft des Eissportes. Das gilt dann aber auch für den freien Eislauf, den Curlingbetrieb oder den Schulsport und nicht nur für den SCL.

Befassen wir uns mit der zeitlich gesehen näheren Abstimmung: Was würde bei einem Nein gegen die Erhöhung des Unterstützungsbeitrages an die Kunsteisbahn AG passieren?
Wir müssten die Grösse unserer Nachwuchsabteilung um etwa zwei bis drei Teams reduzieren. Das wiederum würde auch die Kunsteisbahn AG in Schieflage bringen, weil sie Ausfälle in den Mieteinnahmen verzeichnen würde. Wenn der SC Langenthal zwischen 16 und 19 Uhr das Eis nicht mehr mietet, steht das Eis leer. Andere Mieter finden sich in diesem Zeitraum kaum, weswegen der weitere Betrieb der KEB gefährdet wäre. Oder anders gesagt: Die Kosten entstehen sowieso, weil beispielsweise Kühlanlagen auch ohne Mieter zu gewissen Zeiten weiterlaufen müssen. Ich persönlich fände es sinnvoll, diese Gelder jetzt in den Nachwuchs zu investieren, anstatt später ein Defizit zu decken, wofür die Stadt als Haupteignerin der Kunst­eisbahn AG wohl ebenfalls die Kosten tragen müsste. Letztlich geht es darum, ob wir es für sinnvoll halten, unseren Kindern eine solche Möglichkeit zu bieten oder nicht.

Inhalt der Abstimmung ist, dass die Kunsteisbahn AG um 125 000 Franken stärker unterstützt werden soll, damit die Eismieten dem SCL-Nachwuchs zum grossen Teil erlassen werden können. Wieso ist das nötig?
Wir können die Kosten nicht mehr mit unseren Einnahmen decken. Wir sind in den letzten acht Jahren um 50 Prozent gewachsen, was einerseits erfreulich ist, aber auch Herausforderungen birgt. Wir mussten in den letzten Jahren leider deutliche Rückgänge bei den Sponsoreneinnahmen ertragen, was zu diesem Problem führte. Der Unterschied auf der Einnahmenseite von der Saison 2017/2018 zur Saison 2018/2019 beträgt rund 110 000 Franken – und das ist entscheidend.

Viele mokieren sich darüber, dass der SCL damit noch stärker unterstützt wird – obwohl er von der Stadt schon kräftig subventioniert wird.
Uns ist bewusst, dass wir mit 125 000 Franken bereits einen grossen Batzen indirekt erhalten und eine Verdoppelung dieses Unterstützungsbeitrages kein Klacks ist. Letztlich streben wir hiermit aber nur nach vergleichbaren Bedingungen.

Inwiefern vergleichbar?
Das ist auf zwei Arten zu betrachten. Einerseits haben wir im Vergleich mit anderen Eishockeyclubs einen deutlichen Wettbewerbsnachteil. Weder Bern, noch Biel, noch Langnau müssen für ihre Nachwuchsteams Eismieten zahlen. Gleiches gilt auch für Visp oder die Rapperswil Jona Lakers. Und der EHC Olten Nachwuchs erhält von der Stadt pro Jahr 140 000 Franken für 154 Kinder, während wir für 290 Kinder 125 000 Franken erhalten. Bei Olten fällt deshalb eine jährliche Ausgleichszahlung an die Eismiete von etwa 20 000 Franken an, wir hingegen zahlten in den letzten acht Jahren im Schnitt 140 000 Franken pro Saison. Und zudem kann unsere Infrastruktur mit jener von Bern, Langnau, Biel, Visp oder auch Olten nicht mithalten.

Welches ist die zweite Betrachtungsart?
Ich befürworte, dass andere städtische Sportvereine von der Stadt bei der Miete ihrer Infrastrukturen bereits stark entlastet werden. Die Mieten für Turnhallenplätze, das Leichtathletikstadion oder der Fussballplatz sind mit unseren Mietbeträgen jedoch nicht vergleichbar und dies wiederum finde ich nicht fair. Hier wollen wir für unseren Nachwuchs – das Profiteam und die Damenmannschaft sind ausgenommen – einzig gleiche Bedingungen wie andere Vereine. Es kann nicht sein, dass ich für eine wöchentliche Turnhallenstunde übers ganze Jahr hinweg gleich viel bezahle, wie für eine einzelne Stunde auf dem Eis in Schoren. Und dazu kommt: Es werden mit einem Ja lediglich 1000 Stunden Nachwuchs-Eismiete durch die Stadt bezahlt. Was darüber hinaus geht, werden wir auch weiterhin selbst bezahlen – zu 250 Franken pro wöchentliche Stunde inklusive Eisreinigung. Um ehrlich zu sein, ginge meine Vision aber noch weiter.

Erläutern Sie diese.
Ich fände es toll, wenn die Stadt Langenthal sich klar als Sportstadt positionieren würde. Sie könnte sagen: Wir leisten es uns, dass die Mieten der sportlichen Infrastruktur für sämtliche Jugendteams kostenfrei sind. Das wäre ein starkes Signal, welches nicht zuletzt auch sportbegeisterte Familien anlocken würde.

Kommen wir zurück zu Ihrem spezifischen Anliegen. Hier zuerst ein Lösungsvorschlag: Sie könnten Ihre Mitgliederbeiträge erhöhen, um die Kosten zu decken.
Das ist für uns kein Thema, und dies aus einfachem Grund: Bereits heute zahlt ein U9-Spieler einen Jahresbeitrag von 840 Franken inklusive Eislaufmarathon und Lizenz, die ältesten Junioren sogar 1650 Franken pro Jahr. Wir haben die Beiträge bereits vor zwei Jahren erhöht und sind im regionalen Vergleich an der oberen Grenze. Eishockey soll für alle Kinder in Langenthal und Umgebung zugänglich sein, eine Erhöhung der Jahresbeiträge würde diese Philosophie gefährden.

Dann stellen wir hier eine ganz banale Frage: Wieso lohnt es sich überhaupt, den SCL Nachwuchs zu unterstützen?
Sport ist eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, Gesundheitsprävention und eine Lebensschule. Jedes Kind soll die Möglichkeit haben, den Sport zu betreiben, den es gerne möchte. Sport ist grundsätzlich gut und bildet Kinder auf ihrem Lebensweg weiter – gerade auch in sozialen Belangen. Für mich als ehemaliger Lehrer und einstiger Fussballtrainer ist klar: Kinder und Jugendliche, die wir nicht beschäftigen, werden dereinst uns beschäftigen. Bei einem Nein müssten wir 50 bis 60 Kinder aus dem Verein wegweisen. Das fände ich äusserst schade und gesellschaftlich gesehen ein schlechtes Signal. Ich hoffe, dass dies nach dem Stadtrat und dem Gemeinderat auch das Stimmvolk so sieht.

Es wird bemängelt, dass 80 Prozent der Kinder nicht aus Langenthal stammen, die umliegenden Gemeinden aber keinen Beitrag leisten. Haben Sie nicht versucht, andere Gemeinden in die Pflicht zu nehmen?
Zunächst einmal sind es 75 Prozent. Langenthal hat hierbei auch eine Zentrumsfunktion, da nicht in jeder Gemeinde eine Eishalle steht. Ausserdem haben wir es sehr wohl versucht, Finanzbeiträge von anderen Gemeinden zu erhalten. Beispielsweise von Huttwil erhalten wir seit Jahren eine angemessene Unterstützung. Andere Gemeinden haben dies aber kategorisch abgelehnt. Diese Gemeinden bezahlen aber immerhin das Schulgeld, wenn eines ihrer Kinder die Langenthaler Talentschule besucht.

Diese Abstimmung ist für den SCL Nachwuchs in seiner heutigen Art folglich existenziell. Wie versuchen Sie, den Abstimmungskampf positiv zu beeinflussen?
Wir haben Elternbriefe versandt, verteilen Flyer und Pucks und platzieren Aufkleber, die für ein Ja werben. In diesen Tagen leistet jede Nachwuchsstufe ihren Beitrag. Wir laden Freunde von unseren Juniorinnen und Junioren ein, Trainings unserer Mannschaften zu besuchen und verteilen den Teilnehmern Geschenke mit Werbematerialien, um sie auf die Abstimmung hinzuweisen. Auch auf der Strasse versuchen wir mit Aktionen zu werben, beispielsweise verteilten am letzten Mittwochnachmittag unsere Kinder Pucks und Geschenke an die Bevölkerung. Natürlich sind wir auch auf Social Media mit Videos und Bildern aktiv.

Wie sind die Reaktionen?
Ich spüre eine sehr grosse Hilfe und Unterstützung. Auch, dass prominente Persönlichkeiten wie Hans-Jürg Käser, Hans-Christian Schneider, Peter Regenass oder Thomas Rufener sich öffentlich zum SCL bekennen, hilft enorm. Der Zuspruch ist zweifellos gross, zugleich erfahre ich aber auch von negativen Meinungen. Das gehört zu einer lebhaften Politik dazu, jeder soll sich seine Meinung selbst bilden dürfen. Ich persönlich hoffe einzig, dass die Ja-Argumente überwiegen, denn letztlich soll dies der wichtigste Sieg der Saison werden.

Sicherlich lebt die SCL Nachwuchsorganisation auch von der Swiss League Mannschaft des SC Langenthal. Wie viel Spitzensport steckt im Nachwuchs?
In unserer Strategie sprechen wir uns klar für den Breiten- und den Leistungssport aus, wir wollen beides
ermöglichen. Aktuell sind rund 25 Kinder in einem Talentförderprogramm integriert, der Rest unserer 290 Junioren betreibt folglich Breitensport.
Unser Ziel ist es, dass es jährlich ein Junior bis in den Spitzensport, also unsere Profimannschaft, schafft. Folglich ist der Anteil am Spitzensport im Nachwuchs sehr klein. Aber die erste Mannschaft ist zweifellos ein gutes Werbeinstrument für unseren Sport und beeinflusst das Interesse am Eishockey.

Und dennoch sind in der Nachwuchsorganisation fünf Personen zu gut 400 Stellenprozenten beschäftigt. Wieso ist das für eine Organisation nötig, die mehrheitlich im Breitensport engagiert ist?
Weil wir nur ein Eisfeld vor Ort haben, ist es nötig, dass wir bei unserer aktuellen Grösse mit unseren Teams ab 16 Uhr aufs Eis gehen können. Um diese Zeit ist es aber nicht möglich, genügend Miliztrainer zu finden, die sich engagieren können. Gleiches gilt auch für die zusätzlichen Trainings um die Mittagszeit. Ausserdem haben wir gewisse Qualitätsansprüche an unsere Juniorenförderung und sorgen dafür, dass Trainer bestmöglichst ausgebildet sind. Dass wir in der Saison 2016/2017, im vorletzten Meisterjahr, immerhin 11 Eigengewächse eingesetzt haben, unterstreicht, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind. Dazu kommt, dass wir in den letzten beiden Saisons vom Eishockeyverband mit dem Ambition-Label als beste Nachwuchsabteilung dieser Stufe ausgezeichnet wurden. Es wäre schade, könnten wir unsere Arbeit nicht in derselben Grösse und Qualität weiterführen.

Letztlich ist die Abstimmung am 9. Februar nur eine Hürde, welche der SC Langenthal als ganzer Verein in den nächsten Wochen nehmen muss. Wenn der Stadtrat dies ermöglicht, soll am 15. März auch über einen Planungskredit für eine neue Eishalle befunden werden. Auch dieses Projekt ist für den Nachwuchs wichtig – warum?
Die erste Abstimmung ist nötig, weil wir in der Nachwuchsbewegung jetzt Hilfe brauchen und nicht weiter darauf warten können. Die zweite Abstimmung hingegen sichert die langfristige Zukunft des Eissportes. Uns allen ist bekannt, dass die Eishalle Schoren ab dem Jahr 2031 nicht mehr in Betrieb sein darf. Bei einem Nein am 15. März würde es nicht nur den Nachwuchs, sondern den ganzen SC Langenthal, sowie das Curling, den freien Eislauf und den Schulsport treffen. Mit einem Nein gäbe es künftig keine SCL-Nachwuchsabteilung mehr, entsprechend müssten die Kinder selbst nach Alternativen für ihre Freizeitgestaltung suchen.

Zurück zum 9. Februar: Wir haben viel darüber gesprochen, was bei einem Nein passieren würde und wieso ein Ja nötig ist. Zuletzt stellt sich noch eine Frage: Was passiert bei einem Ja?
Ich verspreche, dass bei einem Ja jedes Kind, welches Eishockey spielen möchte, bei uns zu einem angemes­senen Jahresbeitrag Eishockey spielen darf. Auch garantiere ich, dass wir uns weiterhin mit vollem Herzblut engagieren werden, damit wir gute Vor­aussetzungen schaffen können, dass Kinder hier eine sinnvolle Freizeit­beschäftigung finden, die zur Gesundheitsprävention und zur sozialen Entwicklung junger Menschen beiträgt.