• Grosse Vorfreude: Lars Kleeb (23) aus Gondiswil darf diesen Sommer am Military Tattoo in Edinburgh mitwirken. · Bilder: Thomas Peter

  • Lars Kleeb in der Uniform der Swiss Army Central Band. · Bild: zvg

  • Rund 30 Shows innert vier Wochen wird der 23-Jährige absolvieren dürfen.

04.05.2023
Oberaargau

Sein Talent führt Lars Kleeb nach Schottland

Besondere Ehre für Lars Kleeb: Der 23-Jährige reist diesen Sommer mit der Swiss Army Central Band an die spektakulärste Militärparade der Welt, das Royal Edinburgh Military Tattoo. Ein Glücksfall für den jungen Gondiswiler, denn es kam in der Vergangenheit nicht gerade oft vor, dass ein Schweizer Armeespiel an der weltbekannten Veranstaltung in der schottischen Hauptstadt teilnehmen durfte.

Gondiswil · «Ich quäle mich gerne selbst ein wenig», sagt Lars Kleeb. Klingt hart, macht im Falle des 23-Jährigen aber durchaus Sinn. Denn die vermeintlichen Qualen stehen in Zusammenhang mit seinem liebsten Hobby, dem Musizieren mit dem Euphonium beziehungsweise mit dem Bariton. Zwei Blechblasinstrumente, die einander recht ähnlich sind, sich jedoch durch Grösse und Klang unterscheiden.
Sich selbst quälen heisst für den Gondiswiler: Täglich mindestens eine Stunde zuhause mit seinen Instrumenten üben. «Wenn ich dabei bin, vergeht die Zeit wie im Flug», sagt Lars Kleeb, und gibt damit zu erkennen, dass das Proben zuhause im «Kämmerlein», wie er es nennt, für ihn natürlich alles andere als mühselig und qualvoll ist. Er meint es scherzhaft. Das Musizieren ist seine grosse Passion, dafür übt er sogar äusserst gern.

Anstrengender Sommer steht bevor
Noch übt Lars Kleeb jedoch nicht für das, was ihm diesen Sommer bevorsteht. Dies wird sich allerdings in absehbarer Zeit ändern, denn es kommen anstrengende Wochen auf ihn zu. Viele Stunden werden im Kämmerlein vonnöten. Denn, wenn man so will, erlebt der 23-Jährige im August 2023 eine Art Zwischenkrönung seiner noch jungen Musikantenkarriere: Er darf mit seinem Euphonium ans weltberühmte Military Tattoo nach Edinburgh reisen (siehe Kasten). Diese besondere Ehre wird ihm zusammen mit der Swiss Army Central Band zuteil, in der Lars Kleeb seit 2019 mitwirkt.
Die Swiss Army Central Band ist eines von vier besonderen Repräsentations-Orchestern der Schweizer Armee. Daneben existieren noch das Symphonische Blasorchester, die Swiss Army Brass Band sowie die Swiss Army Big Band. Die Central Band, bei der Lars Kleeb mitspielt, zählt um die 80 Musikantinnen und Musikanten aus der ganzen Schweiz. In der Band tummelt sich sozusagen die Crème de la Crème derjenigen Personen, die ihre Rekrutenschule in einem Militär-Musikspiel absolviert hatten. Doch nicht alle, die eine Musikanten-RS machen, dürfen nachher in einem der vier Repräsentations-Orchester mitspielen. Dafür muss man schon besondere Fähig-
keiten haben, und auch extra noch eine gesonderte Aufnahmeprüfung bestehen.

«Glücklicher Zufall, dass ich genau jetzt in der Band bin»
Dies schaffte Lars Kleeb nach seiner Rekrutenschule. Nach einem Vorspielen wurde er in die Swiss Army Central Band aufgenommen. Somit verbringt er seine Militär-Wiederholungskurse nun mit der Central Band, und nicht mit einem regulären WK-Spiel. Mit der Swiss Army Central Band darf Kleeb diesen Sommer nun nach Schottland reisen. Das ist recht aussergewöhnlich, denn in der Vergangenheit durfte die Central Band nur einmal am Royal Edinburgh Military Tattoo teilnehmen. Interessanterweise bereits damals mit Huttwiler Beteiligung. «Es ist ein glücklicher Zufall, dass ich gerade jetzt in der Central Band mitwirke», weiss Lars Kleeb. Seine Dienstzeit bei der Militärformation ist theoretisch begrenzt. Wohl ist es so, dass er mit der Central Band jährlich verschiedene Anlässe im In- und Ausland besuchen darf. Aber die Teilnahme am bekanntesten und grössten Military Tattoo der Welt ist eher eine Ausnahme denn eine Regel, und deshalb ist es gut möglich, dass es für den Gondis­wiler das erste und einzige Mal sein wird, dass er als Künstler und Musikant in Edinburgh mitwirken darf. Entsprechend gross ist seine Vorfreude.

Als wärs nicht schon schwierig genug – auswendig spielen!
Erstaunlicherweise erst vier bis sechs Wochen vor dem Anlass werden den teilnehmenden Musikanten die Noten zugeschickt. Heisst: Schätzungsweise erst gegen Ende Juni wird Lars Kleeb mit dem effektiven Übungsbetrieb für das Edinburgh-Tattoo im August beginnen können. Und dies beinhaltet nicht nur das Erlernen der Noten, sondern er muss die ausgeteilten Stücke regelrecht auswendig lernen. Ein kleines Markenzeichen der Central Band ist nämlich, dass die Stücke, währenddessen man die wildesten und ausgefallensten Formationen läuft, ohne den Einsatz von Noten dargeboten werden.
Lars Kleeb weiss also, was er diesen Sommer zu tun hat. Auf die Übungssequenzen im privaten Kämmerlein folgt eine Woche vor der Abreise nach Schottland eine Intensivphase in Sursee LU, wo die Swiss Army Central Band erstmals zusammenkommt, um die Choreografie für das Tattoo in Edinburgh einzustudieren. In dieser Woche wird alles zusammengeführt: Das auswendige Spielen und die Bewegungsabläufe.

«Langeweile wird bei mir wohl keine aufkommen»
Danach geht es für die Schweizer Eliteformation nach Edinburgh, wo im August rund 30 Shows innert vier Wochen anstehen. Täglich eine Show, wobei sonntags keine stattfindet, an den Samstagen dafür deren zwei. Darüber hinaus ist die Swiss Army Central Band verpflichtet, im Rahmen des Military Tattoo gewisse Repräsentations-Auftritte in der Öffentlichkeit wahrzunehmen. Dies, um beispielsweise für das Tattoo zu werben. «Langeweile wird bei mir diesen August wohl keine aufkommen», scherzt Lars Kleeb, der sich durchaus darüber im Klaren ist, dass hier ein recht happiges Programm auf ihn zukommt.
Nichtsdestotrotz rechnet der junge Gondiswiler damit, dass er und seine Musikkameraden in Edinburgh noch etwas Freizeit haben werden. Beispielsweise, um sich die Stadt anzuschauen oder zusammen mal ein Bierchen trinken zu gehen. Denn das Kameradschaftliche, so hoch das musi­kalische Niveau auch sein mag, soll definitiv auch in einer Formation wie der Central Band nicht zu kurz kommen. «Wir sind zwar sehr konzentriert bei dem, was wir musikalisch darbieten, aber verbissen bei der Sache ist eigentlich niemand», gibt Lars Kleeb zu verstehen, und führt weiter aus: «Etwa 80 bis 90 Prozent der Mitglieder in der Central Band musizieren – wie ich selbst – einfach als Hobby. Die meisten sind also bei sich in der Region auch noch in Bands und Musikvereinen aktiv. Und so kennt eigentlich jeder und jede auch die gesellige, kameradschaftliche Seite, die das Mitspielen in einer Formation mit sich bringt.»

Von Patrick Jordi

Mit Flühli wurde er
bereits Schweizermeister

Diese Kameradschaft geniesst Lars Kleeb auch bei der Musikformation, in der er nebst der Swiss Army Central Band eigentlich regulär aktiv ist: Die Brass Band Kirchenmusik Flühli. Hier spielt er die zweite Bariton-Stimme. Und das sehr erfolgreich, denn Lars Kleeb holte sich letzten November zusammen mit der Kirchenmusik Flühli den Schweizermeistertitel in der 1. Stärkeklasse der Schweizer Brass Bands. Wie im Sport auch, kann man bei einem Gruppensieg eine Stär­keklasse aufsteigen. Somit spielt Kleeb mit der Kirchenmusik Flühli nun in der sogenannten Elitekategorie, der zweithöchsten Kategorie überhaupt, die es in der Schweizer Brassmusik-Szene gibt. «Das musikalische Niveau bei den Schweizer Brass Bands auf diesem Level ist gewaltig, ich muss mich also ordentlich ins Zeug legen», sagt der 23-Jährige, dem man im Gespräch gerne abkauft, dass er das Musizieren als sportlichen Wettkampf ansieht. Darauf deutet allein schon seine Wortwahl hin: Bei ihm ist etwa vom «Festbeissen» die Rede, wenn er dem Gegenüber erklärt, dass es in musikalischer Hinsicht sein nächstes Ziel sei, sich mit der Kirchenmusik in der Elitekategorie fix zu etablieren.

 

Musikalischer Weg
trotz Startschwierigkeiten

Die Begeisterung für die Musik und seine Motivation sind regelrecht an- steckend. Beides steht in krassem Kontrast zu Lars Kleebs Anekdote, die von seinen musikalischen Anfängen erzählt: «Wie die meisten Schülerinnen und Schüler begann auch ich mit dem Blockflötenunterricht. Dies war jedoch gar nicht mein Ding und so hörte ich bereits nach einem Schuljahr damit auf. Glücklicherweise war die Sache damit aber nicht gegessen, denn Lars’ Mutter und seine ältere Schwester waren es, die ihn schlussendlich auf den Pfad der Musik zurückzuführen vermochten. Beide spielten schon damals ein Instrument. Durch diese Konstellation und der alljährlich stattfindenden Instrumentenvorstellung der Musikschule und Kadettenmusik Huttwil, bei welchen Kinder und Jugendliche näher an die Musik und die verschiedenen Instrumente herangeführt werden. Mit seinem Bariton (und später mit dem etwas grösseren Euphonium) durchlief Lars Kleeb in Huttwil die üblichen Stufen einer musikalischen Grundausbildung: Musikschule, Beginners Band der Kadettenmusik und anschliessend die Kadettenmusik Huttwil. Danach folgten für ihn ein paar Jahre in der Stadtmusik Huttwil, wo er gemeinsam mit Mutter und Schwester musizierte. Nach der Achtzehnwöchigen Rekrutenschule begann durch verschiedene Aushilfsmöglichkeiten, bei der MG Eriswil (in der auch seine Freundin aktiv musiziert) oder das erste Projekt mit Brass Explosion das «Abenteuer Brass Band», welches ihn schliesslich im Jahr 2022 in die Brass Band Kirchenmusik Flühli führte.

 

Nach Edinburgh wird
Betriebsökonomie studiert

Viel Zeit für andere Hobbies hat Lars Kleeb nicht. Doch das stört ihn keineswegs. Er geniesse es, abends von der Arbeit zu kommen und für eine Stunde oder anderthalb zuhause mit seinem Euphonium zu üben. «Ich bin einfach nicht der Typ, der nach Hause kommt und es sich dann vor der Glotze gemütlich macht.» Wenn er abends nicht gerade am Üben ist, muss Lars Kleeb für die technische Berufsmatura lernen, die er diesen Sommer erfolgreich abschliessen will. Derzeit arbeitet er, nebst der technischen Matura, bei der Firma W&P Engineering AG als Heizungsplaner in Willisau. Im Anschluss an die Erfahrung des Royal Military Tattoo in Edinburgh wird er ein Studium der Betriebsökonomie an der FHNW in Olten beginnen.