Seine Handschrift soll den Erfolg zurückbringen
SCL Tigers: Marc Eichmann – Finanzsorgen, Corona, letzter Platz und 16 Verträge, die auslaufen: Bei den SCL Tigers gibt es gleich mehrere Baustellen, die teilweise grosse Sorgen bereiten. Mittendrin ist Marc Eichmann, der im Frühjahr kurzerhand vom Torhütertrainer zum Sportchef befördert wurde, nachdem er den Schritt vom «kleinen» SCL zum grossen SCL gewagt hat.
Eishockey · Die Frage nach der Zukunft des Eishockeys und nach der Zukunft der SCL Tigers lässt Marc Eichmann ein bisschen länger überlegen. Nach vorne zu blicken ist besonders in der jetzigen Situation schwierig, Eichmann aber sagt dann: «Sorgen um das Schweizer Eishockey an sich mache ich mir nicht.» Dass sich das Produkt verändern dürfte, denke er aber schon. «Vielleicht werden die Kader ein bisschen dünner. Ich denke auch, dass nicht mehr alle Clubs bereit sind, mit fünf Ausländern in die Saison zu starten», schätzt der Sportchef der SCL Tigers ein. Besonders wichtig sei dann, dass sich die Schere zwischen den Grossclubs und den kleineren Vereinen nicht weiter öffnet, was der Attraktivität der Liga schaden würde. Dass ausgerechnet jetzt darüber diskutiert wird, ob künftig 10 Ausländer pro Team spielberechtigt sein sollen, würden die SCL Tigers daher sehr kritisch betrachten. «Wir haben unsere Inputs eingegeben und darauf hingewiesen, dass Kompromisse von allen Clubs nötig sind, damit man die verschiedenen Interessen im Sinne der langfristigen Entwicklung des Eishockeys bestmöglich vereinen kann», sagt Eichmann. Ob die SCL Tigers explizit für oder gegen die Reform stimmen werden, liess er nicht durchblicken, ein «Ja» würde laut ihm andere Chancen eröffnen. «Es ist kein Muss, alle zehn Ausländerpositionen zu besetzen. Wenn wir das nicht tun, ergeben sich bei uns Chancen für junge Spieler mit Potenzial.» Und dies komme den SCL Tigers entgegen, die auch künftig vermehrt auf junge Akteure setzen wollen.
Weg vom letzten Platz
Für Marc Eichmann ist derweil klar: Auch wenn die Tigers aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten nicht mit den gleichen Ellen messen, wie beispielsweise die ZSC Lions oder der EV Zug, werden sie auch weiterhin ein attraktives, konkurrenzfähiges Produkt ihren Fans anbieten. «Es ist klar, dass wir von diesem letzten Platz weg wollen.» Dies gelte indes für den kurz- und den langfristigen Ausblick. «Es liegt an uns, mit den vorhandenen Ressourcen umzugehen und alles aus diesen Möglichkeiten rauszuholen.» Auch diese Herausforderung mache ihm als Sportchef Spass, sagt der 40-Jährige und lässt daraufhin durchblicken, dass er den SCL Tigers auch weiterhin erhalten bleiben wird.
Zweifellos steht Eichmann in seiner Position vor einer grossen Herausforderung, zumal bei den Tigers auf den Sommer hin gleich 16 Verträge auslaufen werden. «Letztlich wird das eine grosse Challenge sein. Um diese zu meistern habe ich aber auch ein tolles Team hinter mir.» Zudem sei sich der ganze Club bewusst, dass man hier einen längeren Prozess beschreite, um etwas Neues aufzubauen. «Zuerst bin ich erschrocken, als ich wusste, dass 16 Verträge auslaufen. Dies eröffnet aber auch Chancen für die Spieler und für mich, meine Handschrift einzubringen.» Diese definiere sich indes einerseits durch das Schaffen von Kontinuität, aber auch strikte Qualitätsforderungen. «Es hat geholfen, dass Ivars Punnenovs bleiben wird. Das hat ein positives Signal ausgesendet und gezeigt, dass wir wieder einen Schritt nach vorne machen wollen.» Das sei auch mit eingeschränkten finanziellen Mitteln möglich, auch wenn die Herausforderung, eine Mannschaft zu bilden, dadurch noch etwas grösser wird.
Beim kleinen SCL viel gelernt
Und letztlich ist dies auch die Hauptaufgabe des Sportchefs, für deren Ausführung er beim SC Langenthal viel lernen konnte, weil er in unterschiedlichen Positionen in alle Bereiche des Business reinschauen konnte. Dies habe ihm die bestmögliche Grundlage geschaffen. «Heute ist der Sportchef nicht mehr einfach nur für den Sport zuständig – vor allem auch in der aktuellen Zeit, in der Weitsicht gefragt ist. Denn letztlich geht es auch um das Überleben der ganzen Organisation», sagt der Zürcher, der seit 14 Jahren im Kanton Bern eishockeytechnisch engagiert ist. Dass er über den Tellerrand des Sportchef-Postens hinausgeblickt habe, helfe ihm. Dass er diese Möglichkeit hatte, dafür sei er dem «kleinen» SCL denn auch dankbar.
Der Schritt in die National League und damit weg von jenem Club, in dem er als Torhüter Legendenstatus geniesst, sei aber der richtige Schritt, zum richtigen Zeitpunkt gewesen. «Dafür war ich bereit. Und heute bin ich sehr froh, dass es so weit kam, weil ich mich in Langnau enorm wohlfühle.» Das gelte auch in dieser Situation, mitsamt Corona. «Ich bin sehr gut aufgenommen worden, ausserdem wurde ich von Beginn weg sehr gut unterstützt. Das Miteinander wird in Langnau besonders gross geschrieben.» Zwar könne man die beiden SCL durchaus vergleichen, sagt Eichmann dann weiter, letztlich sei aber, nicht zuletzt wegen der Ligenzugehörigkeit, in Langnau alles ein bisschen grösser. «Der Medienrummel, die Ressourcen – von allem ist es ein bisschen mehr.»
Die Leistung muss stimmen
Neu ist die Situation für den Neo-Tiger aber auch, weil Eichmann zuletzt vor allem auf der Seite der Sieger stand – etwas das Langnau im Gegensatz zum Swiss-League-Team aus Langenthal in dieser Saison (zu) selten vergönnt ist. «Ja, das Verlieren war ich mir nicht mehr gewohnt», schmunzelt Eichmann, da müsse man aber jetzt durch. Denn: «Allen ist klar, dass wir nicht die gleiche Substanz haben wie andere Teams.» Über Niederlagen ärgere er sich deshalb nur, wenn die Leistung nicht stimmt. «Wir werden uns auch weiterhin über den Team-Effort definieren. Wir sind ein extrem junges Team, aber dieses ehrliche Handwerk, die Zusammenarbeit und der Einsatz, muss stimmen», betont Eichmann und hängt an: «Wir haben keine Chance. Und die wollen wir nutzen.» Beispielsweise gegen Zug wäre dies vergangene Woche beinahe gelungen, als die Tigers aber noch einen 2:0-Vorsprung preisgegeben haben.
Vorerst ist bei den Emmentalern und auch bei Marc Eichmann weiterhin Geduld angesagt. «Wir wissen, dass wir viele Verletzte haben und dass uns Spieler wegen der U20-WM fehlen. Aber das sind Ausreden», gibt Eichmann zu. Zu lamentieren oder gar den Kopf hängen zu lassen diene nicht, viel eher zählt «witer chrampfe und punkte». «Das Ziel bleibt dasselbe. Wir wollen in die Pre-Playoffs.» Auch sei man mit den letzten Resultaten nicht zufrieden, sagt Eichmann. Das Vertrauen in den Turnaround sei in Langnau aber weiterhin gross.