• Das Interesse an den 175-Jahr-Feierlichkeiten der Käserei Dürrenbühl war gross. · Bilder: Barbara Heiniger

  • Das erste Hüttenbuch der Käserei Dürrenbühl war lange verschollen und wurde bei einer Bauernhausräumung wiederentdeckt.

  • Ruth und Urs Wüthrich (links) übernehmen von Margrith und Ernst Christen.

  • Das Sortiment ist vielfältig.

  • Ein Meilenstein in der Geschichte der Käserei: 2012 wurde mit dem Neubau des Ladens und des Heizungskellers begonnen.

11.09.2023
Oberaargau

Seit 175 Jahren – Käse im Dürrenbühl

In der Zeit des grossen Aufbruchs wurde 1848 die Käsereigenossenschaft Dürrenbühl gegründet. Seit 175 Jahren entsteht seither im Dürrenbühl in Wyss­achen Käse. In der langen Zeit gab es für die Käserei, die jeweiligen Käser und die Bauern als Milchlieferanten viele Hürden zu überwinden. Mit Stolz durften die Milchproduzenten und -konsumenten 2023 das Jubiläum feiern. Dies im Gebäude, das 2012 umgebaut wurde und nun den Chäsilade sowie die Käserei mit Lagerräumen beherbergt.

Wyssachen · Es ist fast eine unglaubliche Geschichte: 1848 ist für die Schweiz ein Meilenstein, es wurde die neue Verfassung verabschiedet und damit der Konflikt zwischen den liberalen und den konservativen katholischen Kantonen beendet. Die Verfassung legte den Grundstein für den Bundesstaat, der den bisherigen Staatenbund der Kantone ablöste. So wurde das neue Parlament, die Bundesversammlung, die «oberste Gewalt des Bundes». Die Menschen in dieser Zeit waren bereit, etwas zu wagen, so wurde die Ersparniskasse Wyssachen gegründet. Auch die Herstellung von Käse war in diesem Jahr in Wyssachen im Aufschwung.

Das Hüttenbuch und 51 Mitglieder
Lange galten die Gründungsakten der Käsereigenossenschaft Dürrenbühl als verschollen. Es wurde vermutet, dass diese ein Bauernhausbrand vernichtete. Durch Zufall wurden beim Aufräumen eines Bauernhofes das erste Hüttenbuch und andere Dokumente vor einiger Zeit wiederentdeckt. Diese sind alle in der alten deutschen Schrift verfasst und die jeweiligen «Schreiber» haben dabei grosse Arbeit geleistet. Damit kann nun klar belegt werden, dass 1848 die Gründung der Käsereigenossenschaft Dürrenbühl im Wyss­achengraben erfolgte. Die Statuten wurden von 51 Mitgliedern unterzeichnet.
An der ordentlichen Versammlung vom 13. April 1848 abends um 7 Uhr im Dürrenbühl wurde über das «Andingen» eines Senns oder Käsers beraten. Wem das beste Zutrauen geschenkt wurde, war vorgeschlagen. Dies war zum einen Oberli, Käsesalzer in Ursenbach, und zum anderen Christen Zaugg zu Wynigen, sonst Trub. Der Beschluss für das «Dingen» eines Senns wurde der «Commission» überlassen. Am 19. Mai 1848 fand erneut eine Versammlung statt und diese hatte als Traktanden: 1. Heute wird mit der Lieferung angefangen, 2. Das Reglement wird noch wörtlich gelesen. Die weiteren fünf Geschäfte handelten vom Anken-, Ankenmilch-, Ziger- und Schweinetränke-Verkauf. Unterzeichnet war dieses Protokoll mit: Namens der Gesellschaft der Präsident Ulrich Hess, Johann Ulrich Zaugg der Schreiber. Den ersten Standort soll die Käserei im Möösli gehabt haben, später auch beim Hubacher-Hof.

Die Käserei wird gebaut
Es gab dann gute und schlechte Zeiten in der Käsereigenossenschaft Dür­renbühl. So war in den Dreissigerjahren des letzten Jahrhunderts der Milchpreis so schlecht, dass die Bauern überlegten, die Milch eher in der «Schorrgraben» zu leeren, als in die Käserei zu bringen. 1938 wurden im Dürrenbühl im Sommer 19,5 Rappen und im Winter 17,5 Rappen ausbezahlt.
Ein grosser Meilenstein war der Neubau der Käserei 1934 am heutigen Standort im Dürrenbühl. Damals war die Einrichtung für zwei Emmentaler-Käse pro Tag ausgelegt. Zuvor war 1932 Käser Ernst Wälchli von der Genossenschaft als Milchkäufer gewählt worden. Dieser ging 1955 in den Freitod und so führte bis 1962 seine Frau mit einem Angestellten den Betrieb. 1962 erfolgte der Einbau einer Tiefge­frieranlage, diese Form des Haltbar­machens erlebte damals eine erste Hochkonjunktur, und der Käsereivor­­platz wurde geteert. Die Käserei wurde
vom Milchkäufer- in einen Genos­­-sen­schafts­betrieb umgewandelt und die eingelieferte Milchmenge betrug 789 448 Kilo. 1962 konnten Margrith und Ernst Christen aus Detligen als neues Käserehepaar gewählt werden. Zwei Jahre später erfolgte der Erweiterungsbau auf drei Käse pro Tag. 1969 wurde ein Käseroboter angeschafft und eine Aussenrenovation gemacht. Diese sorgt damals laut Protokoll für eine grosse Diskussion. 1976 wurde der Käsefertiger für fünf Käse eingebaut, 1984 gab es ein neues Ladenlokal und 1986 erfolgte der Anschluss an die ARA. 1991 betrug die Jahresmilchmenge 1 638 489 Kilo und es wurde auch ein Angestelltenzimmer im Käsereigebäude eingebaut. Während der Zeit von Käser Christen wurden viele Lehrlinge ausgebildet und einige Angestellte bereiteten sich in der Käserei auf die Meisterprüfung vor. Damals war der Fachkräftemangel noch nicht so spürbar wie heute. 1994 wurde die Neutralisationsanlage für das Abwasser angeschafft. Dies alles zeigt, dass die Verantwortlichen stets am Puls der Zeit waren und ständig die notwendigen Neuerungen getätigt haben.

Käser-Ehepaare Christen und Wüthrich
Auf den 1. November 1995 beendeten Margrith und Ernst Christen nach 33-jähriger Tätigkeit ihr Wirken in der Käserei Dürrenbühl. In ihrer Zeit hat die Käsereigenossenschaft viele Veränderungen erlebt, mit Hans Hess, Willi Hess, Andreas Sägesser und Werner Graber gab es in diesen Jahren auch vier Präsidenten. Als Nachfolger und neues Käserehepaar wurden Ruth und Urs Wüthrich gewählt. Aktuell ist Urs Wüthrich Leiter der Produktion. 2006 sind im Mitgliederverzeichnis 28 Lieferanten aufgelistet. Dabei sind Wal­ter Mühle (Lindenhof) mit Eintritt 1971 und Hanspeter Feldmann (Bühl) mit 1972 die langjährigsten Lieferanten und Stefan Heiniger (Rysch) und Andreas Kunz (Hohler) mit Eintritt 2006 die neuesten Mitglieder. Stetig aber sank die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe auch in Wyss­achen, zudem wurde auf einigen Höfen die Milchproduktion aufgegeben.

Jahresmilchmenge auf 2 300 000 Kilo
Das Jahr 2003 brachte umfassende Veränderungen im Käsereisektor. Aus diesem Grund trat die Mehrzahl der bisherigen Lieferanten der Käserei Gehrisberg in die Käsereigenossenschaft Dürrenbühl ein. Durch diese neun Betriebe erhöhte sich die eingelieferte Jahresmilchmenge auf 2 300 000 Kilo. 2005 wurde ein Milchannahmecomputer angeschafft und 2022 erfolgte die Umstellung, die Milch nur noch einmal am Tag anzuliefern. 2023 wurde die Sanierung des gesamten Käsereidaches und die Montage einer Solaranlage auf der Südseite ausgeführt. Ein grosser Meilenstein war für die Käserei Dürrenbühl 2012 der Neubau des Ladens und des Heizungskellers. Ein Volg-Laden mit Vollsortiment und vielen Käsespezialitäten der Käserei sowie regionalen Produkten wird seit zehn Jahren von der Käserei-Genossenschaft als «Chäsilade Wyss­achen» geführt. Im Geschäft integriert ist ebenfalls die Poststelle und ein Bistro.
Aktuell werden 1 600 000 Kilo Milch in der Käserei verarbeitet, die Menge ist eher abnehmend. Diese wird von den 13 Betrieben, die Mitglieder in der Käserei-Genossenschaft sind, geliefert. Das sind: Samuel Aeschlimann (Chäppihof), Peter Hess (Höchhuser), Walter Liechti (Chaufacher), Nadja und Benjamin Schmid (Hägsbach), Rahel und Stefan Hess (Seppler), Stefan Hei­niger (Rysch), Kathrin und Adrian Eg­gi­mann (Rütimatt), Hans Aeschlimann (Schür), Walter Aeschlimann (Gersberg), Andreas Geissbühler (Alp), Chri­stian Leuen­berger (Chapershus), Urs Zaugg (Stäublern), GG Thomas und Matthias Zaugg (Huebershus).

Mit Mut in die Zukunft
«Noch nie gab es eine so tiefe Bereitschaft zum Melken wie in der heutigen Zeit», stellt Stefan Hess stellvertretend für viele Bauern fest. Die Herausforderungen an die Landwirtschaft und die Dorfkäsereien seien enorm hoch. Um dem Standard zu genügen, müssten immer wieder Investitionen gemacht werden, die finanziell oft nicht mehr tragbar seien. Der Milchpreis sei kaum kostendeckend und viele Landwirte entschieden sich gegen die Milchproduktion. Trotzdem haben es die Verantwortlichen gewagt, das Jubiläum «175 Jahre Käserei-Genossenschaft Dürrenbühl» sowie «10 Jahre Chäsilade Wyssachen» zu feiern. Mit Führungen durch die Käserei, einer Festwirtschaft, frischen Backwaren, Fleischprodukten aus der Region, diversen Überraschungen im Laden und einem Kinderprogramm wurde das Publikum begeistert. Zahlreich kamen die Besuchenden und genossen trotz etwas nasser Witterung die Angebote. Es zeigte sich deutlich, wie wichtig ein Dorfladen und Gewerbe in den ländlichen Gemeinden sind. In Wyssachen ist im Dürrenbühl ein Treffpunkt für alle Generationen entstanden, wo zudem viele Produkte aus dem wertvollen Rohstoff Milch entstehen. Auch nach 175 Jahren gehen wieder Menschen mit viel Engagement, Mut und Elan in die Zukunft mit der Käserei Dürrenbühl und dem Chäsiladen Wyss­achen.

Von Barbara Heiniger