• In der Schweiz gibt es 30 verschiedene Fledermausarten. Im Kanton Bern sind 21 Arten dokumentiert. · Bild: Manfred Gerber / pixelio

  • Grosser Andrang bei den Fledermaus-Informationsständen. · Bilder: Marion Heiniger

  • Umherschwirrende Fledermäuse sorgten für gute Laune.

  • Die ausgestopfte Zwergfledermaus sorgte für Erstaunen.

31.08.2021
Emmental

Sie waren selten zu sehen, aber oft zu hören

Die «25. Internationale Batnight» beinhaltete auch in Wasen Aufklärungspotenzial. Organisiert wurde die Nacht der Fledermäuse vom Natur- und Vogelschutzverein in Zusammenarbeit mit dem Fledermausverein Bern. Höhepunkt war die Fledermauspirsch durch das Dorf, bei der man mit Detektoren ausgerüstet die hochfrequenten Geräusche der Fledermäuse einfangen konnte.

Wasen · Kinder, die in Fledermauskostümen umherschwirrten, sorgten an der «25. Internationalen Batnight», der Fledermausnacht am vergangenen Samstagabend in Wasen für gute Laune. An zahlreichen Orten, auch in der Schweiz, fand dieser Aufklärungsausflug über die leisen Räuber der Nacht statt. In Wasen war es der Natur- und Vogelschutzverein, der zusammen mit dem Fledermausverein Bern für grosses Aufklärungspotenzial sorgte. Eine Veranstaltung für grosse und kleine Fledermausfreunde.
Mit verschiedenen Informationsständen wurden die Besucher der «Batnight» über die sympathischen Flattertiere aufgeklärt. Grosser Andrang war bei den ausgestopften Fledermäusen. Hier sorgte ein ausgestelltes Fledermaus-Skelett mit filigranen Knochen für grosses Erstaunen. Fledermaus T-Shirts fanden reissenden Absatz, und die aus Holz hergestellten Fledermauskästen wurden genaustens unter die Lupe genommen. Wer wollte, konnte sich für die spätabends angesagte Fledermaus- und Nachtfalterexkursion anmelden. Für die Fans der Flattermänner im Kindergarten- und Grundschulalter gab es das Handpuppentheater «Lilly, d Fledermus». Für die Erwachsenen sorgte ein Vortrag von Irene Weinberger, Präsidentin vom Fledermausverein Bern, für viel Wissenswertes über Fledermäuse.

Hörbare Fledermauslaute
Pünktlich um halb neun versammelten sich drei Gruppen, um mit ihren jeweiligen Exkursionsleitern auf die Fledermauspirsch zu gehen.
Mit drei Detektoren ausgerüstet, welche die hochfrequenten Rufe der Fledermäuse in hörbare Laute umwandeln, machte sich die erste Gruppe auf den Weg. «Haltet die Detektoren in die Luft, damit man die Geräusche der Fledermäuse einfangen kann und achtet auf Frequenzen zwischen 40 und 60 Kilohertz», erklärte die Tierärztin Danja Wiederkehr, welche sich auf Fledermäuse spezialisiert hat. Bei dieser Frequenz konnte die Zwergfledermaus geortet werden. Mit hoch erhobenen Detektoren wanderte die Gruppe durch das Dorf Wasen und machte immer wieder halt, da jemand eine entsprechende Frequenz meldete.
«Jede Fledermausart hat einen bestimmten Klangbereich», erklärte Danja Wiederkehr weiter. So habe die Wasserfledermaus eine Frequenz von etwa 30 Kilohertz, der grosse Abendsegler hingegen, als grösste Fledermausart der Schweiz, nur eine Frequenz von 18 Kilohertz. Hören konnte man die verschiedenen Fledermäuse öfters, doch sichtbar waren die kleinen und schnellen nachtaktiven Tiere nur selten. Einzig bei der Kirche in Wasen konnte man zeitweise eine Zwergfledermaus zwischen den Häusern herumschwirren sehen.
Als weitere Attraktion wurde im naturnahen Schulhausgarten ein Lichtzelt aufgebaut, das Nachtfalter anlockte. Sie wurden vorübergehend in kleinen Kunststoffbehältern gefangen genommen und den vorbeiziehenden Gruppen zur Schau gestellt. Bei einer Aussentemperatur von gerade einmal 13 Grad war es erstaunlich, eine solch grosse Vielfalt an unterschiedlichen Nachtfaltern beobachten zu können. Fachkundige Spezialisten erklärten, was in den durchsichtigen Behältern zu sehen war. Auch das Wetter war den Fledermausfreunden gnädig. Erst kurz nach dem die Exkursion zu Ende war, setzte der Regen ein.

Alle Arten geschützt
Die Fledermäuse gehören mit den Flughunden zu der Ordnung der Fledertiere und sind die einzigen aktiv fliegenden Säugetiere. Sie sind mit den echten Mäusen, die zu der Ordnung der Nagetiere gehören, nicht verwandt. Ausser in den Polargebieten sind Fledermäuse überall auf der Welt anzutreffen. Weltweit sind rund 1600 Fledermausarten bekannt. In der Schweiz sind 30 verschiedene Arten nachgewiesen.
Im Kanton Bern wurden bislang 21 Fledermausarten dokumentiert. Alle in der Schweiz lebenden Fledermausarten stehen unter Schutz. Rund die Hälfte der Arten gelten als bedroht und sind auf der «Roten Liste Schweiz» aufgeführt. Die hoch spezialisierten Tiere sind auf ein gutes Nahrungsangebot an nachtaktiven Insekten angewiesen. Bedingt durch die Intensivierung der Landwirtschaft, den Einsatz von Insektiziden und immer höheren Siedlungsdichten wird der Lebensraum und somit auch die Nahrungsgrundlage für Fledermäuse verschlechtert. Mit etwas Platz im eigenen Garten, auf dem Balkon oder Fenstersims können Fledermäuse und weitere Tierarten gefördert werden.

So schwer wie ein Würfelzucker
In unserer Region ist die Zwergfledermaus mitunter eine der häufigsten Fledermausarten. Eine frisch geborene Zwergfledermaus ist nur gerade bienengross, und erwachsen ist sie mit rund sechs Gramm kaum schwerer als ein Stück Würfelzucker. Mit einer Spannweite von rund 20 Zentimetern ist sie fast die kleinste einheimische Fledermausart.
Nur ihre nächste Verwandte, die Mückenfledermaus, ist im Durchschnitt etwas kleiner. Eine Zwergfledermaus verschlingt pro Nacht etwa 1000 bis 2000 Kleinstinsekten, was einem Drittel bis die Hälfte ihres eigenen Körpergewichts entspricht. Während der Nacht jagen Zwergfledermäuse über fünf Kilometer weit von ihrem Schlafort entfernt an benachbarten Waldrändern, Gewässerufern, Büschen, Bäumen und im Schein von Strassenlampen. Auf offenem Feld sind sie kaum anzutreffen. Im schnellen Zick-Zack-Flug verfolgen sie jedes Insekt, das ihre Flugbahn kreuzt, und fressen alles, was sie überwältigen können: hauptsächlich kleine Falter und verschiedene Fliegen- und Mückenarten. Dabei stossen die Fledermäuse Rufe aus, die im Ultraschallbereich liegen und für uns Menschen nicht hörbar sind. Am Echo dieser Ultraschallrufe erkennen sie die Entfernung zu Objekten, deren Grösse, Form und Oberflächenbeschaffenheit. Fledermäuse erzeugen so ein «Hörbild» ihrer Umgebung, das unserem optischen Abbild vermutlich sehr nahe kommt. Mithilfe dieser Echos können die Fledermäuse auch ihre Beutetiere lokalisieren und fangen. Soziallaute sind hingegen für uns Menschen oft hörbar und werden als hohes Zwitschern wahrgenommen. Die Frequenz der im schnellen Rhythmus folgenden Ultraschallrufe der Zwergfledermaus beispielsweise liegt zwischen 42 und 46 Kilohertz (kHz). Die Sozialrufe liegen bei 18 bis 25 Kilohertz.

Gute Kerlchen – schlechter Ruf
Obwohl viele Leute in ihrer Hausfassade Zwergfledermäuse beherbergen, werden immer noch wilde Fantasiegeschichten über die harmlosen, aber tollkühnen Luftakrobaten erzählt. Zwergfledermäuse vermehren sich nicht ins Unermessliche. Nur ein Teil der Weibchen bringt im Sommer ein Junges, ganz selten Zwillinge zur Welt. Im nächsten Jahr kehren bloss die Mütter und ihre Töchter in das Wochenstubenquartier zurück. Zwergfledermäuse nagen auch nicht an der Fassade oder am Isolationsmaterial. Sie haben keine Nagezähne, sondern ein Gebiss, das an das Fangen und Zerkauen von Insekten angepasst ist. Zwergfledermäuse fallen meist nur auf, weil direkt unter ihrem Tagesschlafversteck winzig kleine «Chegeli» liegen. Täglich knapp ein Esslöffel voll, eigentlich kaum der Rede wert, schnell zusammengewischt und in der Giesskanne aufgeschlämmt sind sie ein grossartiger Pflanzendünger. Auch sind Fledermäuse keine blutsaugenden Vampire. Hier handelt es sich um einen finsteren Mythos, in dem aber dennoch ein kleines Quäntchen Wahrheit steckt. Es gibt in der Tat Vampirfledermäuse. Die drei bekannten blutsaugenden Fledermausarten sind nicht etwa in Transsylvanien, der Heimat Graf Draculas zu Hause, sondern in Südafrika. Die etwa Handtellergrossen Flattertiere leben in grossen Kolonien und zapfen nicht nur Rindern, Pferden oder Ziegen das Blut ab, sondern ab und an auch schlafenden Menschen. Mit rund 20 Milliliter Blut pro «Mahlzeit» sind die Blutverluste jedoch überschaubar. Die in Europa angesiedelten Fledermausarten sind im Gegensatz völlig harmlos. Inzwischen wurden die nachtaktiven Tiere auch in Verbindung mit dem Coronavirus gebracht. Dabei ist bei keiner in der Schweiz heimischen Art nachgewiesen worden, dass sie für den Menschen relevante Coronaviren in sich tragen.

Von Marion Heiniger