• Grosse Enttäuschung nach der knappen Niederlage: Assistenz-Coach Simon Kurt. · Bild: Stefan Leuenberger

  • Grosse Enttäuschung nach der knappen Niederlage: Geburtstagskind Lara Kipf (ganz links)und Coach Lukas Schüepp. · Bild: Stefan Leuenberger

  • Mit Silber und richtig enttäuscht – aber dafür den besten Fans im Rücken: Die UHV Skorpion Emmental am Cupfinal in der Berner Wankdorf-Sporthalle. · Bild: Stefan Leuenberger

  • Tolle Cupfinal-Stimmung: Die Emmentaler Fans sind völlig aus dem Häuschen, nachdem die «Skorps» im Mitteldrittel innert sieben Sekunden zwei Tore erzielten. · Bild Stefan Leuenberger

28.02.2022
Sport

Siegerinnen der Herzen – mit den besten Fans

Die UHV Skorpion

Emmental verliert nach dem letzten Meisterschafts-Final mit dem Cupfinal auch das zweite Endspiel gegen die Kloten-Dietlikon Jets. Die «Skorps» überzeugen mit einem tollen Auftritt vor einer grandiosen Anhängerschaft. Am Ende entscheidet das Glück – gegen die Siegerinnen der Herzen. Auf der anderen Seite feiern die «Jets» in der Berner Wankdorf-Halle ihren zehnten Cupsieg.

Unihockey Cupfinal Frauen · «Mega leer», fasst Stürmerin Selma Bergmann den Gemütszustand der «Skorps» unmittelbar nach dem Spiel-ende passend zusammen. Am Ende holte sich nicht das bessere, sondern das glücklichere Team den Kübel. Statt zum grössten Erfolg der 2003 gegründeten Unihockeyvereinigung Skorpion Emmental kam es schliesslich zum insgesamt zehnten Cupsieg der Zürcherinnen aus Kloten-Dietlikon.

Grosse Enttäuschung
«Es ist schwierig mit den Emotionen», sagt Trainer Lukas Schüepp. «Wir sind noch einmal besser geworden, noch näher gekommen.» Gleichwohl hat es wie schon im Superfinal um die Schweizer Meisterschaft im letzten April auch im Cupfinal 2022 nicht zum ersten Titelgewinn der Vereinsgeschichte gereicht. «Der Gameplan wurde umgesetzt, damit bin ich zufrieden. Kleine Details entschieden. So waren wir beispielsweise bei unseren Abschlüssen zu wenig präzise», findet der 37-Jährige, der zusammen mit seinem Assistenten Simon Kurt (Huttwil) das NLA-Frauenteam der «Skorps» an die nationale Spitze heran führte. «Die Enttäuschung ist schon gross. Es fehlte uns ein kleines bisschen Glück zum Cupsieg. Es hat nicht das bessere, aber schlussendlich das effizientere Team gewonnen», zieht Teamcaptain Lisa Liechti Bilanz.

Die Fans als Hauptgewinner
Der Cupfinal am Samstagnachmittag in der mit 1500 Zuschauern gut gefüllten Sporthalle Wankdorf in Bern hätte zur bisherigen Krönung des «Skorps»-Schaffens werden sollen. Die Vorzeichen waren perfekt. Bloss zwei Wochen vor dem Cupfinal siegte Skorpion Emmental im Meisterschafts-Auswärtsspiel gegen die Kloten-Dietlikon Jets mit 5:2. Und die Emmentalerinnen zeigten eindrücklich, dass der Rückstand nach ganz vorne im Schweizer Frauen-Unihockey mit hartem und gezieltem Training sowie taktischen Finessen praktisch abgearbeitet wurde. Die «Skorps» spielten frech und topmotiviert. Und sie hatten den eigentlichen Hauptgewinner des Frauen-Cupfinals im Rücken. Was die «Skorps»-Fans boten, war absolute Spitzenklasse. Die grün-schwarze Wand hinter dem «Jets»-Gehäuse war eindrücklich – und ein x-faches so laut wie die Anhängerschaft aus Zürich. «Let’s go Skorps!», hallte es immer und immer wieder durch die Halle, unterstützt durch Glocken, Trommeln und rhythmischem Klatschen. Dazu wurden die vielen gelb-schwarzen Fahnen geschwenkt. Die Halle war neben dem Spielfeld klar in «Skorps»-Hand. «Unsere Fans sind einfach die Besten. Ich bin stolz auf die Fans und das Team», sagt Vorstandmitglied Priska Lüthi, welche auf der Tribüne mitten im Emmentaler Fanpulk mitfieberte.

Zwei Tore in sieben Sekunden
Die «Skorps» legten durch die Schwedin Malin Brolund vor – und zwar mittels «Buebetrickli» nach knapp zwölf Minuten. Ein schön herausgespielter Treffer brachte noch vor der Pause den Ausgleich. Kurz nach Wiederaufnahme der Partie wurde ein «Skorps»-Angriff abgefangen. Den Konter verwertete Doppeltorschützin Nina Metzger zur erstmaligen «Jets»-Führung. Doch die Emmentalerinnen waren hartnäckig. Die einmal mehr grandios haltende Torhüterin Helen Bircher – wegen der 31-jährigen Mühlauerin schafften die «Skorps» den Cupfinal-Einzug – lancierte mit einem weiten Auswurf Topskorerin Nathalie Spichiger, welche sofort zur in der Mitte mitlaufenden Lea Hanimann passte. Der «Skorps»-Neuzugang schoss mit einem herrlichen Weitschusstreffer ins Lattenkreuz den 2:2-Ausgleich. Die Halle tobte. Und sie drohte nur wenig später zu explodieren. Die Heimisbacher Postbotin Corina Grundbacher spekulierte beim direkten Anspiel nach dem Tor richtig und zog in die gegnerische Ecke. Von dort passte sie auf die «Skorps»-Tschechin Lucie Rezácová. Die Rüegsauschacherin fackelte nicht lange und knallte den Ball bloss sieben Sekunden nach dem Ausgleich ins «Jets»-Tornetz. Nun roch es im Wankdorf-Tempel nach dem ersten grossen «Skorps»-Titelgewinn.

Während 3:05 Minuten ohne Goalie
Doch etwas nach der Spielhälfte servierten die «Skorps» den Zürcherinnen den Ausgleich mit einem ganz groben Schnitzer hinter dem eigenen Tor. Im Schlussdrittel war die Spannung gross. Die beiden Torhüterinnen glänzten mit Paraden. Die Entscheidung hätte nun auf beiden Seiten fallen können. Niemand hätte sich darüber beklagen können. Das Glück lachte – einmal mehr – den Seriensiegerinnen. Einen Traumpass verwertete Ronja Niederberger zur 4:3-Führung. Es sollte die Entscheidung gewesen sein. Die «Skorps» rannten trotz Dauerdruck in den letzten zehn Minuten vergebens an. Viele Chancen wurden vergeben. Lea Hanimann traf sogar den Pfosten. Corina Grundbacher hatte eine Topchance. Auch Lara Kipf war an ihrem 28. Geburtstag nahe an einem Torerfolg. Unterstützung von den – sonst guten – Schiedsrichtern bekamen die «Skorps» nicht. Der längst überfällige Zweier gegen die «Jets» wurde nicht ausgesprochen. Auch mit leerem Tor und dafür mit sechs Feldspielerinnen während langen 3:05 Minuten wollte der längst verdiente Ausgleich nicht mehr gelingen.
Passend zum Geschehenen: Während der Siegerehrung brandete nicht bei der Pokalübergabe an die traditionell mit goldenem Hut bestückten Zürcherinnen der lauteste Jubel durch die Halle, nein, vielmehr, als sich die Verliererinnen mit ihrer Silbermedaille um den Hals bei ihren tollen Fans bedankten. «Viele Teams brauchen einige Anläufe, um den ersten grossen Titel zu erringen. Wir geben nicht auf. Wir haben in dieser Saison noch eine Chance. Nun wollen wir den Meistertitel holen», zeigt Trainer Lukas Schüepp nach dem groben Dämpfer bereits wieder grossen Kampfgeist.

Matchtelegramm: 26. Februar. – Sporthalle Wankdorf, Bern. – 1498 Zuschauer. – SR Keel/Siegfried. – Tore: 12. M. Brolund (S. Bergmann) 0:1. 16. N. Metzger (A. Gämperli) 1:1. 21. N. Metzger (L. Wieland) 1:2. 28.36 L. Hanimann (N. Spichiger) 2:2. 28.44 L. Rezacova 2:3. 33. L. Wieland (N. Metzger) 3:3. 50. R. Niederberger (M. Hintermann) 4:3. – Strafen: Emmental 1x 2 Minuten. – Emmental: H. Bircher; N. Pekárková, N. Reinhard; L. Hanimann, N. Spichiger, L. Baumgartner; M. Thomi, L. Liechti; C. Grundbacher, Lucie Rezácová, S. Brechbühl; V. Zittovà, N. Ritter; L. Kipf, M. Brolund, S. Bergmann; A. Marti, S. Aeschbacher; J. Thomi, M. Gerber, J. Bieri. - Bemerkung: Emmental ohne E. Jeige (Ersatztorhüterin); Nathalie Spichiger als beste Emmental-Spielerin ausgezeichnet.

Von Stefan Leuenberger