Sommerliche Rückkehr zur GP-Normalität
Der GP Bern, Austragung 2023, zählte 23 256 Finisher, darunter eine grosse Anzahl Regionaler. Im Hauptrennen glänzten der Triathlet Florin Salvisberg aus Rüegsauschachen und Nicole Egger aus Langenthal. Im Altstadt-GP über 4,7 km durch die Berner Altstadt schaffte die erst 17-jährige Mia Hofer (OLV Langenthal) im Feld der2750 Läuferinnen die zweitbeste Zeit.
GP Bern · Nach der pandemiebedingten Absage 2020, der «Sonderausgabe» im Herbst 2021 (zweitägige «Kleinveranstaltung» mit 8115 Klassierten) und dem Comeback 2022 ist der Traditionsanlass Grand-Prix von Bern am Samstag fast wieder so verlaufen wie vor der bedrückenden Corona-Zeit. 23 256 Läuferinnen und Läufer (2022: 18 833 / 2021: 8115 / 2019: 28 820 / 2018: 28 507 / 2017: 30 265 / 2016: 28 922) nahmen am Spektakel teil. Auch das Publikum erschien entlang Berns Strassen wieder in grösserer Zahl. Ein regionales Duo gehört dem immer kleiner werdenden «Golden-Runners-Club» an. Sie haben an allen bisher 41 Austragungen des Grand-Prixs von Bern teilgenommen. Der 1963 geborene Peter Jörg aus Affoltern lief die Originalstrecke heuer in 1:41 Stunden. Der frühere Spitzenläufer erzielte seine grandiose GP-Bestzeit von 53:00 Minuten vor 34 Jahren. Den Altstadt-GP über 4,7 km hat der 1960 geborene Markus Widmer aus Lützelflüh 2023 in 23:49 Minuten zum 41. Mal in Serie absolviert.
Der lächelnde Kriegsflüchtling siegt
6362 Läufer und 2750 Läuferinnen legten die Hauptdistanz über «die zehn schönsten Meilen der Welt» zurück. Der schnellste aller 9112 Finisher (2022: 7865 / 2019: 12 777 / 2018: 14 549 / 2017: 14 549 / 2016: 14 175 / 2015: 14 418 / 2014: 15 326 / 2013: 14 192 / 2012: 13 707) war Dominic Lobalu. Der 24-jährige Kriegsflüchtling aus dem Südsudan, der in der Schweiz zum Weltklasseläufer geworden ist und stets gut gelaunt ist, absolvierte die zehn Meilen (oder 16,093 km) durch die Bundesstadt in 47:41 Minuten. Zweiter wurde mit einem Rückstand von 1:15 Minuten der von einer Erkältung geplagte Tadesse Abraham (LC Uster), der den GP schon drei Mal gewann. Vorjahressieger und Weltklasse-Orientierungsläufer Matthias Kyburz (4. Rang) nahm dem Strahlemann, der immer noch auf die Erlaubnis wartet, für die Schweiz an Wettkämpfen starten zu dürfen, bereits gewaltige 1:45 Minuten ab. Trotz Überflieger Lobalu (LC Uster), der bald einmal die grössten Schweizer Mittel- und Langstreckenerfolge der Geschichte erzielen könnte, blieb der Streckenrekord von Geoffrey Kamworor unangefochten. Der Kenianer «flog» 2019 in fabelhaften 44:57 Minuten durch Berns Gassen.
Regionales Sextett unter einer Stunde
In Abwesenheit des von einer Verletzung noch nicht erholten Martin Zürcher aus Weier war Spitzen-Triathlet Florin Salvisberg der beste Regionale. Der 1990 geborene Rüegsauschacher lief die harte GP-Strecke in famosen 52:48 Minuten. Damit war er der 16. Mann, der das Ziel erreichte. Wenige Schweizer kreuzten vor ihm die Ziellinie. Mit einem Kilometerschnitt von 3:20 Minuten war auch Samuel Huldi (LV Langenthal) einer der absoluten Spitzenläufer am diesjährigen GP von Bern. Der erst 23-jährige LVL-Shootingstar gilt als grosses Lausporttalent. In 53:47 Minuten lief er auf den 20. Rang der 6362 Läufer (11. Rang in der M20-Alterskategorie). Huldi war damit gewaltige fünf Minuten schneller als bei seinem GP-Start 2022. Raphael Salm (LV Langenthal) folgte als drittbester Läufer aus dem «UE»-Gebiet auf dem 51. Rang. Ebenfalls unter die Top-100 und unter der Schallmauer von einer Stunde kam der Oberturner der Männerriege Melchnau ins Ziel. Nachdem Armin Leibundgut im Vorjahr die Schallmauer um zwölf Sekunden verpasste, lief der 1971 geborene Dauerläufer jetzt deutlich unter einer Stunde ins Ziel (58:03 Minuten). Mit dieser tollen Leistung durfte er in der Alterskategorie M50 die Silbermedaille in Empfang nehmen. Nur der Tessiner Bruno Invernizzi war noch deutlich schneller als der Melchnauer. Elf Sekunden hinter «Minu» lief der Madiswiler Ultraläufer Matthias Christen über die Ziellinie. Christof Kohler aus Wasen konnte sich gegenüber dem Vorjahr massiv steigern. Damit knackte er in 59:01 Minuten die Stunde ebenfalls deutlich (97. Rang). Knapp darüber blieben der gebürtige Ursenbacher Daniel Richard (152. Rang/4. Rang M55), der Huttwiler Marcel Jörg (157. Rang) und Aron Schenk aus Lützelflüh (175. Rang). Besonders hervorzuheben ist die Leistung des Gymnasiasten mit Jahrgang 2006. Schenk konnte in der U18-Nachwuchs-Alterskategorie die Bronzemedaille gewinnen.
Egger auch über lang erfolgreich
Im Frauenfeld triumphierte die Kenianerin Lydia Jebichii Korir in starken 54:43 Minuten. Damit hätte die 30-Jährige im Männerfeld den 32. Rang belegt. Beste Schweizerin wurde Nicole Egger aus Langenthal, die sich mit 2:42 Minuten Rückstand als Fünfte klassierte. Die beste Regionale lief das letzte Mal vor vier Jahren am GP Bern über die lange Distanz (damals in 58:03 Minuten). Die mittlerweile als Marathonläuferin im Einsatz stehende Lehrerin konnte sich stark verbessern. In 57:25 Minuten stellte sie als beste Nicht-Afrikanerin eine tolle neue persönliche GP-Bestzeit auf. Egger – Silbermedaillengewinnerin in der M30-Alterskategorie – musste die letzten zehn Kilometer alleine laufen, was die Leistung noch wertvoller macht. Berglauf-Spezialistin Céline Aebi, die bisher am GP immer über die Altstadt-Distanz an den Start ging, wagte sich erstmals an die Hauptdistanz. Und die LVL-Trainingskollegin von Nicole Egger glänzte. Als starke Aufwärtsläuferin machte sie am berüchtigten Aargauerstalden noch Positionen gut. Schliesslich kam sie als Elfte aller 2750 Läuerinnen ins Ziel. Ein ganz starkes Rennen lieferte auch die Kleindietwiler Lehrerin Tanja Häfeli. Die 26-jährige gebürtige Huttwilerin, welche für den TV Länggasse und die Läuferriege Gettnau startet, erreichte das Ziel in 1:07 Stunden in den Top-50.
Was für eine Steigerung von Manuel Schneeberger
Beim Altstadt-GP der Männer feierte der erst 19-jährige Musa Suliman aus Ostermundigen in 14:44 Minuten den Tagessieg. Der 19-jährige Flüchtling aus dem Sudan ist aber langsamer unterwegs als die schnellsten Gewinner über die Kurzstrecke. Im Feld der 2922 Finisher war der erst 17-jährige Manuel Schneeberger von der LV Langenthal der beste Regionale. Mit einer Topzeit von 15:33 Minuten (letztes Jahr 19:10 Minuten) konnte sich der Langenthaler als Gesamtachter als GP-Sieger der U18-Altersklasse feiern lassen. Nach dem Aargauerstalden setzte sich Schneeberger von seinem letzten U18-Konkurrenten ab. Kategorienfünfter in der Junioren-Altersklasse wurde der Langenthaler Orientierungsläufer Tim Hofer (15. Rang in 16:07 Minuten). Auf den 21. Rang schaffte es der 29-jährige Leichtathletik-Mehrkämpfer Nicola Lüdi (LA Rüegsauschachen) in 16:31 Minuten. Auch der Rohrbacher Tobias Lüthi (32) kam in 16:46 Minuten und Rang 26 in die Top-50 der Altstadt-Läufer. Gleiches gelang seinem LVL-Trainingskameraden Dominic Wyss (46. Rang in 17:41 Minuten). Eine besondere Leistung zeigte auch der Langenthaler Toni Huber. Im Alter von 84 Jahren lief er den kurzen GP in 51:13 Minuten. Auf der anderen Seite der Altersskala lief der erst 10-jährige Isaac Hildebrand aus Affoltern die 4,7 km bereits in 21:04 Minuten.
Orientierungsläuferin ganz stark
Bei den 2750 Altstadt-Läuferinnen feierte die 30-jährige Andrea Meier aus Uster in 16:33 Minuten den Sieg. Mia Hofer lieferte das regionale Topresultat. Die 17-jährige Gymnasiastin des OLV Langenthal feierte in der U18-Altersklasse als Tageszweite in 17:09 Minuten den Sieg. Damit holte sie zum zweiten Mal in Serie GP-Gold. Das grosse Talent gehört sowohl im Orientierungslauf wie auch im Laufsport zu den Besten ihres Alters. Janine Schifferli sorgte für Jubel beim TV Lützelflüh Athletics. Die 13-jährige Nachwuchsläuferin erreichte in 19:50 Minuten den 26. Rang und wurde damit Zweite in der U14-Alterskategorie.
Fadri Röthlisberger und Elonie Bucher
Auch der Nachwuchs war am zweitgrössten Schweizer Laufsportanlass hinter der Escalade in Genf am Start. Die Kinder der Jahrgänge 2008 und jünger nahmen die 1,6 Kilometer des Bären-Grand-Prixs unter die Beine. Auf dieser Kurzschlaufe ohne Aargauerstalden war der Eriswiler Fadri Röthlisberger in 6:09 Minuten der schnellste Regionale (6. Rang U14). Bloss eine Sekunden länger unterwegs war der ein Jahr jüngere Lenny Hug aus Hasle (7. Rang U14). Im Feld der Mädchen war die 2010 geborene Langenthalerin Elonie Bucher wie im Vorjahr die schnellste Regionale. Allerdings war sie in 6:23 Minuten zehn Sekunden langsamer (6. Rang U14). Einen regionalen Altersklassen-Podestplatz bei der GP-Austragung 2023 gab es auch beim Nachwuchs. Im Jahrgang 2014 sprintete Valentina Mosimann vom TV Lützelflüh Athletics in 6:52 Minuten zur Bronzemedaille. Gesamte Rangliste: www.gpbern.ch
Von Stefan Leuenberger