Spiel sieben, 79 Sekunden vor Schluss – eine meisterliche Szene für die Ewigkeit
NLB: SC Langenthal, Gian Kämpf – Der SC Langenthal blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Die Oberaargauer haben im April ihre beste Saisonleistung der Clubgeschichte mit dem zweiten NLB-Meistertitel gekürt. Das weckt noch heute schöne Erinnerungen.
Eishockey · Es sind die Emotionen, der Jubel und die überwältigende Freude, die noch heute präsent sind. Wenn Gian Kämpf an den 4. April dieses Jahres zurückdenkt, schweift er gedanklich ab, lächelt und sagt: «Es ist die Szene 1:19 vor Schluss, als Pierrick Pivron das Tor schiesst und der gefüllte Schoren beim Jubeln fast auseinanderbricht.» Der SC Langenthal hatte sich in jener Situation nach einem unvergleichbaren Auf und Ab gegen die Rapperswil-Jona Lakers den Meistertitel im siebten Spiel gesichert. «Ich war immer überzeugt. Nach zwei Dritteln beim Stand von 2:1 sagte ich zu unserem Trainer Jason O’Leary: Wir haben es schon viele Male gezeigt, dass wir ein Drittel torlos überstehen. Das geht auch heute», erinnert sich der SCL-Geschäftsführer. Dass Rapperswil ein 2:4 noch ausgleicht, habe zwischenzeitlich ein wenig auf den Magen geschlagen.
Heute, 268 Tage später, ist die Freude weiterhin vorhanden. Wer die SCL-Geschäftsstelle betritt, sieht als erstes den ausgestellten Meisterpokal. Neue Erinnerungen keimen hoch. Von einer gefüllten Marktgasse beim Meisterumzug und über tausend Leuten, die den SC Langenthal beim Feiern auf dem Wuhrplatz unterstützten. «Der Titel hat Auswirkungen auf heute», sagt Gian Kämpf. Der Einstieg in Sponsorengespräche war oft einfacher, die Stimmung dem SC Langenthal gegenüber sei positiv. Auch in der Stadionfrage seien durchaus Fortschritte dank dem Titel zu erkennen. «Während den Finalspielen haben alle gemerkt, dass es für uns so nicht weitergehen kann.» Würde der SCL aber auf Platz 8 «herumgurken», wäre das Unterfangen «Stadionneubau» schwieriger umzusetzen.
Fans mit Meisterblues
Der Meistertitel hat aber auch Herausforderungen mit sich gebracht. Die Belastung für das Team und das Umfeld war gross. Während mit dem Trainerwechsel ein sportlicher Meisterblues verhindert werden konnte, ist er bei den Fans eingetroffen. «Von gefüllten Stadien mit packender Stimmung zurück in den Alltag», bezeichnet Gian Kämpf das Szenario und verweist auf Partien bei 25 Grad Aussentemperatur gegen die Biasca Ticino Rockets mit rund 1500 Zuschauern. Dazu kommt, dass sich die Fan-Dachorganisation wegen Stadionverboten mit dem SCL zerstritten hat und deshalb in einzelnen Spielen auf das «Stimmungmachen» verzichtete. «Natürlich hätten wir gerne öfters ein stimmungsvolles, ausverkauftes Haus. Solche Entwicklungen gehören manchmal aber auch dazu», kommentiert der SCL-Geschäftsführer gelassen. Er sei überzeugt, dass sich die Zeiten wieder ändern werden. «Wenn im Januar und Februar die Spiele wieder wichtiger werden, kommen auch mehr Fans und bessere Stimmung. Früher träumten wir von einem Spiel mit über 2000 Zuschauern, und im letzten Jahr hatten wir einen Schnitt von 2800 Zuschauern», erklärt er und verweist auf eine konstante Entwicklung.
Saison war «ganz anders»
Diese wird derweil auch auf dem Eis kontinuierlich weitergeführt, sodass Langenthal auch zum Ende dieser Saison als Titelkandidat dastehen wird. «Es ist enorm schwer, den Titel zu verteidigen. Schon die Saison hindurch ist die Belastung höher, weil dich jeder schlagen will. Dazu kommen Druck und Erwartungen. Aber es ist zweifellos möglich.» Das hat auch damit zu tun, dass die zurzeit verletzten Spieler just vor den Playoffs wieder fit sein werden und der SC Langenthal womöglich von fast einer idealen Ausgangslage profitieren kann. «Diese Saison war ganz anders. In der letzten Spielzeit sind wir einfach durchgerollt. Jetzt gab es einige Herausforderungen», sagt Kämpf und hängt an: «Das war aber auch lehrreich, und letztlich sind wir weiterhin gut unterwegs, sodass eine Titelverteidigung realistisch bleibt.» Spiel sieben der Swiss-League-Finals würde in dieser Saison am 10. April ausgetragen, für den SCL möglicherweise aber auf auswärtigem Boden. Damit wären die Emotionen, der Jubel und die schönen Erinnerungen aber nicht weniger erfreulich.
Von Leroy Ryser