• Auf diesen Gebiet im Hard soll die neue Eissportarena gebaut werden. · Archivbild: Thomas Peter

  • Für die Schrebergärten, die weichen müssen, wurde noch kein Ersatzland gefunden. · Archivbild: Thomas Peter

27.01.2022
Langenthal

Stadt baut Eisstadion im Alleingang, doch ohne Steuerfusserhöhung geht es nicht

Langenthals Eissportarena-Pläne sind eine knappe Fussbreite, aber noch keinen wirklichen Schritt konkreter geworden. An der Medienorientierung der Stadt vom Dienstag blieben die brennendsten Fragen offen. Was und wann wird gebaut? Was kostet es und was hat dies für Folgen für den Steuerzahler? Die Arena Oberaargau AG empfiehlt einen Alleingang der Stadt ohne Investorengeld, was den Gemeinderat laut Stadtpräsident Reto Müller leer schlucken liess.

Langenthal · Der Wunschtraum ist geplatzt. «Wir können nicht erwarten, dass das Stadion vom Himmel fällt und irgendein Investor es für uns hinstellt», liess sich Reto Müller mit markigen Worten verlauten. Doch konkret heisst dies, dass die Stadt Langenthal das Arena-Projekt finanziell praktisch alleine stemmen muss. So zumindest die Empfehlung des 96 Seiten starken Berichtes der Arena Oberaargau AG, den deren Verwaltungsratspräsident Markus Meyer den Medien ausführlich präsentierte.

Investorenmodell bindet Stadt die Hände
Im Detail: Vier verschiedene Stadien (Biel, Burgdorf, Visp und Zug) waren für den Bericht untersucht worden. Bei allen wurde das sogenannte städtische Modell umgesetzt, das heisst, die Standortgemeinde trug die grossmehrheitliche finanzielle Hauptlast. Vom Investorenmodell, bei dem ein privater Investor auf dem von der Stadt gratis zur Verfügung gestellten Land die Arena baut und an die Nutzer vermietet, rät der Bericht hingegen aus mehreren Gründen ab. Es ist unrentabel: Bei angenommenen Anlagekosten von 45,5 Millionen Franken müsste der notwendige Zinsertrag 2,45 Millionen Franken jährlich betragen. «Dieser Zinsertrag könnte nie erwirtschaftet werden», heisst es im Bericht. Konkret: Es wird mit 1,673 Millionen Franken an Betriebserträgen gerechnet, die Stadt müsste so jährlich die Differenz von 778 950 Franken übernehmen. Da in den Erträgen bereits Betriebsbeiträge der Stadt enthalten sind, würden sich die jährlichen Kosten auf 1,83 Millionen Franken erhöhen.
Beim städtischen Modell wären es «lediglich» 1,67 Millionen Franken bei Einnahmen von 1,673 Millionen Franken. Hinzukommen hier noch die betriebswirtschaftlichen Abschreibungen von 2 Prozent der Investitionssumme (also 900 000 Franken). Ein weiterer Nachteil des Investorenmodells: Die Stadt würde die Fäden bei der Planung und Umsetzung aus der Hand geben und wäre abhängig vom externen Investor.

Eisstadion mit Dreifachturnhalle?
Eine Quersubventionierung durch eine erweiterte Mantelnutzung der Arena etwa als Eventhalle oder Verkaufs- und Ladenflächen macht wenig Sinn, «da die Erträge aus der Mantelnutzung jeweils lediglich die für die Mantelnutzung notwendigen Investitionen decken», so der Bericht der Arena Oberaargau AG. Sie schlägt hingegen eine Kombination von Eissport- und Dreifachturnhalle vor, zumal für die Turnhalle im Investitionsplan der Stadt Langenthal ab dem Jahr 2031 Geld vorgesehen sei. Gemäss Baumeisterin Sabine Gresch sind dafür gegenwärtig 12 Millionen Franken eingetragen. «Mit der Kombination liessen sich Einsparungen von bis zu
6 Millionen Franken erzielen», rechnete Markus Meyer vor. Und dies bei einem Investitionsbedarf von erwarteten 60,5 Millionen Franken. Zudem wären dadurch die jährlichen Erträge von geschätzten 2,4 Millionen Franken markant höher als die zu erwartenden Betriebskosten von 2,2 Millionen Franken. «Das könnte spannend werden. Es ist nicht einfach. Es kostet Geld und der Löwenanteil kommt von der Stadt, aber: Es ist möglich», betonte Markus Meyer, der die Sportarena als Leuchtturmprojekt pries, das nachhaltig sei und zum sozialen Dreh- und Angelpunkt zwischen Bevölkerung, Stadt und Gewerbe werden könnte.

Es wird Abstriche geben
Doch theoretische Zahlen hin, hypothetische Rechenbeispiele her. Was hält der Gemeinderat vom Bericht der Arena Oberaargau AG? «Es müssen 45 Millionen Franken ‹gemeistert› werden. Das empfohlene Finanzierungsmodell ist sehr einseitig. Wir haben im Gemeinderat zuerst einmal leer geschluckt», blickte Stadtpräsident Reto Müller zurück. «Doch wie geht man jetzt vor? Was kann man sich steuertechnisch überhaupt leisten? Im Investitionsplan der Stadt ist das Projekt nicht enthalten.»
Man sei davon ausgegangen, dass sich das Projekt durch Landverkäufe finanzieren lasse. «Das ist bei weitem nicht so. Es wird eine Anpassung des Steuerfusses nötig sein», hielt Müller fest. Wie hoch genau? Dazu hatte Reto Müller die Götter noch nicht befragt. Das hange auch stark davon ab, wie das Umgebungsland im Hard (34 000 bis 36 000 m2) weiter genutzt wird. «Hochhäuser wird es für die Stadt Langenthal nicht geben, zumindest nicht hier.» Auch wenn eine Prognose schwierig ist, so nannte Müller doch eine Zahl oder genauer einen Zahlenbruchteil: «Ich glaube, ich lehne mich nicht zu stark zum Fenster hinaus, wenn ich sage, dass dieses Projekt, so wie es der Bericht vorsieht, einen Steuerzehntel bedeutet.» Und doch: «Wir halten am Volksentscheid fest und werden ein Eisstadion bauen», machte der Stadt­präsident deutlich, liess aber zugleich durchblicken: «Der Gemeinderat stellt in Aussicht, dass er das Raumprogramm (siehe unten) straffen wird.» Diese mögliche Straffung wolle man aber durch das Stadtparlament abstützen lassen. Deshalb habe man die Fraktionen und einzelne Stadträte am letzten Montag zu einem Mitwirkungsverfahren eingeladen. Bis am 18. Februar haben sie Zeit, ihre Eingabe einzubringen. Bevor man in die Planungsphase gehe, wolle man wissen, was das Parlament für Vorstellungen habe und dies dann einfliessen lassen. Letztendlich wird aber allein der Gemeinderat entscheiden. «Es wird kein öffentliches Mitwirkungsverfahren geben», sagte Müller, der aber betonte, dass man die Öffentlichkeit kontinuierlich auf dem Laufenden halten werde.
Was bedeutet dies alles für den Zeitplan? Auch hier konnte Müller nicht konkreter werden. «Bis 2026 darf der SCL mit einer Ausnahmebewilligung im Schoren NL-Spiele austragen. 2031 läuft der Vertrag mit dem Schoren aus.» Ob schon 2028 oder 2029 das neue Stadion bezogen werden kann, wie es der Bericht der Arena Oberaar­g­au AG erwähnt, findet Müller «ambitioniert». «Jetzt braucht es einen starken politischen Willen.»

Schrebergärten: Ersatzland offen
Noch offen ist, wo für die Schrebergärten, die dem Eisstadion im Hard weichen müssen, Ersatzland angeboten wird. «Das haben wir noch nicht prüfen können», sagte dazu Reto Müller, der aber den Hinterberg als Möglichkeit erwähnte. Stadtbaumeisterin Sabine Gresch verwies zudem auf das Entwicklungsgebiet Hard, wo Freiräume geschaffen werden sollen. Dies könnte ein möglicher Ersatzstandort werden für die Schrebergärten.

Variante mit und ohne Dreifachturnhalle
Für das Stadion Hard ging die Arena Oberaargau AG von folgendem Anforderungsprofil aus: Haupteisfeld mit Steh- und Sitzplätzen für 5200 Zuschauende. Gedecktes zweites Eisfeld. Nebenräume und Garderoben. Gastronomiebetrieb mit zwei Publikumsrestaurants und vier bis fünf Verpflegungsstände für den Matchbetrieb. Kosten Eisstadion: 40 Millionen Franken. Curlinghalle mit vier Rinkanlagen, einem kleinen Zuschauerbereich und einem Bistro (80 Plätze). Kosten: 5 Millionen Franken, Reserve 500 000 Franken. Grundstückbedarf: 20 000 der zur Verfügung stehenden 54 000 m2. Gesamt 45,5 Millionen Franken. Zusatzkosten Variante Plus: Dreifachturnhalle 14 Millionen Franken, zusätzliche Reserve von 1 Million Franken. Total 60,5 Millionen Franken.

45,5 oder 60,5 Millionen Franken
Für die Finanzierung hat die Arena Oberaargau AG zwei Rechenmodelle erstellt, eines ohne und eines mit Dreifachturnhalle (Zahlen in Klammer). Aktienkapital: Total 15 (16) Mio. Franken:
AK Arena Oberaargau AG: 2 Mio. Franken, AK Stadt: 13 (14) Mio. Franken.
Erlös Landverkauf: 10 Mio. Franken.
Baukostenbeitrag (Subventionen), Total 5,5 (6,5) Mio. Franken:
Sport Toto-Fonds Kanton: 3 (4) Mio. Franken.
Verbandsbeiträge NASAK: 1,5 Mio. Franken.
Werbung Dritte (Namensrecht): 1 Mio. Franken.
Darlehen Stadt (rückzahlbar, zinslos): 15 (28) Mio. Franken.

Von Thomas Peter