• Stau auf Langenthals Strassen und im Parlament: Nicht bloss wegen den verstopften Strassen in der Stadt, sondern auch wegen diversen Antworten des Gemeinderates zu aktuellen Problemen hat sich im Stadtrat erheblicher Frust angestaut. · Bild: Walter Ryser

  • Wegen die Art und Weise der diversen Antworten des Gemeinderates (vorne im Bild) zu aktuellen Problemen hat sich im Stadtrat (hinten im Bild) erheblicher Frust angestaut. · Bild: Leroy Ryser

04.11.2021
Oberaargau

Stadtrat ist mit Gemeinderat unzufrieden

Der Langenthaler Stadtrat zeigte sich an seiner letzten Sitzung wenig erfreut über diverse Antworten des Gemeinderates zu eingereichten Vorstössen. Die führte dazu, dass SVP-Stadtrat Martin Lerch und weitere SVP-Stadträte eine Interpellation einreichten, mit der sie die Praxis des Gemeinderates bei der Beantwortung von politischen Vorstössen hinterfragen und für die Zukunft geklärt haben wollen.

Langenthal · Dicke Luft im Langenthaler Stadtparlament. Verantwortlich dafür waren «Elterntaxis», das momentane Verkehrschaos in der Stadt sowie die Luftqualität an den Schulen. Zu all diesen Themen sind Vorstösse von Stadträtinnen und Stadträten eingereicht worden, die vom Gemeinderat entsprechend beantwortet wurden. Doch genau hier beginnt das Dilemma, denn die beteiligten Parlamentarier zeigten sich von den Antworten des Gemeinderates wenig begeistert, ja teilweise gar entrüstet.
Begonnen hat die Geschichte mit dem Postulat der Stadträte Pascal Dietrich (parteilos), Beat Hasler (parteilos, nicht mehr Ratsmitglied) und Carole Howald (jll, nicht mehr Ratsmitglied), die den Gemeinderat aufforderten, Massnahmen gegen die gefährlichen «Elterntaxis» an den Langenthaler Schulen zu prüfen. In seiner Antwort teilte der Gemeinderat mit, dass er sich der Tragweite und der Wichtigkeit dieser Thematik bewusst sei und deshalb habe man im August 2021 beschlossen, eine Arbeitsgruppe einzusetzen. Im Rahmen dieser Arbeitsgruppe sollen die verschiedenen Interessen angehört und bestmöglich ausgearbeitet sowie berücksichtigt werden, schreibt der Gemeinderat weiter. In Ergänzung dazu würden auch eine Informationskampagne sowie Präventionsmassnahmen auf das Thema aufmerksam machen.

«Dicke Luft» im Parkhotel und den Schulzimmern
Mit dieser Antwort zeigte sich Pascal Dietrich nur halbwegs zufrieden. Er liess verlauten, wenn man die Antwort des Gemeinderates lese, könne man bei diesem Thema das Glas als halbvoll oder halbleer betrachten. «Einmal mehr wurde zu einem Vorstoss sehr viel geschrieben, aber noch nichts gemacht», kritisierte er. Unterstützung erhielt er von Nathalie Scheibli (SP), die sich mit der Antwort des Gemeinderates gar nicht zufrieden zeigte. «Vermutlich muss wieder erst ein schlimmer Unfall passieren, bevor wirklich etwas geschieht», sagte sie. Stadtpräsident Reto Müller (SP) verteidigte den Gemeinderat und erwähnte, dass es sich in Langenthal um verschiedene Schulstandorte mit unterschiedlichen Problemstellungen handle. «Wir können dieses Problem nicht von heute auf morgen lösen, aber wir können gemeinsam tragfähige Lösungen erarbeiten», bat er um Geduld und Teamwork.
Doch dadurch wurde die Stimmung im Ratssaal des Parkhotels in Langenthal nicht besser, im Gegenteil, die Luft wurde buchstäblich «dicker», als die Motion von Fabian Fankhauser (glp) zur Debatte stand, der sich für bessere Luftqualität an den Langenthaler Schulen stark machte und dafür die Anschaffung von Geräten zur Messung der Luftqualität forderte. Doch der Gemeinderat erteilte in seiner Antwort dem Vorstoss eine Absage. Er wies darauf hin, dass regelmässiges und ausgiebiges Lüften in den Schulräumlichkeiten nach wie vor eine der wichtigsten Hygiene- und Schutzmassnahmen im Kampf gegen das Corona-Virus sei. Gleichzeitig machte er klar, dass aufgrund mangelnder Ressourcen auf der Stadtverwaltung die Erarbeitung eines entsprechenden Konzepts extern vergeben werden müsste. Aufgrund der vielen unterschiedlichen Schulstandorte bräuchte es eine detaillierte Analyse, begründete er weiter. Eine flächendeckende Anschaffung von Co2-Messgeräten für die Volksschule Langenthal erachte er deshalb als wenig nachhaltig und die damit verbundenen finanziellen Ausgaben würden sich nicht rechtfertigen, argumentierte der Gemeinderat.

Gemeinderat unter Beschuss
Motionär Fabian Fankhauser zeigte sich nicht bloss enttäuscht von der Antwort, sondern richtig entrüstet. Er habe das Gefühl, dass der Gemeinderat diesem Geschäft nicht jene Ernsthaftigkeit entgegengebracht habe, wie man dies bei einem solch wichtigen Thema erwarten dürfte, monierte er. Den Antworten des Gemeinderates stellte er praktisch in jedem Punkt Gegenargumente entgegen, die seiner Meinung nach eine Anschaffung der Messgeräte rechtfertigen würden.
Letztendlich war dann da noch die dringliche Interpellation von SVP-Stadtrat Martin Lerch, der eine Antwort des Gemeinderates auf die unbefriedigende Verkehrssituation in der Stadt erwartete. In erster Linie bemängelte Lerch, dass zeitweise gleich an drei Hauptachsen (Bützbergstrasse, St. Urbanstrasse und Bleienbachstrasse) Sanierungsarbeiten stattfinden würden, die zu übermässigen Staus und langen Wartezeiten im Stadtzentrum führen würden. Er sei sich bewusst, dass es sich dabei um Kantonsstrassen handeln würde, dennoch sei er überzeugt, dass der Gemeinderat bei der Ausführungsplanung mehr Einfluss auf die Etappierung der Bauvorhaben hätte nehmen können. In seiner Antwort wies der Gemeinderat darauf hin, dass man sich mit den beteiligten Stellen, dem kantonalen Tiefbauamt sowie der Aare-Seeland Mobil als Betreiberin der Buslinien, zusammengesetzt und die Lage analysiert habe. Man habe Möglichkeiten zur Verbesserung sowie deren Umsetzung definiert. Gleichzeitig wies der Gemeinderat aber darauf hin, dass bereits in der Planungsphase absehbar und zugleich unumgänglich gewesen sei, dass die gleichzeitigen Bauarbeiten an der Bützberg- und St. Urbanstrasse Auswirkungen auf den Verkehrsfluss haben würden.

Lerch will Antworten vom Gemeinderat
Martin Lerch zeigte sich ebenfalls wenig begeistert von der Antwort des Gemeinderates, von dem er ein klares Commitment erwartet habe, dass sich ein solches Szenario in Zukunft nicht wiederholen werde. «Die Antwort des Gemeinderates ist sehr mager ausgefallen, man ist offensichtlich nicht gewillt, es künftig besser zu machen», rügte Lerch den Gemeinderat. Ein Dorn im Auge war ihm zudem, dass er seinen Vorstoss im August eingereicht und mit dem Vermerk dringlich versehen habe. Die Antwort erfolgte nun im November, fast drei Monate später, weshalb man nicht mehr von einem «dringlichen» Geschäft reden könne. Die Unzufriedenheit verschiedener Räte gipfelte am Ende darin, dass Stadtrat Martin Lerch und weitere SVP-Stadträte eine Interpellation einreichten, mit der sie Antworten auf die gängige Praxis des Gemeinderates bezüglich der Beantwortung von politischen Vorstössen der Stadtratsmitglieder verlangen. «Ist der Gemeinderat nicht auch der Ansicht und bereit, zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger und in Respektierung der Rolle und Aufgaben des Stadtrates in Zukunft die politischen Vorstösse wieder vollumfänglich, zügig, transparent, sachlich, wahr und objektiv zu beantworten», lautet Lerchs Forderung an den Gemeinderat.
Übrigens: Das Postulat «Elterntaxis» von Pascal Dietrich wurde nicht, wie vom Gemeinderat gefordert, abgeschrieben, weil der Stadtrat der Meinung war, dass dieser Vorstoss noch keineswegs erledigt sei. Die Motion von Fabian Fankhauser betreffend Anschaffung von Geräten zur Messung der Luftqualität an den Langenthaler Schulen wurde als nicht erheblich erklärt, weil ein Grossteil des Rates der Meinung war, dass der finan­zielle Aufwand in keinem guten Verhältnis zum Ergebnis stehe. Als erledigt abgeschrieben wurde dafür die Interpellation von Martin Lerch zur unbefriedigenden Verkehrssituation in der Stadt.

Von Walter Ryser