Stadtrat zeigt sich vor den Wahlen gemässigt
Eine Woche vor den Gemeindewahlen in Langenthal wollte kein Stadtrat mehr für Aufsehen sorgen oder in ein Fettnäpfchen treten. Deshalb zeigte sich der Stadtrat in seiner letzten Sitzung gemässigt und beschloss beim Thema familienergänzende Betreuung ohne grosse Diskussion die Umstellung auf das Betreuungsgutscheinsystem.
Zuletzt ging es bei den Sitzungen des Langenthaler Stadtrates einige Male hoch zu und her. Doch eine Woche vor den Gemeindewahlen zeigten sich die Stadträte bei ihrer Sitzung für einmal äusserst gemässigt und kompromissbereit. War das Geschäft über die familienergänzende Betreuung im September bei der ersten Lesung noch heftig umstritten, blieben dieses Mal, bei der zweiten Lesung des Geschäfts, die Diskussionen weitgehend aus. Der Kanton verlangt von den Gemeinden ab 2022 bei der familienergänzenden Betreuung einen Systemwechsel auf Betreuungsgutscheine. Bei der ersten Lesung störte sich der Stadtrat in erster Linie an der ungeklärten Frage, was geschieht, sollte sich der Kanton aus irgendwelchen Gründen aus der Finanzierung der Betreuungsgutscheine zurückziehen. Die Stadträte befürchteten, dass dann die Stadt Langenthal für die gesamten Kosten von heute rund 1,6 Millionen Franken pro Jahr aufkommen müsste.
Schaffung einer 50-Prozent-Stelle
Diese Frage ist nun geklärt. So wird die Stadt Langenthal in einem solchen Fall während höchstens sechs Monaten den fehlenden kantonalen Anteil an den Kosten übernehmen. Der Systemwechsel hat auch Auswirkungen auf den Personalbestand in der Stadtverwaltung, denn für die Abwicklung der neuen Aufgabe wird im Amt für Bildung, Kultur und Sport eine neue Stelle im Umfang von 50 Stellenprozenten geschaffen. Diese Stelle soll auf den 1. April 2021 besetzt werden.
Keinen Einfluss hat die Systemumstellung auf die Aufteilung der Kosten zwischen Kanton und Gemeinde. Die Ausgaben für die familienergänzende Kinderbetreuung können wie bisher dem Lastenausgleich zugeführt werden. Der Kanton übernimmt weiterhin 80 Prozent der Kosten. Die Stadt Langenthal trägt unverändert einen Selbstbehalt von 20 Prozent. Unter diesen angepassten Umständen stimmte der Stadtrat dem Systemwechsel grossmehrheitlich zu. Das letzte Wort haben die Langenthaler Stimmbürger, die am 7. März 2021 über diese Vorlage zu befinden haben.
Kein Handlungsbedarf am Dennlirain
Kein Gehör hatte dafür der Gemeinderat für das Anliegen einer Motion von SP-Stadträtin Stefanie Loser-Fries und Mitunterzeichnenden, die eine neue Verkehrsregelung am Dennlirain («Chacheler») fordert. Die Motionärin weist darauf hin, dass der Dennlirain momentan von beiden Seiten, aus Richtung Schoren/Thunstetten sowie aus dem Industriegebiet Dennli, befahren werden kann. Sowohl Personenwagen, Velos, landwirtschaftliche Grossmaschinen und Lastwagen würden diesen Weg benutzen. Dies führe dazu, dass auf diesem schmalen und steilen Strassenabschnitt PWs und Grossmaschinen nicht kreuzen können und dies oft zu umständlichen und gefährlichen Manövern führt. Zudem werde die Strasse gerne auch als «Schleichweg» benutzt.
In seiner Stellungnahme zur Motion hält der Gemeinderat fest, dass beim Polizeiinspektorat hin und wieder Meldungen eingegangen seien. Aus diesem Grund habe man im Juli 2020 am Dennlirain aktuelle Verkehrsdaten erhoben. Gemäss den Messungen beträgt der durchschnittliche Tagesverkehr auf diesem Strassenabschnitt 1094 Fahrzeuge (aller Kategorien). Der Anteil Schwerverkehr beträgt dabei zwei Prozent. Nach Ansicht des Amtes für öffentliche Sicherheit ist die Verkehrssicherheit am Dennlirain deswegen nicht beeinträchtigt. Ein Verbot für Lastwagen würde die landwirtschaftlichen Grossmaschinen nicht ausschliessen. Folglich müsste die Regelung über eine Beschränkung des Höchstgewichts auf 3,5 Tonnen erfolgen. Somit dürfte der Dennlirain nur noch mit Personenwagen und Lieferwagen bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht befahren werden. Dies würde, gestützt auf die erhobenen Verkehrsdaten, die Menge der Fahrzeuge lediglich um zwei Prozent reduzieren. Eine positive Auswirkung auf die Verkehrssicherheit wäre dadurch nicht zu erwarten, hält der Gemeinderat in seiner Antwort weiter fest. Aus diesem Grund sehe man aktuell keinen dringenden Handlungsbedarf. Gleichzeitig stellte der Gemeinderat im Rahmen der übergeordneten Planung in Aussicht, mittelfristig die Quartiere mit verschiedenen Massnahmen zu entlasten. So soll der Hauptverkehr auf die Hauptverkehrsachsen, für das Dennli-Quartier die Bleienbach- und Thunstettenstrasse, geleitet werden. Ein vorerst schwacher Trost für die Motionärin, deren Mann Roland Loser (SP) in ihrer Vertretung kundtat, dass sie mit der Ansicht des Gemeinderates, dass auf diesem Strassenabschnitt kein Handlungsbedarf bestehe, gar nicht einverstanden sei. Roland Loser versicherte abschliessend, dass man die Verkehrssituation beim Dennlirain weiterhin genau beobachten werde. Stefan Grossenbacher von der SVP-Fraktion plädierte für die Ablehnung der Motion, weil auf diese keine Massnahme des Gemeinderates folge. Der Rat folgte diesem Vorschlag nicht, erklärte die Motion mit 19 Ja- gegen 18 Nein-Stimmen aber nur hauchdünn für erheblich.
Von Walter Ryser