Steuereinnahmen polieren Rechnung auf
Die Jahresrechnung 2023 der Stadt Langenthal schliesst im allgemeinen Haushalt mit einer «schwarzen Null» ab. Deutlich höhere Steuereinnahmen als geplant (6,338 Millionen Franken) sind für das Ergebnis verantwortlich. Dennoch bleibe die künftige Finanzpolitik der Stadt Langenthal herausfordernd, dämpfte Gemeinderat Roberto Di Nino (Ressort Finanzen) aufkommende Euphorie.
Was für eine Überraschung bei der Präsentation der Jahresrechnung 2023 der Stadt Langenthal. Statt des erwarteten Defizits in der mittlerweile obligaten Höhe von drei bis fünf Millionen Franken, konnten Gemeinderat Roberto Di Nino (Ressort Finanzen) und Jürg Zurlinden (Leiter Fachbereich Rechnungswesen) einen Abschluss mit einer «schwarzen Null» präsentieren. Dies war letztmals in den Jahren 2017 und 2019 der Fall. Seither gab es in den Jahren 2020 bis 2022 jährliche Defizite zu vermelden. Eigentlich resultierte im allgemeinen Haushalt sogar ein Gewinn von 385 765 Franken. Weil laut Gemeindeverordnung bei einem Ertragsüberschuss in der Erfolgsrechnung zwingend zusätzliche Abschreibungen vorzunehmen sind, schliesst die Jahresrechnung 2023 im allgemeinen, steuerfinanzierten Haushalt ausgeglichen ab. Im Gesamthaushalt (mit Spezialfinanzierungen) weist die Jahresrechnung ein Minus von 237 760 Franken auf.
Erwartungen deutlich übertroffen
Budgetiert worden war ein Defizit von 5,324 Millionen Franken. Hauptverantwortlich für das unerwartet bessere Ergebnis sind deutlich höhere Steuer-einnahmen als geplant. Vor allem die Gewinnsteuern der juristischen Personen fielen um 4,5 Millionen Franken massiv höher aus als budgetiert (plus 75 Prozent). «Hier wurden unsere Erwartungen deutlich übertroffen», kommentierte Roberto Di Nino das Ergebnis, das in erster Linie durch einen einzigen juristischen Steuerzahler zustande kam. Zusammen mit den Einkommenssteuern der natürlichen Personen (plus 2,3 Prozent) sowie übrige Steuereinnahmen resultierte ein sattes Plus bei den Steuereinnahmen von 6,338 Millionen Franken gegenüber dem Voranschlag. Angesichts dieser Zahlen nahm Roberto Di Nino erleichtert zur Kenntnis: «Die Steuererträge haben sich nach der Corona-Krise mittlerweile merklich erholt.» Aber noch andere Faktoren haben laut dem finanzverantwortlichen Gemeinderat das Jahresergebnis positiv beeinflusst. So wurden im Bereich Personalaufwand 2,06 Millionen Franken weniger ausgegeben als vorgesehen (total 22,811 Millionen Franken). Das bessere Abschneiden lasse sich hier mit der Nichtbesetzung von Stellen begründen, erläuterte Di Nino und machte klar, dass der Fachkräftemangel auch in der Verwaltung deutlich spürbar ist. Daneben gab es aber auch Bereiche, die sich negativ auf das Jahresergebnis auswirkten, so beispielsweise die Planungskosten für die Kindergarten-Neubauten, die vom Volk Ende letzten Jahres abgelehnt wurden. Diese Kosten beliefen sich auf 1,280 Millionen Franken, die in der Jahresrechnung abgeschrieben wurden.
Hoher Investitionsbedarf
Zum positiven Ergebnis beigetragen hat sicher auch der Investitions-Bereich, denn hier wurden zwar im vergangenen Jahr 20 Millionen Franken ausgegeben, aber praktisch ausschliesslich für das Grossbau-Projekt ESP Bahnhof. Gegenüber dem Investitionsplan 2023 wurden insgesamt 7,3 Millionen Franken weniger investiert als vorgesehen. Damit blieb der Bilanzüberschuss der Stadt Langenthal per Ende letzten Jahres unverändert bei 71,215 Millionen Franken. Das Eigenkapital beläuft sich Ende 2023 auf 111,311 Millionen Franken. Angesichts dieser erfreulichen Zahlen stellt sich die Frage, ob die Ende letzten Jahres vom Gemeinderat geforderte und vom Stimmvolk angenommene Erhöhung der Steueranlage von 1,38 auf 1,44 Einheiten notwendig war? Roberto Di Nino verteidigte das Vorgehen und sagte: «Trotz des guten Jahresergebnisses 2023 bleibt die Finanzpolitik der Stadt Langenthal äusserst herausfordernd und die Notwendigkeit einer Steuererhöhung bleibt meines Erachtens unbestritten.» Stadtpräsident Reto Müller richtete diesbezüglich den Blick nach vorne und erwähnte: «Der Investitionsbedarf in unserer Stadt ist weiter erheblich», wies er auf diverse Strassenbauprojekte, Sanierungsarbeiten an den Schulanlagen, aber auch bei den Sportanlagen (Schwimmbad und Eishalle) hin.
Von Walter Ryser