Stille Wahl, aber laute Corona-Wehen
In stiller Wahl wurde dieser Tage Marc Häusler (SVP) als Oberaargauer Regierungsstatthalter für die nächsten vier Jahre bestätigt. Während seine Wiederwahl still und leise vonstatten ging, ist Häuslers Arbeit aktuell von heftigen und teils lauten Corona-Wehen begleitet. Ein Umstand, den der 44-jährige Familienvater einigermassen gelassen zur Kenntnis nimmt und entgegnet: «Ich bin trotz der momentan schwierigen Situation nach wie vor sehr motiviert, meinen Job als Regierungsstatthalter auszuüben.»
Oberaargau · Es war bloss eine Randnotiz, die kaum Beachtung fand. Marc Häusler wurde vor ein paar Tagen als Oberaargauer Regierungsstatthalter für die nächsten vier Jahre bestätigt. Die Bestätigung folgte in stiller Wahl, da Häusler keinen Gegenkandidaten hatte. Seit sieben Jahren ist der in Niederönz aufgewachsene Familienvater Regierungsstatthalter des Verwaltungskreises Oberaargau. Sieben Jahre, die ihm in guter Erinnerung bleiben, mit vielen positiven, aber auch negativen und schmerzhaften Erinnerungen, wie beispielsweise der Kirchturmbrand in Herzogenbuchsee an Heiligabend 2019. Eindrücklich sei für ihn auch die Absage der Langenthaler Fasnacht 2020 gewesen. «An diesem Abend wurde ich Zeuge, dass unser Milizsystem funktioniert und sich alle an die Weisungen von oben halten. Ich war unglaublich stolz auf die verantwortlichen Fasnächtler und alle übrigen Fasnächtler. Wie die mitgezogen haben, war für mich äusserst beeindruckend. Aber auch diese dramatischen Fälle verblassen vor dem Hintergrund der Katastrophe, die die Corona-Pandemie bei uns angerichtet hat.»
Häusler vermisst Kontakte
Er versuche jedoch auch in diesen schwierigen Zeiten daran zu denken, dass die positiven Erlebnisse in seiner bisherigen Amtszeit zahlreich waren, betont Häusler und weist beispielsweise auf das Kantonale Jodlerfest in Wangen hin, bei dem er im Organisationskomitee mitwirkte, oder die vielen Grossprojekte, bei denen er als Regierungsstatthalter eingebunden war, wie die Einführung des elektronischen Baubewilligungsverfahrens, der Entwicklung einer neuen Softwarelösung für die Regierungsstatthalterämter, oder das Engagement für junge Gemeinderäte. Überrascht habe ihn in seinen ersten sieben Jahren seiner Tätigkeit die Tatsache, das hohe Ansehen, das der Regierungsstatthalter in der Öffentlichkeit geniesse, sagt Marc Häusler. «Ich habe festgestellt, dass das Wort des Regierungsstatthalters viel Gewicht hat.» Das habe er nicht unbedingt erwartet. So hätten nur schon sein Erscheinen oder seine Ratschläge oftmals bereits einen Lösungsprozess in Gang gesetzt.
In den sieben bisherigen Jahren habe es nur zwei Fälle gegeben, in denen er klare Grenzen habe ziehen müssen, weil er sich persönlich angegriffen gefühlt habe. Für Marc Häusler fällt deshalb die Bilanz positiv aus und hat ihn dazu bewogen, das Amt weiter auszuüben. «Ich bin immer noch sehr motiviert, weil mir der Job nach wie vor gefällt und vor allem, weil ich ein Super-Team um mich herum habe», lobt er seine Crew. Zudem dürfe er auch erfreut feststellen, dass die Zusammenarbeit mit den Gemeinden hervorragend klappe.
Eine Zusammenarbeit allerdings, die seit über einem Jahr praktisch nur noch schriftlich und digital stattfindet, was Häusler sehr bedauert. Weil sämtliche Anlässe aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt sind, sei er kaum noch bei den Leuten. Dabei sei das ein wichtiger Bestandteil seiner Arbeit, sich mit Behörden- und Gemeindevertretern, aber auch mit der Bevölkerung auszutauschen. «Der Kontakt zur Bevölkerung ist im letzten Jahr verloren gegangen und hat meine Arbeit erschwert», sagt der Oberaargauer Regierungsstatthalter.
Viel Frust, Verdruss und Verunsicherung
Eine andere Corona-Begleiterscheinung stört ihn ebenfalls: «Dass wir uns bei der Begrüssung nicht mehr die Hand geben, stört mich sehr. Das gehört einfach zu unserer Kultur. Dadurch hat eine persönliche Begegnung keinen Anfang und kein Ende mehr.» Überhaupt hat Corona seinen Arbeitsalltag stark verändert, wie Häusler bestätigt. Rund 50 Prozent seines aktuellen Pensums betreffe Arbeiten im Zusammenhang mit der Pandemie. Er sei mit der Beantwortung von Detailfragen zu den Corona-Massnahmen ausgelastet. Die Anfragen würden von Privaten, Firmen und Institutionen eintreffen und kämen auch via Corona-Hotline zu ihm.
Die Beantwortung dieser Anfragen sei zuweilen recht schwierig, weil die Vorschriften ständig ändern und sich die Leitplanken laufend verschieben würden. Dennoch ist Häusler der Meinung, dass die geltenden Massnahmen, im Vergleich zum Ausland, moderat seien. Er stelle denn auch fest, dass sich die Oberaargauer Bevölkerung aktuell gut an die geltenden Vorschriften halte. Das sei vor zwei, drei Monaten noch anders gewesen, da habe die Stimmung zu kippen gedroht. «Da war viel Frust, Verunsicherung und Verdruss in der Bevölkerung spürbar», sagt Marc Häusler. Auch eine gewisse Überwachungsmentalität habe sich je länger desto mehr bemerkbar gemacht.
Starke Zunahme Häuslicher Gewalt
Ein deutliches Merkmal der seit über einem Jahr anhaltenden Corona-Krise sei der Bereich häusliche Gewalt.
Diese habe massiv zugenommen, bemerkt der Regierungsstatthalter. Habe man im ersten Lockdown vor einem Jahr sogar einen leichten Rückgang festgestellt, weil sich die Leute damals zusammengerauft und zueinander geschaut hätten, so habe man bereits im Sommer 2020 einen deutlichen Anstieg festgestellt, der sich mit Beginn des zweiten Lockdowns weiter akzentuiert habe. «Da hat sich einiges entladen, das sich zuvor aufgestaut hatte. Viele Leute stiessen mental an ihre Grenzen.» Gerade in dieser Krisenzeit habe er gemerkt, wie wichtig die Regierungsstatthalterämter seien, als Anlauf- und Koordinationsstelle für die Bevölkerung und deren Anliegen, die es mit den verschiedenen kantonalen Direktionen zu klären und zu koordinieren gelte.
Wie alle anderen Bürger, so sehnt auch Marc Häusler das Ende der Corona-Krise herbei. Dass er danach fast
«arbeitslos» werden könnte, verneint er lachend und verweist auf viele Projekte, die anstehen wie die Digitalisierung der Verwaltung oder die Weiterentwicklung des elektronischen Baubewilligungsverfahrens. Aber auch zahlreiche persönliche Engagements, die er von Amtes wegen versieht, stehen weiter auf seiner Agenda wie die Mitwirkung im Planungsstab des kantonalen Führungsorgans, im Vorstand der Region Oberaargau, als Co-Präsident des Vereins Identität Oberaargau oder als Präsident des Fördervereins Jugendparlament Oberaargau. Die nächsten vier Jahre werden auch ohne Corona für den Oberaargauer Regierungsstatthalter Marc Häusler spannend, interessant und anspruchsvoll.
Von Walter Ryser