• Die Berner halten zusammen. Gemeinsam feiern sie ihren «Chrigu». Der Seeländer «Fätze» holte sich am Unspunnen-Fest verdient den Sieg. · Bilder: Keystone, Yanick Kurth

  • Matthias Aeschbacher (Rüegsauschachen, links) startete mit einem Blitzsieg über Samir Leuppi. Anschliessend folgte eine kleine Baisse, ehe er am Nachmittag drei Siege verzeichnete und so das Fest im Rang 4d unter den Topleuten beendete.

28.08.2017
Sport

Stucki «Chrigu» ist der Beste

Unspunnenfest in Interlaken – Hosenlupf in Interlaken: Alle sechs Jahre steht der traditionsreiche «Unspunnen-Schwinget» auf dem Programm. Bei der Austragung 2017 waren sechs Schwinger aus dem Verbreitungsgebiet des «Unter-Emmentalers» im Einsatz. Das Aushängeschild, Matthias «Disu» Aeschbacher, erlebte zittrige Momente, konnte gegen Schluss aber mächtig aufholen und schliesslich den starken Rang 4d belegen. Alle Regionalen konnten sechs Gänge schwingen.

Schwingen · Es war angerichtet am Sonntag: Vier Sägemehlringe, 16 000 Zuschauerinnen und Zuschauer in der Arena, Hunderttausende Zuhause an den TV-Bildschirmen und die 120 besten Schwinger der Schweiz im Sägemehl. So präsentierte sich das diesjährige Saisonhighlight in Interlaken. Auch das Wetter spielte im Berner Oberland, trotz einigen Regentropfen, mehrheitlich mit. Speziell: Am «Unspunnen-Schwinget» wurden keine Kränze abgegeben. Es zählte einzig und allein der Festsieg. Und beim Jahreshöhepunkt waren auch viele prominente Leute im Publikum. Neben Bundesrat Guy Parmelin waren beispielsweiseauch Eishockey-Star Mark Streit oder die Eiskunstlauf-Europameisterin Sarah Meier anwesend.

Seeländer «Hüne» nicht aufzuhalten
Christian Stucki war von frühmorgens an der Publikumsliebling. Tobende Zuschauerränge waren bei seinen bärenstarken Auftritten die Folge. Mit vier gewonnenen Gängen brachte sich Stucki früh in die Leaderposition. Im fünften Gang reichte ihm ein Gestellter für die Schlussgangqualifikation. Und dort kam es zu einem Berner Duell. Je länger der auf 16 Minuten angesetzte Kampf dauerte, umso spannender wurde es. Bei einem gestellten Ausgang hätte der Sörenberger Joel Wicki den Festsieg geerbt. Doch dazu kam es nicht. Stucki konnte nach 14:58 Minuten  seinen Verbandskollegen Curdin Orlik, der vor kurzem aus dem Kanton Graubünden ins Berner Oberland zog, auf den Rücken legen. Schon im vierten Gang trafen die zwei Finalisten aufeinander.  Die Arena in Interlaken bebte wortwörtlich, als die «Gmüetsmore» aus dem Seeland  seine imposanten Arme in die Luft reckte, nachdem er völlig ausgepumpt eine Weile lang im Sägemehlring lag. Mit dem Sieg Stuckis wurde ein Innerschweizer Erfolg verhindert. Letztmals war es Niklaus Gasser im Jahr 1987, der einen Berner Sieg schaffte. Und das Publikum war sich einig: Mehr verdient als «Chrigu» Stucki hat den «Unspunnen-Sieg» keiner.

Aeschbachers bitterer zweiter Gang
Das regionale Aushängeschild im Schwingsport, Matthias Aeschbacher, legte einen wahren Blitz-Start hin. Der Rüegsauschachener bodigte im Anschwingen den Winterhurer Samir Leuppi nach kurzer Zeit. «Disu» ist parat, lautete der Tenor. Doch die Erfolgswelle vom ersten Gang hielt nicht lange an. Im zweiten Gang traf der 25-Jährige auf den nächsten Zürcher Oberländer. Diesmal reichte er dem «Eidgenossen» Fabian Kindlimann die Hand. Der 111 kg schwere Emmentaler wurde vom Zürcher regelrecht überrumpelt und musste nach weniger als einer Minute eine bittere Niederlage einstecken. Drohte das gleiche Fiasko wie am «Eidgenössischen» in Estavayer-Le-Lac? Sportlich ist der Sumiswalder Athlet in Topform, das Glück bei den Einteilungen fehlt ihm aber vielfach. In Interlaken kam es nun einmal anders. Aeschbacher holte Gang um Gang auf.

Am Nachmittag auf Hochtouren
Im dritten Gang wartete Pirmin Egli. Immer wieder brachte Matthias Aeschbacher den Luzerner zu Boden. Er schaffte es aber nicht, abzuschlies-sen, obwohl er ganz klar der dominierende Schwinger war. Der Gang endete nach sieben Minuten ohne Sieger. Eine mögliche Schlussgangteilnahme war für den Rüegsauschachener somit bereits vor dem Mittagessen vom Tisch. Doch die Aufholjagd nicht. Das Aushängeschild vom Schwingklub Sumiswald siegte in den restlichen drei Gängen, darunter gegen den Appenzeller «Eidgenossen» Marcel Kuster. Während «Disu» am Vormittag noch nicht voll auf Touren war, konnte er am Nachmittag alles ausschöpfen und mächtig aufholen (Rang 4d). Damit war er der achtbeste Athlet im 120-köpfigen Teilnehmerfeld. Ein weiterer Grosserfolg. Aber halt nicht die angestrebte Sensation.  

Hartes Brot für die Regionalen
Schwinger, die nach vier Gängen weniger als 35,75 Punkte aufwiesen, schafften es nicht in den Ausstich. Die Gangdauer erhöhte sich im fünften Gang um eine Minute auf acht. Alle regionalen Athleten waren noch im Rennen. Die fünf weiteren Schwinger aus dem «UE»-Gebiet konnten zwar alle sechs Gänge absolvieren,  hatten aber dennoch zu kämpfen. Der Leimiswiler Simon Röthlisberger siegte drei Mal am «Unspunnen» (Rang 9a). In drei aufeinanderfolgenden Gängen schaffte es der Athlet vom Schwingklub Herzogenbuchsee nicht, sich durchzusetzen. Mit einem wahren «Gestellten-Festival» musste sich Röthlisberger zufrieden geben. Patrick Schenk aus Wasen lief es mit drei Triumphen eher durchzogen (Rang 10l). Er musste jedoch im Anschwingen bereits gegen den «Eidgenossen» Marcel  Mathis ran. Gegen diesen fand der Wasener kein Siegesrezept. Roman Sommer aus Wasen und Florian Weyermann aus Lotzwil rangierten punktgleich auf dem 11. Rang.

Oberaargauer mit Chancen auf Schlussgang
Der Oberaargauer Simon Mathys (Walliswil bei Wangen) hatte nach vier Gängen noch Chancen auf den Schlussgang. Im fünften Durchgang unterlag er jedoch dem starken Ostschweizer Daniel Bösch. Mathys rutschte als Ersatzmann für Damian Gehrig nach. Der Ufhuser Werner Suppiger hatte sich bereits im Vorfeld abgemeldet. Der 28-jährige Turnerschwinger fühlte sich nach einer Verletzung am Ohr nicht genügend fit für den «Unspunnen-Schwinget». Im Jahr 2023 soll die nächste Austragung des bedeutenden Schwingsportanlasses im Berner Oberland über die Bühne gehen.

Auszug aus der Rangliste: 1. Christian Stucki, Lyss, 58,75; 2. Joel Wicki, Sörenberg, 58,25; 3.a Curdin Orlik, Kandersteg, 57,25; 3.b Ruedi Roschi, Oey, 57,25; 4.a Domenic Schneider, Friltschen, 57,00; 4.b Samir Leuppi, Winterthur, 57,00; 4.c Marco Fankhauser, Hasle LU, 57,00; 4.d Matthias Aeschbacher, Rüegsauschachen, 57,00; 4.e Daniel Bösch, Zuzwil, 57,00; 6.b Matthias Sempach, Alchenstorf, 56,50; 9.a Simon Röthlisberger, Leimiswil, 55,75; 10.e Kilian Wenger, Horboden, 55,50; 10.l Patrick Schenk, Wasen, 55,50; 11.a Roman Sommer, Wasen, 55,25; 11.b Florian Weyermann, Lotzwil, 55,25; 16.a Gustav Steffen, Koppigen/SK Sumiswald, 54,00.  

Notenblätter: www.esv.ch

Von Yanick Kurth