SVP-dominierter Gemeinderat ohne Frau
Die Gemeindewahlen von Huttwil fallen auf den ersten Blick ohne Überraschungen aus: Fünf der bisherigen Amtsinhaber wurden wiedergewählt. Neu im Siebner-Gremium vertreten sind André Schärer (FDP, für Parteikollege Kurt Graf) und SP-Mann Sandro Schafroth, der auf seine Parteikollegin Sandra Lambroia folgt. Ein zweiter Blick zeigt dann doch Überraschendes: Der Gemeinderat ist wieder frauenlos und Gemeindepräsident Walter Rohrbach (BDP) erzielte das zweitschwächste Resultat im siebenköpfigen Gemeinderat. Die Stimmbeteiligung war mit 43,09 Prozent überraschenderweise rund zehn Prozent höher als vor vier Jahren.
Huttwil bleibt politisch betrachtet eine SVP-Hochburg und Huttwil bleibt bürgerlich, auch nach den Gemeindewahlen vom letzten Wochenende. Die SP hat zwar ihren Sitz der abtretenden Sandra Lambroia mit Sandro Schafroth verteidigen können, dieser sieht sich im siebenköpfigen Huttwiler Gemeinderat allerdings einer bürgerlichen Übermacht gegenüber. Die SVP verteidigte ihre drei Sitze souverän (bei einem beachtlichen Wähleranteil von 35,8 Prozent/34,2 Prozent 2016), auch die BDP und die FDP hielten ihre Sitze, genauso wie die EDU mit Alexander Grädel, der im Vorfeld da und dort als «Wackelkandidat» eingestuft wurde. Grädel erzielte mit 712 Stimmen ein überaus gutes Resultat (das viertbeste der sieben Gemeinderäte), noch mehr überrascht allerdings, dass er seinen Gemeinderats-Sitz auch ohne die Listenverbindung mit der SVP verteidigt hätte. Das Resultat freue ihn ausserordentlich, kommentierte Alexander Grädel das Wahlergebnis. «Ich deute dies als Bestätigung dafür, dass ich in den letzten vier Jahren nicht alles falsch gemacht habe», gab er lachend zu verstehen.
SVP dank Manfred Loosli
Die SVP hat mit den bisherigen Gemeinderäten Marcel Sommer (935 Stimmen, Bestresultat), Manfred Eymann (742, 3. Platz) und Adrian Lienhart (710, 5.) die drei Sitze verteidigt. «Zu verdanken haben wir dies nicht zuletzt auch Manfred Loosli, der für uns viele Stimmen holte, über die Parteigrenze hinaus», analysierte Andreas Schüpbach, SVP-Grossrat und Präsident der SVP-Sektion Huttwil. Loosli selbst, der mit 702 Stimmen lediglich acht Stimmen weniger aufwies als Adrian Lienhart und damit die Wahl nur hauchdünn verpasste, war mit dem Ergebnis unzufrieden. «Ich bin nicht enttäuscht, aber doch sehr erstaunt, denn ich werte das Resultat als Zeichen der Huttwiler, dass sie lieber alles beim Alten belassen wollen.»
Dazu zählt auch, dass Marcel Sommer zum zweiten Mal hintereinander mit dem Bestresultat wiedergewählt wurde. Das Resultat drücke für ihn das Vertrauen der Bevölkerung in seine Person aus, sagte Sommer. «Sicher ist es auch eine Anerkennung für meinen Leistungsausweis als Gemeinderat», fügte er hinzu, der im Gemeinderat dem Ressort Finanzen versteht. Den Grund für sein gutes Abschneiden sieht er aber auch darin, dass man ihn in Huttwil oft sehe, «zudem bin ich in den Vereinen sehr aktiv.»
Gemeinderat ohne Frau
Dass der Huttwiler Gemeinderat ab Neujahr ein reines Männergremium sein wird, ist einerseits überraschend und andererseits, aufgrund der Ausgangslage (nur eine Kandidatin unter 14 Männern) kein überraschendes Ergebnis. Mit 400 Stimmen erzielte Heidi Bärtschi (BDP) auf der Liste der Vereinten Mitte ein achtbares Ergebnis. «Ich bin wohl in der falschen Partei», gab sie mit Blick auf die gewählten SVP-Vertreter zu verstehen. Vermutlich hätte sie dort die grösseren Chancen gehabt, mutmasste sie. Sie habe jedoch Freude an ihrem Resultat. Sie habe ihm Vorfeld viele positive Feedbacks erhalten und Lob, dass sie sich zur Wahl zur Verfügung stellte. Sie selbst zeigte sich ratlos bei der Frage, was die Frauen davon abhält, sich als Gemeinderätin zur Verfügung zu stellen, «weil es in unserer Gemeinde durchaus Frauen gibt, die ein solches Amt ausüben könnten.»
Eine Überraschung gelang dagegen FDP-Kandidat André Schärer, der auf Anhieb gewählt wurde und dies mit stolzen 906 Stimmen und dem zweitbesten Ergebnis. Der Gewählte selbst zeigte sich nicht sonderlich überrascht und sagte: «Ich stelle fest, dass man mich in Huttwil kennt.» Er habe damit gerechnet, dass die FDP den Sitz des abtretenden Kurt Graf halten könne, weil er und Martin Sägesser, der mit 867 Stimmen nur wenig hinter Schärer lag, in Huttwil gut vernetzt seien. Noch sei es für ihn zu früh, sich über Ziele und Anliegen in der kommenden Legislatur zu äussern, gab der Unternehmer (Architekturbüro) zu verstehen, aber eines liess er dennoch durchblicken: «Der Gemeinderat muss in der Bevölkerung wieder präsenter sein, als geschlossene Einheit, als Gremium, das besser kommuniziert und die Anliegen der Bürger ernst nimmt und sich dafür einsetzt.»
Auch die SP hat den Sitz der abtretenden Sandra Lambroia halten können, obwohl sie gegenüber 2016 deutlich Wähleranteile einbüsste (16 Prozent/gegenüber 23,1 Prozent 2016). René Jaussi (608 Stimmen) und Sandro Schafroth (613) lieferten sich einen Foto-Finish, den letzterer knapp für sich entschied. Er sei ohne Erwartungen in diese Wahlen gestiegen. Das Ergebnis freue ihn und gleichzeitig bedaure er auch die knappe Wahlniederlage von René Jaussi. Auch Schafroth liess sich bei der Frage nach seinen Schwerpunkten, die er bei der Arbeit im Gemeinderat setzen möchte, kein konkrete Antwort entlocken. Der Gondiswiler Gemeindeschreiber erwähnte, dass es darauf ankomme, welches Ressort er zugeteilt erhalte. Natürlich würde ihn jenes seiner Vorgängerin (Soziales, Kultur und Freizeit) reizen, «weil ich die hervorragende Arbeit von Sandra Lambroia gerne weiterführen würde», sagte er.
Rohrbach oder Sommer?
Natürlich gibt es neben strahlenden Siegern, auch immer Verlierer oder Enttäuschte. Zu ihnen zählte am Huttwiler Wahlsonntag sicher auch Philippe Groux (glp), der auf der Liste der Vereinten Mitte lediglich 298 Stimmen eroberte und hinter Heidi Bärtschi landete. Der Anteil Stimmen entspreche dem, was er erwartet habe, bemerkte er nüchtern, vielmehr störe ihn, dass es nicht gelungen sei, eine Frau in den Gemeinderat zu bringen. Es sei ihm ein grosses Rätsel, weshalb die Frauen dieser Wahl grossmehrheitlich ferngeblieben seien.
Als wiedergewählter Gemeinderat zählte er zwar zu den Siegern, aber mit lediglich 628 Stimmen (zweitschlechtestes Resultat aller gewählter Gemeinderäte) musste der amtierende Gemeindepräsident Walter Rohrbach (BDP, Vereine Mitte) eine persönliche «Wahlniederlage» hinnehmen. Er sei sich bewusst gewesen, dass es für ihn schwierig werde, er habe mit allem gerechnet. Er spüre bereits seit einiger Zeit eine gewisse Resignation in der Bevölkerung gegenüber der Gemeindepolitik, «weil die Bürger eine gewisse Erwartung an die Entwicklung Huttwils haben, diese aber nicht in gewünschtem Ausmass stattfindet.»
Damit bleibt letztendlich noch die Frage offen nach dem künftigen Gemeindepräsident von Huttwil. Walter Rohrbach wollte am Wahltag nicht Stellung dazu nehmen, er werde sich eine erneute Kandidatur in aller Ruhe überlegen. André Schärer winkte mehr oder weniger ab und gab zu verstehen, weil die zeitliche Belastung für ihn eindeutig zu gross sei. Bleibt der «Klassenbeste», Marcel Sommer übrig: Dieser ist sich der brisanten Ausgangslage durchaus bewusst. «Das Signal der Bevölkerung ist klar, eigentlich müsste ich nach meinem erneuten Bestresultat als Gemeindepräsident kandidieren.» Ob er es tun wird, dazu hat er noch bis Mittwoch Zeit. Bis dann müssen die Parteien und ihre Gemeinderäte die Kandidaturen bekanntgeben. Bei einem Kandidaten erfolgt die Ernennung zum Gemeindepräsidenten in stiller Wahl, bei zwei oder mehreren Kandidaten kommt es am Sonntag, 29. November zu einer Urnenwahl.
Gemeindewahlen Huttwil. Gewählte Gemeinderäte: Marcel Sommer (SVP, 935 Stimmen); André Schärer (FDP, 906); Manfred Eymann (SVP, 742); Alexander Grädel (EDU, 712); Adrian Lienhart (SVP, 710); Walter Rohrbach (BDP, Vereinte Mitte, 628); Sandro Schafroth (SP, 613).
Ergebnisse. SVP: Marcel Sommer (935 Stimmen, gewählt), Manfred Eymann (742, gewählt), Adrian Lienhart (710, gewählt), Manfred Loosli (702, nicht gewählt). – FDP: André Schärer (906, gewählt), Martin Sägesser (867, nicht gewählt). – Vereinte Mitte (BDP, CVP, GLP): Walter Rohrbach (628, gewählt), Heidi Bärtschi (400, nicht gewählt), Philippe Groux (298, nicht gewählt). – EDU: Alexander Grädel (712, gewählt), Beat Berger (253, nicht gewählt), Adrian Scheidegger (234, nicht gewählt), Michael Hertig (144, nicht gewählt). – SP: Sandro Schafroth (613, gewählt), René Jaussi (608, nicht gewählt.
Stimmbeteiligung: 43,09%.
Von Walter Ryser