SVP-Grossräte proben den Aufstand
Bei der kommenden Frühlingssession des bernischen Grossen Rates profitieren die Parlamentarier vom Privileg, sich während der Mittagspause in einem Restaurant verpflegen zu können. Dagegen wehren sich die drei Oberaargauer SVP-Grossräte Andreas Schüpbach (Huttwil), Samuel Leuenberger (Bannwil) und Beat Bösiger (Niederbipp), die lediglich eine «Sandwichpause» fordern und damit die Sessionsdauer verkürzen und Geld sparen möchten.
Oberaargau · «Auch Politiker können in dieser speziellen Lage sparen», sagt der 51-jährige Oberaargauer SVP-Grossrat und Unternehmer Beat Bösiger aus Niederbipp. Im Visier hat er die kommende Frühlingssession des bernischen Grossen Rates ab dem 8. März. Zusammen mit den beiden andern Oberaargauer SVP-Grossräten Samuel Leuenberger (1962, Landwirt, Bannwil) und Andreas Schüpbach (1958, Landwirt, Huttwil) macht er sich stark für einen Ordnungsantrag der SVP-Fraktion, der die Abschaffung eines Privilegs der Grossräte während der Session zum Ziel hat. So soll die vorgesehene Kantinenverpflegung auf dem Bernexpo-Gelände für die Parlamentarier während der Sessionsdauer gestrichen und stattdessen lediglich eine «Sandwichpause» eingeführt werden.
80 000 Franken Steuergelder sparen
«Damit würde die Session verkürzt und wir könnten zusätzlich Geld sparen», betont der Huttwiler Andreas Schüpbach, der anfügt: «Eine Stunde Session kostet ungefähr 11 000 Franken. Durch die Verkürzung der Mittagspause könnten wir einen ganzen Sessions-Tag und somit rund 80 000 Franken an Steuergeldern einsparen.» Den drei Oberaargauer SVP-Grossräten geht es aber noch um mehr. Es gelte als Politiker ein Zeichen zu setzen und als Vorbilder aufzutreten, sagt Samuel Leuenberger. «Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass während einer Session ein Restaurant einfach so im Handumdrehen in einen Kantinenbetrieb umfunktioniert werden kann und damit legitimiert wird, Restauration zu betreiben», gibt Leuenberger weiter zu verstehen.
Die Drei stören sich an diesem Vorgehen besonders, weil alle Inhaber von Restaurationsbetrieben sind, die sie seit Mitte Dezember geschlossen halten müssen. Leuenberger ist Besitzer des Restaurant Rössli in Bannwil, Bösiger hat kürzlich den «Bären» in Niederbipp gekauft, aber noch keinen Tag wirten können, und Schüpbach betreibt auf seinem Hof in Huttwil ein «Burehofbeizli». «Hier hätten im Dezember diverse Anlässe stattfinden sollen, die ich alle absagen musste», weist er darauf hin, dass er auf seinem Landwirtschaftsbetrieb keine Gäste mehr bewirten darf. Schüpbach stört aber noch etwas anderes an der Verpflegung der Räte in der Kantine: «Während der Session gilt Maskenpflicht, in der Mittagspause jedoch treffen wir uns in der Restaurant-Kantine zum gemeinsamen Essen. Das ist einfach nicht konsequent und meiner Meinung nach epidemiologisch auch nicht vertretbar», fügt der Huttwiler SVP-Grossrat hinzu. Für Leuenberger wiederum hätte die «Sandwichpause» für die Räte auch einen gewissen Lerneffekt. «Auch wir Politiker sollten doch einmal erleben, wie es den Leuten draussen ergeht, die sich jeden Morgen, bevor sie zur Arbeit fahren, um die Mittagsverpflegung kümmern und diese bereitstellen müssen.» Er selber habe dies bereits in der Vorwoche während den Kommissionssitzungen gemacht und jeweils sein Mittagessen (Suppe, Salat und Wienerli) in einem Tupperware-Geschirr mitgenommen.
Wie verhält sich die Ratslinke?
Gespannt sei er, wie die Ratslinke auf diesen Antrag reagieren werde, sagt Andreas Schüpbach, weil sich die Räte aus diesem Lager stets gegen alle Sparmassnahmen, die Streichung von Sitzungsgeldern oder gegen die Aufhebung von Privilegien wehre. Beat Bösiger pflichtet ihm bei: «Wenn wir als Politiker Vorbilder sein wollen, müssen wir jetzt ein klares Zeichen setzen.» Zumindest für die drei steht fest: Sollte der Ordnungsantrag scheitern, werden sie die Kantinenverpflegung während der Session des Grossen Rates boykottieren und lediglich eine «Sandwichpause» einlegen.
Von Walter Ryser